Frauenfußball: Let’s Get Loud!

Im Vergleich zu den Herren, die ihre erste Weltmeisterschaft bereits 1930 ausspielen durften, ist das Turnier der Damen eine noch relativ junge Veranstaltung. Ihre WM-Premiere feierten sie erst 1991, dabei spielten Frauen zu diesem Zeitpunkt schon seit fast einem Jahrhundert Fußball.

Gewöhnlich gilt ja England als Mutterland des Herrenfußballs, doch auch der Frauenfußball hat dort seinen Ursprung. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hin gründeten sich dort die ersten Damen-Mannschaften. Am berühmtesten waren die von Nettie Honeyball angeführten „British Ladies“, deren Spiele damals bis zu 10.000 Zuschauer ins Stadion lockten. Dem englischen Verband passte diese Begeisterung jedoch so gar nicht, so dass es männlichen Mannschaften ab 1902 verboten war, gegen Frauenmannschaften anzutreten. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erfuhr der Frauenfußball jedoch einen regelrechten Aufschwung. Männer fehlten an allen Ecken und Enden, weshalb Frauen in gesellschaftliche Bereiche vorstoßen konnten, die vorher für sie tabu waren. Dazu gehörte neben der Erwerbstätigkeit auch der Fußball. Vor allem als Ablenkung im Arbeitsalltag beliebt, entstand eine Reihe von weiblichen Werksmannschaften. Eines dieser Teams, die „Dick Kerr’s Ladies“, galt sogar als inoffizielle Nationalmannschaft Englands.

Frauenfußball: unästhetisch, wesensfremd und unladylike

1921 war der englische Frauenfußball an seinem Höhepunkt angelangt. Fußballerinnen spielten in rund 150 reinen Frauenmannschaften und gründeten sogar die „English Ladies Football Association“. Dies konnte den überraschend schnellen Zerfall des organisierten Frauenfußballs in England allerdings auch nicht aufhalten. Essentielle Voraussetzungen wie die Erwerbstätigkeit von Frauen und die damit zusammenhängende Förderung durch Firmen sowie Spielmöglichkeiten verloren immer mehr an Bedeutung, so dass das Zuschauerinteresse und damit auch das Ansehen des Frauenfußballs sank. Noch im selben Jahr fasste der von Männern dominierte, englische Verband einen radikalen Entschluss: im Oktober 1921 wurde Frauenfußball in ganz England komplett verboten. Als Grund führte man unter anderem an, dass Fußball einfach nicht geeignet sei für Frauen. Er sei in seiner Art zu roh, Fußball spielende Frauen sähen zudem unästhetisch aus. Außerdem berge Fußball eine zu hohe Verletzungsgefahr.

In Deutschland blieb der Frauenfußballboom nach dem Ersten Weltkrieg aus. Erst im Jahr 1930 gründete sich in Frankfurt der erste „Damen-Fußball-Club“. Die Zeit des Nationalsozialismus im Deutschland der 1930er und 1940er Jahre führte jedoch dazu, dass Frauenfußball ein Schattendasein fristete. Fußball spielende Frauen passten nicht in das vorherrschende Rollenbild, welches sich auf das Bild der Frau als Mutter beschränkte. Der Triumph der deutschen Herren-Nationalmannschaft bei der WM 1954 sorgte zwar für einen kleinen Aufschwung des Frauenfußballs hierzulande, wurde aber wieder direkt durch den DFB gebremst. Diesmal war es der DFB, der ein Verbot des Frauenfußballs aussprach.

„Das Fußballspiel als Spielform ist wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. […] Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen. […] Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nicht-Treten weiblich!“ (Fred J. J. Buytendijk, Anthropologe, in einer Studie von 1953)

Fußball sei für Frauen wesensfremd, führte der DFB als Begründung für ein Verbot an. Sie seien im Gegensatz zu den Männern charakterlich nicht geeignet für das Fußballspielen. Genauso wie die Engländer argumentierte der DFB auch mit der Gesundheitsgefährdung der Frau.

Widerstand gegen den DFB

Die Fußballerinnen in Deutschland wollten sich mit einem Verbot ihrer Lieblingssportart jedoch nicht abfinden, weshalb in den 1960er Jahren trotz allem eine Reihe von Vereinen und Verbänden gegründet wurden. Dies führte zu einer Aufhebung des Frauenfußball-Verbots im Oktober 1970 durch den DFB. Zwar durften jetzt alle Vereine wieder eine Frauen-Fußballabteilung haben und den Spielbetrieb aufnehmen. Dass der DFB die Fußballerinnen aber immer noch nicht ernst nahm beziehungsweise ihnen die „rohe“ Sportart Fußball nicht zutraute, zeigen die irrwitzigen Regeln, innerhalb derer Frauen-fußballspiele ausgerichtet werden mussten: eine Halbzeit betrug nur dreißig Minuten, die Spiele durften aber sowieso nur bei guten Wetter und niemals in den Wintermonaten ausgetragen werden. Außerdem waren Jugendbälle Pflicht. Anfänglich wollte der DFB auch noch einen Brustschutz durchsetzen, scheiterte aber am Widerstand der Spielerinnen. Stattdessen mussten die Fußballerinnen auf Stollenschuhe verzichten.

Emanzipation des Frauenfußballs weltweit

Trotz des ganzen Spotts und der blöden Sprüche, der auf die Fußballerinnen einprasselte, erfreute sich Fußball unter Frauen einer großen Beliebtheit. Diese Entwicklung konnte auch der DFB nicht mehr aufhalten, so dass 1974 der erste offizielle deutsche Meister im Frauenfußball gekürt wurde. Daraufhin folgte 1980 die Einführung des DFB-Pokals und ab 1990 die Bundesliga – damals noch zweigleisig. Das erste offizielle Länderspiel der Frauen fand schließlich 1982 gegen die Schweiz statt.

In den 1980er Jahren emanzipierte sich der Frauenfußball immer mehr, auch international. Es gründeten sich weltweit nicht nur die ersten nationalen Verbände und Ligen, es wurden auch die ersten internationalen Wettbewerbe veranstaltet. Hongkong war bereits 1975 Austragungsort der ersten Asienmeisterschaften, an denen sechs Nationen teilnahmen. 16 Mannschaften waren dagegen 1984 bei der ersten Europameisterschaft der Frauen dabei, die Schweden für sich entscheiden konnte. Bis 1991 konnten alle Kontinente der Welt eigene Turniere oder Ligen vorweisen. Nur eine Weltmeisterschaft fehlte noch.

Die erste Weltmeisterschaft und die Angst vor herausfallenden Eierstöcken

Die Befürworter einer eigenen Weltmeisterschaft für die Frauen wurden immer lauter und stießen bei FIFA-Präsident Joao Havelange sogar auf offene Ohren. Die FIFA wollte jedoch kein Risiko eingehen, weshalb sie zuerst ein Einladungsturnier, einen Testlauf sozusagen, ausrichten ließ. Das Turnier 1988 in China, an dem zwölf Mannschaften teilnahmen und aus dem Norwegen als Sieger hervorging, war zur Überraschung vieler ein voller Erfolg.

Als Ausrichter des „1st FIFA World Championship for Women’s Football for the M&M Cup“ – Schuld an diesem sperrigen Namen war der Süßigkeitenhersteller und Hauptsponsor Mars Inc. – wurde abermals China ausgewählt. Doch wieso fiel die Wahl wieder auf China? Das hatte zum einen den Grund, dass China in Sachen Frauenfußball sehr ambitioniert und tonangebend in Asien war. Ausschlaggebender mag jedoch die anstehende Olympia-Bewerbung für die Sommerspiele 2000 gewesen sein. Um das IOC zu beeindrucken, versprachen die Organisatoren hohe Zuschauerzahlen und eine dementsprechende Stimmung. Mit durchschnittlich 19.000 Zuschauern pro Spiel erfüllten sie jegliche an sich selbst gestellte Erwartungen, auch wenn ein großer Teil dieser „Fans“ FabrikarbeiterInnen waren.

Am 16.11.1991 war es nun endlich soweit: in Guangzhou fand das Eröffnungsspiel zwischen Norwegen und Gastgeber China vor rund 65.000 Zuschauern statt. Gespielt wurde zweimal 40 Minuten, was nicht bei allen Spielerinnen gut ankam. So kommentierte April Heinreichs, Kapitänin der US-Mannschaft:

„Sie hatten Angst, dass unsere Eierstöcke herausfallen würden, wenn wir 90 Minuten spielen.“

Die USA wurden dann auch die ersten Weltmeister in der Geschichte des Frauenfußballs, als sie sich im Finale vor ca. 65.000 Zuschauern gegen Norwegen durchsetzten. Der große Erfolg des „M&M Cups“ war übrigens ein erheblicher Grund für die Aufnahme von Frauenfußball in das Programm der Olympischen Sommerspiele 1996 in Atlanta – 88 Jahre nach den Männern. Die Weltmeisterschaft 1995 in Schweden, diesmal auch unter dem bis heute bekannten Titel „FIFA Women’s World Cup“, fungierte folgerichtig auch als Qualifikationsturnier für das Turnier in Atlanta.

„Let’s Get Loud“ in den USA

Während die Zuschauerzahlen aus diversen Gründen bei der WM 1995 rückläufig waren, stellte das Turnier 1999 in den USA einen Wendepunkt in der Geschichte der Frauen-Fußballweltmeisterschaften dar. Die Voraussetzungen für einen vollen Erfolg stimmten von Anfang an. Der Frauenfußball in den USA war nach dem Olympia-Triumph der US-Mannschaft in Atlanta auf dem Höhepunkt. Außerdem entschied man sich, die Spiele in Stadien zu verlegen, die mit einer Kapazität von bis zu 80.000 Zuschauern überdurchschnittlich waren im Vergleich zum letzten Austragungsort Schweden. Dieses Risiko zahlte sich aus. So viele Menschen wie nie zuvor schauten sich die Spiele im Stadion – im Durchschnitt 37.000 Zuschauer – und auch im Fernsehen an. Der Titelgewinn der USA war das perfekte Ende eines Finales, welches bis heute den Rekord für die höchsten Einschaltquoten eines Frauenfußballspiels hält. Die US-Spielerinnen wurden für eine ganze Generation junger Mädchen zu Vorbildern, athletische und starke Frauenkörper waren für einen kurzen Moment nicht mehr verpönt. Verewigt wurde diese Fußballparty außerdem im dem Musikvideo zu Jennifer Lopez‘ Welthit „Let’s Get Loud“.

Nach Deutschland 2003 und 2007 sowie Japan 2011 erkämpfte sich das US-Team 2015 den WM-Titel zurück. Das Finale zwischen den USA und Japan war das meistgesehene Fußballspiel in den USA und erreichte mit einer Quote von 23 Millionen sogar mehr Zuschauer als die damaligen NBA Finals sowie der Stanley Cup. Weltweit verfolgten 750 Millionen Menschen das Turnier vor ihren Fernsehern.

Kampf für mehr Gerechtigkeit

Die immer größer werdende Beliebtheit des Frauenfußballs ermutigte viele Spielerinnen, um mehr Geld, aber vor allem um mehr Anerkennung zu kämpfen. Dies wurde schon im Vorfeld der WM 2015 deutlich, als eine Reihe von internationalen Spielerinnen die Turnierleitung heftig dafür kritisierten, anstatt eines Rasenplatzes – wie bei den Männern üblich – einen Kunstrasenplatz einzusetzen. Sie erwägten sogar einen Boykott, die FIFA erwies sich jedoch als ein zu mächtiger Gegner. Doch vor allem die US-Spielerinnen gaben nicht auf und drohten nach der WM mit einem Streik, sollten sie nicht das gleiche bezahlt bekommen wie die Männer, deren bestes Ergebnis bisher das Halbfinale bei der WM 1930 war.

Ähnliche Bestrebungen sowie Streiks von Spielerinnen gab es auch in Dänemark, die deswegen sogar ein WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden ausfallen ließen. Die EM-Finalistinnen erreichten so eine Gehaltserhöhung um 60 Prozent, sobald sie sich für ein großes Turnier qualifizierten. Der norwegische Verband ging sogar noch einen Schritt weiter. Die Nationalmannschaften der Frauen und Männern erhalten nämlich seit diesem Jahr nicht nur die gleichen Prämien, mit Lise Klaveness wurde weltweit die erste Frau zur Chefin einer männlichen Nationalmannschaft berufen. Davon sind die Argentinierinnen leider weit entfernt. Sie kämpfen derzeit noch für gleichberechtigte Trainings- und Reisebedingungen, von einer gerechten Bezahlung mal ganz abgesehen. Und Deutschland? Die deutschen Damen hätten im Fall eines Titelgewinns 2015 65.000 Euro pro Spielerin bekommen, die Männer 2018 dagegen 350.000 Euro (2014: 300.000 Euro). Für den Titelgewinn bei der EM letztes Jahr hätte der DFB sogar nur 37.500 Euro an die Frauen gezahlt. Erst ab Erreichen des Halbfinals hätten sie überhaupt nur eine Prämie bekommen.

„Kampf“ der FIFA für den Frauenfußball

Doch wie hält es die FIFA mit dem Preisgeld? Hier ein paar Fakten: Während die Herren-Nationalmannschaft Frankreichs 38 Millionen US-Dollar für ihren WM-Titel dieses Jahr bekamen, zahlte die FIFA 2015 eine Prämie in Höhe von zwei Millionen US-Dollar an die US-Damen aus. Insgesamt verteilte die FIFA bei der WM 2018 Prämien in Höhe von 400 Millionen US-Dollar an alle Teams. Das heißt, jedes Team hatte nur für die Teilnahme eine Prämie von acht Millionen US-Dollar sicher.

Nach ihrer Council-Sitzung in Ruanda Anfang November verkündete Präsident Gianni Infantino jedoch stolz, dass die FIFA im Zuge ihrer neuen Frauenfußball-Strategie das Preisgeld für die kommende Weltmeisterschaft der Frauen 2019 in Frankreich deutlich erhöht hätte. Anstatt 15 Millionen US-Dollar wie bisher werde das Preisgeld verdoppelt. Nächstes Jahr werden nun also 30 Millionen US-Dollar ausgezahlt, erstmals auch an alle 24 teilnehmenden Mannschaften. Der zukünftige Weltmeister erhält dann also vier Millionen US-Dollar. Außerdem werden nun zum ersten Mal zusätzliche 20 Millionen US-Dollar für die Teams zur Verfügung gestellt, um die Vorbereitungs- sowie Reisekosten (11,5 Mio. US-Dollar) zu decken und die Clubs für die Abstellung ihrer Spielerinnen (8,5 Mio. US-Dollar) zu kompensieren. Allein für letzteren Zweck erhalten die Clubs bei den Männern 209 Millionen US-Dollar.

Die Spielervereinigung FIFPro hatte dagegen nicht so recht Lust, in die Lobhudelei für die FIFA mit einzusteigen. Ihrer Meinung nach vergrößere sich der Lohnunterschied sogar, da die FIFA das Preisgeld für die Männer für die WM 2022 auf 440 Millionen US-Dollar erhöhe. Spielervereinigungen aus Australien, den USA, Norwegen sowie Schweden und Neuseeland übten ebenfalls heftige Kritik. Der Einsatz der FIFA für den Frauenfußball sei halbherzig und reiche bei weitem nicht aus.

Die FIFA räumt den Damen-Teams nun auch Privilegien ein, die die Herren schon seit jeher genießen durften. So bezahlt die FIFA ab der WM 2019 zwar nun auch Business Class-Flüge für die Spielerinnen und BetreuerInnen, jedoch nur, wenn die Anreisezeit mehr als vier Stunden beträgt. Bei den Herren bekommen im Vergleich alle Mannschaften sowie bis zu 50 Personen des Betreuerpersonals die Business Class gesponsert. Egal, ob sie nur eine Stunde oder eine halbe Weltreise bis zum Austragungsort brauchen. Apropos Austragungsort, die Hotelunterbringung an Spieltagen wurde ebenfalls angepasst. War es bisher so, dass die gegnerischen Frauen-Teams am Vorabend der Partie im selben Hotel übernachten mussten, sieht das ab der WM 2019 anders aus. Von nun an werden sie, wie bei den Herren üblich, in verschiedenen Hotels untergebracht. All diese Änderungen, Preisgelderhöhungen und Anpassungen sind jedoch nichts wert, wenn kaum jemand weiß, dass nächstes Jahr überhaupt eine WM ausgetragen wird.

WM 2019? Welche WM 2019?

Die Weltmeisterschaft nächstes Jahr in Frankreich findet vom 07. Juni bis 07. Juli statt, doch möchte man diese und mehr Infos auf der Homepage der FIFA in Erfahrung bringen, muss man lange suchen. Nicht nur, dass die FIFA während der Herren-WM in Russland kaum Werbung für die WM 2019 betrieben hat, selbst auf deren FIFA.com-Startseite lassen sich auf den ersten Blick kaum Hinweise auf das Turnier finden. Unter dem Reiter „FIFA Fußball-WM“ wird noch auf die Seite der Herren-WM in Russland verlinkt. Bisher ist auch noch nicht geklärt, ob der Videobeweis nächstes Jahr zum Einsatz kommt oder nicht. Die FIFA deutete schon an, dass es wahrscheinlich nicht möglich sei, die Schiedsrichterinnen rechtzeitig bis zur WM nächstes Jahr zu schulen. Dieses Argument wollen viele Spielerinnen und TrainerInnen verständlicherweise nicht gelten lassen und würden das Weglassen des VAR als weitere Diskriminierung des Frauenfußballs begreifen.

Das Finale des Copa America und des Gold Cup finden übrigens auch am 07. Juli 2019, dem Tag des WM-Finales, statt. So viel zum Thema Wertschätzung durch die FIFA.

News, News, News!

Hier die aktuellen Nachrichten aus Sport und Politik. Mit dabei diesmal die Weltmeisterschaften im Gewichtheben und Schach, die Basketballerinnen der WNBA sowie Turnen und Doping.

Schach: Magnus Carlsen vs. Fabiano Caruana

Freitag begann die Schach-Weltmeisterschaft zwischen Titelverteidiger Magnus Carlsen und dem Herausforderer Fabiano Caruana in London. Seit 1990 ist es das erste Mal, dass die Nummer 1 und 2 der Weltrangliste aufeinander treffen. Caruana könnte Carlsen im Laufe der WM sogar einholen und erstmals die Nummer 1 der Welt werden. Beide trennen nur drei Punkte. Der SPIEGEL hat beide Kontrahenten ausführlich porträtiert. 

Basketball: WNBA-Spielerinnen wollen neu verhandeln

Die Spielerinnenvereinigung der US-amerikanischen Basketballliga WNBA hat bekannt gegeben, frühzeitig aus dem nach der Saison 2019 endenden CBA (Collective Bargaining Agreement) auszutreten. Dieser CBA bestimmt darüber, zu welchen Anteilen die Spielerinnen an den Erlösen der WNBA beteiligt werden. Denn während die WNBA als die beste Frauen-Basketballliga der Welt gilt, bekommen die Spielerinnen nur rund zwanzig Prozent der WNBA-Erlöse ausgezahlt. Zum Vergleich: in der NBA sind es rund fünfzig Prozent. Die Spielerinnen hoffen, so für höhere Gehälter sowie bessere Spiel- und Reisebedingungen kämpfen zu können.

Die WNBA ist noch eine relativ junge Liga, die erste Saison wurde 1997 ausgetragen. Wie in der NBA gibt es auch hier eine Gehaltsobergrenze, die aber nicht 110.000 US-Dollar überschreiten darf. Im Durchschnitt verdienen die Spielerinnen rund 71.000 US-Dollar. Dies ist auch der Grund, weshalb viele Spielerinnen in der Off-Season in den lukrativeren europäischen und asiatischen Ligen spielen. Auch hier im Vergleich zu der NBA: das Mindestgehalt eines NBA-Spielers beträgt circa 580.000 US-Dollar. Sogar die Schiedsrichter verdienen in der NBA mehr als die bestbezahlteste Spielerin der WNBA: 150.000 US-Dollar.

Gewichtheben: WM in Ashgabat in vollem Gange

Bis gestern maßen sich in Ashgabat / Turkmenistan die besten GewichtheberInnen der Welt. Nach neun Wettkampftagen führen die Chinesen wenig überraschend den Medaillenspiegel an. Zudem fielen bisher eine Reihe von Weltrekorden, was aber damit zu erklären ist, dass der IWF im Vorfeld die Gewichtsklassen neu einteilte und alle alten Weltrekorde annullieren ließ. Für Deutschland sind elf Athleten und Athletinnen am Start. Darunter auch der amtierende Europameister Nico Müller, der in neuen Gewichtsklasse bis 81 kg den siebten Platz belegte.

Mehr als 70 GewichtheberInnen wurden im Vorfeld jedoch von den Wettkämpfen ausgeschlossen, da sie ihre Aufenthaltsorte nicht korrekt in das ADAMS-System der WADA eintrugen. Einzige Ausnahme: vier Gewichtheber aus dem Gastland, die trotz ADAMS-Verfehlungen teilnehmen dürfen. Diese Entscheidung sorgte für Unruhe innerhalb des Weltverbandes IWF, da aufgrund der großen Dopingproblematik im Gewichtheben immer noch der Olympia-Ausschluss im Raum steht.

Apropos Doping, mit Saeid Mohammadpour (Iran), Siripuch Gulnoi (Thailand) und Denis Ulanov (Kasachstan) erhielten drei Athleten und Athletinnen nachträglich ihre Medaillen der Olympischen Spiele 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro. Überreicht wurden diese in gesonderten Medaillenzeremonien. Besonders der Fall Mohammadpour macht deutlich, wie groß das Thema Doping im Gewichtheben ist. Der Iraner belegte 2012 ursprünglich den fünften Platz in der 94kg-Gewichtsklasse und rückte auf den ersten Rang vor, nachdem sechs der ersten sieben Finalisten bei Nachtests des Dopings überführt wurden. Südkoreas Kim Min-jae, eigentlich damals Achter, bekam die Silbermedaille zugesprochen, während Tomasz Zieliński, momentan ebenfalls wegen Dopings gesperrt, die Bronzemedaille erhält.

Schwimmen: Dopingsperre für Filippo Magnini

Der vierfache Weltmeister Filippo Magnini wurde wegen versuchten Dopings für vier Jahre gesperrt. Er soll versucht haben, Dopingmittel beim Sportarzt Guido Porcellini zu erwerben. Magnini streitet dies allerdings ab und wird das Urteil anfechten. Die 1.200 Euro, die er ihm nachweislich überwiesen hatte, sollen nur für Trockenpilze bestimmt gewesen sein. Bei diesem Rechtstreit geht es jedoch vor allem um Magninis guten Ruf, denn er trat bereits Ende letzten Jahres vom Leistungssport zurück. Sein Staffelkollege Michele Santucci wurde für das gleiche Vergehen ebenfalls für vier Jahre aus dem Verkehr gezogen.

Turnen: Schwerwiegende Konsequenzen für US-Turnverband

Nach einer sehr erfolgreichen WM für die US-TurnerInnen nun der Paukenschlag am Montagabend. Dem US-Turnverband droht, den Status als Dachverband zu verlieren. Das veröffentlichte das Nationale Olympische Komitee der USA (kurz: USOC) in einem öffentlichen Brief. Dieser Schritt ist quasi gleichbedeutend mit der Auflösung des Verbandes, dessen Aufgaben dann in die Verantwortung des USOC fallen würden. Das USOC zieht damit die Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal um Larry Nassar und dessen schlechte Aufarbeitung durch USA Gymnastics. Es sollte jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass auch das USOC aufgrund seiner Rolle im Nassar-Fall in scharfe Kritik geriet. Mehrere Turnerinnen geben nämlich an, die USOC-Führung schon vor Jahren vom Missbrauch durch den ehemaligen Mannschaftsarzt in Kenntnis gesetzt zu haben – ohne Erfolg.

Boxen: Bleibt Manuel Charr Weltmeister?

Eigentlich schien alles klar: Manuel Charr sollte wegen eines positiven Dopingtests der Weltmeistertitel im Schwergewicht aberkannt werden. Doch aufgrund von Verfahrensfehlern auf Seiten der VADA (Voluntary Anti-Doping Association) folgt nun wohl der Freispruch für Charr. Zwar fand man in dessen Dopingprobe vom August die Steroide Drostanolon und Epitrenbolon, Charr und seine Begleiter waren jedoch entgegen der Regularien nicht bei der Öffnung der B-Probe anwesend. Außerdem, so heißt es, war das Labor, das seine Probe kontrollierte, nicht offiziell akkreditiert.

News, News, News!

Hier die aktuellen Nachrichten aus Sport und Politik. Mit dabei diesmal die FIFA, Ringen sowie Turnen und vieles mehr.

Ringen: Der weltmeisterliche Frank Stäbler

Frank Stäbler 2012.

Noch bis Sonntag findet die Weltmeisterschaft im Ringen in Budapest statt. Gestern, am Freitagabend, schaffte der Deutsche Frank Stäbler dann Historisches: er wurde zum dritten Mal nach 2015 und 2017 Weltmeister. Und das in drei verschiedenen Gewichtsklassen. Dies ist vorher noch niemandem gelungen. Ansonsten sieht die Medaillenausbeute der deutschen Mannschaft bisher mau aus. Bis auf Frank Stäbler sind alle anderen Ringer früh ausgeschieden, darunter auch die Weltmeisterin von 2014, Aline Focken. Großes Aufsehen erregte außerdem das „Rematch oft he Century“, bei dem der Titelverteidiger in der 92kg-Klasse, Kyle Snyder aus den USA, auf den zweifachen Weltmeister und Olympiasieger Abdulrashid Sadulaev traf. Letzterer konnte seinen Weltmeistertitel zurück erobern, nachdem Snyder ihm nach einer fast dreijährigen Siegesserie letztes Jahr eine schmerzhafte Niederlage zufügte.

Fußball: die FIFA in Ruanda

Die letzten Tage fand das FIFA Council Meeting, bei dem die Mitglieder des höchsten Gremiums des Weltfußballverbands zusammenkommen, in Ruandas Hauptstadt Kigali statt. Im Mittelpunkt der Berichterstattung standen die Bemühungen von Präsident Gianni Infantino, diverse Wettbewerbe entweder zu reformieren oder sogar ganz neu einzuführen. Sollte ihm das gelingen, versprach eine Gruppe von bisher unbekannten Investoren eine Summe von rund 22 Milliarden Euro für genau diesen Zweck.

Gianni Infantino

Die UEFA ist von diesen Plänen allerdings alles andere als begeistert. Denn zum einen betrifft es die Nations League, ein Produkt der UEFA, die Infantino nun gerne weltweit alle zwei Jahre austragen möchte. Zum anderen möchte er die Klub-Weltmeisterschaft vom Winter in den Sommer verlegen und auf 24 Mannschaften aufstocken. Da die Meinungen dieses Thema betreffend aber so weit auseinander gehen, sagte man die Abstimmung darüber gestern ab. Stattdessen wurde eine Taskforce gegründet, die beim nächsten FIFA Council Meeting im März 2019 ihre Vorschläge vorstellen soll.

Des Weiteren beschloss die FIFA, die Prämien für die Frauenfußball-WM nächstes Jahr in Frankreich zu verdoppeln. Es werden nun rund insgesamt 26,3 Millionen Euro ausgezahlt, erstmals auch an alle 24 teilnehmenden Nationen. Zum Vergleich: die Herren-Nationalmannschaft Frankreichs bekam für ihren Weltmeistertitel 32,5 Millionen Euro. Dies beklagte auch die Spielervereinigung FIFPro. Es sei noch ein langer Weg zur Gleichberechtigung im Fußball.

Wieso traf sich die FIFA eigentlich in Ruanda? Infantino spekulierte hier wohl mit einer geringeren Zahl an JournalistInnen. Außerdem ist der Präsident Ruandas, Paul Kagame, ein großer Fußballfan. So wurde im Sommer dieses Jahres bekannt, dass Ruanda von nun an Trikotsponsor vom FC Arsenal ist. Die Rede soll hier von einem Betrag in Höhe von rund 34 Millionen Euro sein. Besonders brisant macht diesen Deal, dass sich Ruanda größtenteils von Entwicklungsgeldern finanziert. Ein weiterer Punkt ist, dass nächstes Jahr die Präsidentschaftswahlen anstehen und Infantino besonders auf die Stimmen der afrikanischen Verbände zählen muss.

Kunstturnen: das Comeback der Simone Biles

Simone Biles

Vor zwei Tagen begann auch die Turn-WM in der katarischen Hauptstadt Doha. Alle Augen werden da natürlich auf die US-Amerikanerin Simone Biles gerichtet sein, die ihr internationales Comeback nach fast zwei Jahren Pause gibt. Biles ist das prominenteste Opfer vom US-Teamarzt Larry Nassar, der Anfang des Jahres wegen sexuellen Missbrauchs in mehr als 300 Fällen zu mindestens 175 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Im Zuge des Missbrauchs-Skandals mussten auch mehrere hohe Offizielle des US-Sports ihren Hut nehmen. So wurde der ehemalige Geschäftsführer des US-Turnverbands letzte Woche verhaftet. Man wirft ihm Vertuschung und Verschleppung von Beweismitteln vor. Die unmittelbare Vorbereitung von Biles, die sich selbst als Überlebende bezeichnet, ist allerdings getrübt. Sie musste den Vorabend der Wettbewerbe wegen Nierensteine im Krankenhaus verbringen.

Die deutsche Mannschaft besteht aus jeweils sechs Athleten und Athletinnen, darunter Marcel Nguyen und Andreas Toba sowie Elisabeth Seitz und Kim Bui. Pauline Schäfer, Titelverteidigerin am Stufenbarren, verpasst die Wettkämpfe leider verletzungsbedingt. Eine Neuerung bringt die WM aber auch noch mit sich. Erstmals soll nämlich der Videobeweis zum Einsatz kommen. Waren bisher zwei Kampfrichter mit der Aufgabe betreut, den Schwierigkeitswert einer Übung zu ermitteln, übernimmt dies nun ein Computerprogramm.

Leider werden die Wettkämpfe nicht im deutschen Fernsehen übertragen, dafür aber auf sportschau.de und sportdeutschland.tv. Hier ist eine Übersicht.

Boxen: AIBA versinkt weiterhin im Chaos

Selbst die Drohung des Internationalen Olympischen Komitees, Boxen aus dem Programm der Spiele 2020 in Tokio zu nehmen, bringt keine Ruhe in den Box-Weltverband. Nachdem der langjährige Präsident Wu Ching-Kuo aus Taiwan wegen „Missmanagements“ lebenslang vom AIBA gesperrt wurde, steht bislang nur der Usbeke und bisherige Vize-Präsident Gafur Rachimow als Nachfolger zur Wahl. Einziges Problem: Rachimow wird von US-Behörden mit dem Handel von Heroin in seinem Heimatland in Verbindung gebracht. Er sei einer der führenden Kriminellen Usbekistans. Zwar gibt es in dem Kasachen Serik Konakbajew einen potenziellen Gegenkandidaten, dieser wurde aber aus unerfindlichen Gründen nicht fristgerecht auf die Kandidatenliste gesetzt. Dagegen geht dieser nun vorm CAS vor. Die Wahl findet am 3. November in Moskau statt.

Doping: Sperre für Johan Bruyneel

Auch in der Welt des Dopings gibt es Nachrichten. Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) sperrte Johan Bruyneel, ehemaliger Teamchef von Lance Armstrong, lebenslang, nachdem er ursprünglich für zehn Jahre gesperrt war. Daraufhin veröffentlichte er auf Twitter einen offenen Brief, in dem er Reue für seine Taten zeigt, aber gleichzeitig auch die Rechtmäßigkeit des USADA-Urteils anzweifelt.

Das CAS sperrte im Zuge dessen auch den Teamarzt Pedro Celaya Lezama lebenslang und verlängerte die Sperre von Teamtrainer Jose Martí Martí von acht auf 15 Jahre. Teamarzt Luis Garcia del Moral bekam dagegen seine lebenslange Sperre reduziert, so dass er ab jetzt wieder am Radzirkus teilnehmen kann.

Leichtathletik: Heike Drechsler rehabilitiert

Heike Drechsler

Mithilfe eines Gutachtens kann die ehemalige Weitspringerin Heike Drechsler nun widerlegen, dass sie zur DDR-Zeit im Dienste der Stasi stand. Zwar ist sie als „IM Jump“ geführt worden, sie war jedoch nur ein sogenannter „Vorlauf-IM“. So unterschrieb sie weder eine Verpflichtungserklärung noch übermittelte sie Berichte an die Stasi. Die Dopingvorwürfe, mit denen sie immer wieder konfrontiert wird, bleiben davon jedoch unberührt.

Protest bei Olympia 1968: Eine Geste für die Ewigkeit

Die Nachricht von Tommie Smiths und John Carlos‘ stillen Protest gegen Rassismus in den USA während der Olympischen Spiele 1968 in Mexiko City ging um die Welt und stellte alles Sportliche in den Schatten. Noch 50 Jahre später ist dieser Moment unvergessen. Und dient einer aktuellen Generation von Athleten sowie Athletinnen in den USA als Vorbild.

Das Jahr 1968 war eine Zeit geprägt von Aufbruch und Protesten: Jugendbewegungen weltweit kämpften gegen das Establishment, die Niederschlagung des „Prager Frühling“ erschütterte die Tschechoslowakei und die Ermordung Martin Luther Kings sowie Robert Kennedys versetzte die Bürgerrechtsbewegung der USA in eine Schockstarre. Das IOC zeigte sich jedoch unbeeindruckt von all diesen Entwicklungen. Ganz nach dem Motto „Sport ist Sport, Politik ist Politik“ fand zehn Tage nach dem „Massaker von Tlatelolco“, bei dem bis zu 300 friedlich protestierende Studentinnen und Studenten durch das mexikanische Militär ermordet wurden, die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Mexiko City statt.

Vier Tage nach der Eröffnungsfeier, am 16. Oktober 1968, krönte sich Tommie Smith zum Olympiasieger über die 200m-Sprintstrecke, sein Teamkollege John Carlos gewann Bronze. Die Silbermedaille ging an den Australier Peter Norman. Während die Nationalhymne der USA bei der anschließenden Siegerehrung lief, reckten beide US-Läufer ihre mit einem schwarzen Handschuh bekleidete Faust in die Luft und senkten ihren Kopf.

In einem Fernsehinterview direkt nach der Siegerehrung erklärte Tommie Smith die symbolische Bedeutung ihres Protests: die rechte Faust Smiths stand für die Stärke der schwarzen Bewegung in den USA, die linke Faust Carlos‘ für deren Einheit. Der schwarze Schal, den Smith trug, symbolisierte seinen Stolz, wogegen die Socken ein Bild für die Armut der schwarzen Bevölkerung in den USA war. Besonders die Nutzung der Black Power-Symbole erregte die Gemüter der weißen Bevölkerung in den USA. Auch wenn Smith und Carlos mit dieser Bewegung sympathisierten, hatte die Nutzung ihrer Symbole doch eher opportunistische Gründe.

Denn was bis heute kaum einer weiß: die Geste in dieser Form war so gar nicht geplant. Allein der Vergesslichkeit von Carlos, der sein Paar Handschuhe im Olympischen Dorf liegen ließ, war es geschuldet, dass beide Sportler nur je eine Faust in den Himmel reckten. Es war Peter Normans rettende Idee, sich ein paar Handschuhe zu teilen. Und wer genau hinschaut, erkennt auch die Anstecknadeln des Olympic Project for Human Rights (OPHR) an den Jacken von Smith, Carlos und sogar Norman, der sich mit den beiden US-Sportlern solidarisch zeigte. Doch was war überhaupt das OPHR und in welchem Zusammenhang stand es zum Protest von Smith und Carlos?

Protest: ja. Aber wie?

Afro-amerikanische Athleten und Athletinnen hatten zu dieser Zeit die Wahl. Entweder schlossen sie sich irgendeiner Art von Protestbewegung an, sei es der Bürgerrechts- oder der Black Power-Bewegung, und riskierten ihre sportliche Karriere oder sie blieben stumm und provozierten damit negative Reaktionen politisch aktiver Sportler. Besonders an den Universitäten und Colleges fanden viele Proteste sowie Aktionen statt. Diese äußerten sich zum Beispiel in Form von Sit-ins oder Boykotts von nationalen Wettbewerben.

So auch an der San Jose State University, deren Studenten John Carlos und Tommie Smith waren. Gemeinsam mit dem Sportsoziologen Dr. Harry Edwards gründeten sie 1967 das OPHR, welches ursprünglich den Boykott der Olympischen Spiele in Mexiko City zum Ziel hatte. Außerdem forderten sie unter anderem die Rehabilitation Muhammad Alis und die Absetzung des umstrittenden IOC-Präsidenten Avery Brundage. Der ehemalige NOK-Chef der USA war in den 1930er Jahren berüchtigt für seine Begeisterung für die Nationalsozialisten und Adolf Hitler, woraus er aber auch keinen sonderlich großen Hehl machte.

Möglicher Boykott der Spiele

Obwohl das OPHR und dessen Boykott-Vorhaben so prominente Befürworter wie den Tennisspieler Arthur Ashe, den Baseballer Jackie Robinson und vor allem Martin Luther King hatte, konnte sich ein Boykott der Spiele unter den afro-amerikanischen Athleten und Athletinnen nicht durchsetzen. Viele sahen einfach keinen Sinn in so einer radikalen Aktion. Außerdem wollten sie nicht um deren Belohnung für all die harte Arbeit gebracht werden.

Die Aufmerksamkeit des IOC-Präsidenten Avery Brundage war ihnen nun jedoch sicher. Dieser war ob des Boykottaufrufs, aber auch wegen der Forderung des OPHR nach dessen Absetzung, hochgradig alarmiert. Brundage unternahm deshalb jeden Versuch, die Querulanten zum Schweigen zu bringen. So schickte er zum Beispiel während der Spiele den Olympiahelden von 1936, Jesse Owens, zu den Athleten, um ihnen mögliche Protestaktionen auszureden. Natürlich ohne Erfolg. Smith und Carlos entschieden sich gegen das Schweigen und für einen Protest – aller Drohgebaren Brundages zum Trotz.

(Un-)Erwartete Unterstützung

In den Tagen nach dem 16. Oktober 1968 erhielten Smith und Carlos Unterstützung von einem Großteil der US-amerikanischen Olympiamannschaft. Lee Evans, einer der Anführer des OPHR, musste von Smith und Carlos nach deren Olympia-Ausschluss überredet werden, an seinem Rennen über die 400 Meter teilzunehmen. Bei der Siegerehrung, an der er als Olympiasieger teilnahm, trug er sodann eine schwarze Baskenmütze – wohlwissend, dass diese ein Symbol der Black Panther Party war. Das Wetter sei schuld, antwortete er auf Nachfrage von Journalisten.

Unerwarteter Beistand kam dagegen aus dem Lager der Ruderer. Die Herren-Rudermannschaft der USA, deren Mitglieder allesamt weiß waren und in Harvard zur Universität gingen, veröffentlichte ein Statement zur Unterstützung Smiths und Carlos‘. Die afro-amerikanischen Leichtathletinnen um Wyomia Tyus widmeten ihre Medaillen ebenfalls John Carlos und Tommie Smith. Gleichzeitig äußerten sie ihren Missmut über die Tatsache, dass sie nicht in den Protest des OPHR einbezogen worden waren. Die männlich geprägte Boykott- und letztendlich auch die Bürgerrechtsbewegung schloss schwarze Frauen bzw. Athletinnen größtenteils aus.

Während ein Großteil der weißen US-Bevölkerung der Meinung war, dass Smith und Carlos die Olympischen Spiele für ihre Zwecke missbrauchen und die Nationalhymne entweihen würden, fühlten sich Studenten und Studentinnen an den vielen Universitäten der USA inspiriert, selbst Demonstrationen zu veranstalten oder bei Sportveranstaltungen die Geste von Smith und Carlos zu imitieren.

Nichts mehr so wie früher

Dennoch war für Tommie Smith, John Carlos und deren Familien nichts mehr wie es einmal war. Sie wurden auf Drängen von Avery Brundage von den Olympischen Spielen ausgeschlossen, durften aber trotz alledem ihre gewonnenen Medaillen behalten. Wieder zuhause angekommen, erhielten Smith und Carlos Morddrohungen, wurden von der Presse verunglimpft und hatten Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Smith beendete seine Leichtathletik-Karriere noch im selben Jahr, John Carlos hörte 1970 auf. Peter Norman, der in den Protest eingeweiht war, war bei seiner Rückkehr nach Australien ebenfalls heftiger Kritik ausgesetzt. 2012, sechs Jahre nach seinem Tod, bat das australische Parlament öffentlich um Entschuldigung für die ungerechte Behandlung sowie fehlende Anerkennung Normans.

Nach Jahren der Ablehnung und Demütigungen wandelte sich die Meinung der breiten Öffentlichkeit ins Positive. 2005 errichtete die San Jose State University schließlich eine Statue zu Ehren von Smith, Carlos und Norman. Auf Wunsch von Peter Norman blieb sein Platz auf dem Podest jedoch leer. So kann jeder Besucher, wenn der denn möchte, seine Solidarität zu Smith und Carlos sowie zur Bürgerrechtsbewegung ausdrücken. Denn das Thema Rassismus ist in den USA (und hierzulande) leider so aktuell wie eh und je.

Mehr Informationen:

John Carlos mit Dave Zirin: The John Carlos Story: The Sports Moment That Changed the World (2011: Haymarket Books)

Tommie Smith mit David Steele: Silent Gesture: The Autobiography of Tommie Smith (2008: Temple University Press)

Matt Norman: Salute (DVD, 2008)

 

Powell vs. Lewis: Ein Sprung für die Ewigkeit?

Heute vor 27 Jahren sprang Mike Powell bei der WM in Tokio 8,95m und stellte damit einen neuen Weltrekord im Weitsprung auf.

Dass nun aber ausgerechnet Mike Powell und nicht wie erwartet der damalige Leichtathletik-Superstar Carl Lewis die bisherige Bestmarke von Bob Beamon aus dem Jahr 1968 übertreffen würde, war eine Sensation. Deren angespanntes Verhältnis gepaart mit der außergewöhnlichen sportlichen Leistung an diesem Abend – immerhin gelang Carl Lewis mit vier Sprüngen über 8,80m die beste Serie seiner Karriere – macht dieses WM-Finale bis heute zum besten Weitsprung-Wettkampf aller Zeiten.

Bis auf Powells Auftaktweite landete jeder gültig gegebene Sprung der Beiden jenseits der 8-Meter-Marke. Im vierten Versuch sah Carl Lewis mit einem Sprung auf 8,91m sogar wie der neue Weltrekordler und sichere Sieger aus. Doch der nicht zulässige Wind sowie Mike Powells Riesenweite von 8,95m im fünften Versuch machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Nach 15 Niederlagen gegen Lewis in Folge krönte sich Powell so zum Weltmeister und neuen Weltrekordler. Selbst der Siebtplatzierte Giovanni Evangelisti aus Italien blieb mit 8,01m über der magischen 8-Meter-Marke.

Zwar konnte Mike Powell seinen WM-Titel 1993 verteidigen, ein Olympiasieg blieb ihm jedoch verwehrt. Jeweils 1988, 1992 und 1996 zog er den Kürzeren gegen Carl Lewis, der mit vier Weitsprung-Siegen bei Olympischen Spielen in die Geschichte einging. Der Versuch, sich im Alter von 40 Jahren für die Spiele 2004 in Athen zu qualifizieren, scheiterte daraufhin. Der einzige Weitspringer, der Powells Marke seitdem übertreffen konnte, war Ivan Pedroso. Der Kubaner sprang bei einem Meeting in Sestriere 8,96m – wegen Unregelmäßigkeiten bei der Windmessung wurde diese Weite jedoch nicht offiziell anerkannt.

 

Doping im Fußball: Fehlanzeige? Von wegen!

Doping im Fußball gibt es nicht, hat es auch nie gegeben. So will es der Fußball der breiten Masse zumindest verkaufen. Doping würde bei so einer auf Technik und Taktik ausgelegten Sportart ja auch überhaupt nichts bringen. Nur ein kleiner Blick in die Geschichte sowie auf verschiedene Studien und Statistiken lässt jedoch erahnen, wie weltfremd solche Aussagen sind. Wo Ausdauer, Kraft und Konzentration gefragt sind, ist Doping immer ein Thema. Deshalb anbei eine kleine Dopinggeschichte des Fußballs.

Gedopt zum WM-Titel?

Bundestrainer Sepp Herberger: Quelle: Wim van Rossem; Lizenz: CC0 1.0

Die „Helden von Bern“ schrieben mit ihrem Triumph bei der Weltmeisterschaft 1954 Geschichte, doch die Geschehnisse in der Halbzeitpause des WM-Finales werden wohl ewig ein Mysterium bleiben. Zu hartnäckig halten sich die Gerüchte über Doping beim Weltmeister, die bereits kurz nach dem Finale von Ferenc Puskás, damaliger Kapitän des deutschen Finalgegners Ungarn, angefeuert wurden. Dieser wunderte sich nämlich über die große Leistungssteigerung der deutschen Elf in der zweiten Halbzeit. Offiziell heißt es bis heute, dass den Spielern in der Halbzeitpause Vitamin C-Spritzen von Teamarzt Dr. Franz Loogen verabreicht wurden. Doch schon damals verdächtigte man die Deutschen, Amphetamine in Form von Pervitin gespritzt bekommen zu haben. Unüblich war dies zu jener Zeit zumindest nicht.

Dennoch steht fest: egal ob Vitamine oder Pervitin, die gesundheitlichen Folgen dieser medizinischen Behandlung waren, gelinde gesagt, unglücklich. Da es nicht genug Spritzen für alle gab, mussten sich die Spieler eine oder mehrere teilen und steckten sich auf diese Weise gegenseitig mit Hepatitis C an. Mindestens acht Spieler des deutschen Kaders mussten sich im November 1954 in Behandlung begeben. Drei Spieler, Richard Franz Herrmann (1962, 39 Jahre alt) sowie Karl Mai (1993, 64 Jahre alt) und Werner Liebrich (1995, 68 Jahre alt), starben frühzeitig an den Folgen der Hepatitis oder zumindest aufgrund von Leberleiden. Die Ungarn sollen sich übrigens auch während des WM-Finales mit Vitamin C aufgeputscht haben – allerdings in Tablettenform.

Auch bei der WM 1966, als Deutschland Vize-Weltmeister wurde, soll es Auffälligkeiten bei der deutschen Mannschaft gegeben haben. So belegen neu entdeckte Dokumente 2011, dass mindestens drei Spieler – die Namen sind allerdings nicht bekannt – mit Ephedrin gedopt gewesen sein sollen. Die FIFA, die 1965 erstmals Urinproben bei Weltmeisterschaften zustimmte, hielt diese brisanten Ergebnisse damals unter Verschluss.

Spritzen in den Hintern

Jean-Jacques Eydelie; Quelle: Christophe95; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Der Champions League-Titel von Olympique Marseille 1993 soll auch nicht mit sauberen Mitteln erkämpft worden sein. Dies berichtet zumindest der ehemalige Spieler Jean-Jacques Eydelie 2006 in seiner Autobiographie. Darin erzählt er, wie sich die Spieler unmittelbar vor dem Finale in der Kabine in eine Reihe aufstellen mussten, um sich Injektionen ins Gesäß setzen zu lassen. Was in den Spritzen war, weiß er allerdings bis heute nicht. Dass der damalige Vereinspräsident Bernard Tapie durchaus von diesen Vorgängen wusste, sogar die treibende Kraft dahinter war, davon spricht Eydelies Mannschaftskollege Marcel Desailly in seiner Autobiographie. So soll Tapie, der die Vorwürfe natürlich abstreitet, seinen Spielern die Arzneimittel persönlich in der Kabine vor Spielen in die Hand gedrückt haben. Eydelie nennt übrigens einen Spieler, der sich damals den Injektionen verweigert haben soll: Rudi Völler.

Die Schnupfnase des Diego Maradona

Diego Maradona; Quelle: El Gráfico; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Ernst Jean-Joseph aus Haiti und Diego Maradona sind bis heute die einzigen Spieler, die während einer Fußball-Weltmeisterschaft des Dopings überführt wurden. Beiden wurde die Stimulanz Ephedrin zum Verhängnis: Jean-Joseph bei der WM 1974 in Deutschland, Maradona 20 Jahre später in den USA. Maradonas Drogenmissbrauch war jedoch schon vorher ein Thema in der Klatschpresse. Spätestens seit seiner Zeit in Italien, als ein positiver Test auf Kokain 1991 dazu führte, dass der SSC Neapel seinen Vertrag auflöste, war sein Drogenkonsum ein offenes Geheimnis. Im weiteren Verlauf seines Lebens hatte Maradona immer wieder mit Drogen- und Gesundheitsproblemen zu kämpfen. Derzeit ist er Trainer des Al-Fujairah SC in der zweiten Liga der Vereinigten Arabischen Emirate.

Italiens Doping-Fluch

Welche verheerenden Spätfolgen Doping und Medikamentenmissbrauch haben kann, zeigt das Beispiel Italien, wo eine Reihe von Todesfällen und Krankheiten ehemalige Fußballer aufschreckt und sogar das Interesse der Staatsanwaltschaft weckte. Deren Untersuchung ergab schockierende Zahlen: Die heimtückische Nervenkrankheit ALS, Bauchspeichel-, Darm- und Leberkrebs kommen im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt bei italienischen Fußballern mindestens doppelt so oft vor. Insgesamt identifizierte die italienische Staatsanwaltschaft 70 verdächtige Todesfälle. Besonders betroffen sind ehemalige Spieler des AC Florenz, weshalb man schon vom „Fluch der Fiorentina“ spricht. Viele Spieler der 1960er und 1970er Jahre berichten von Amphetaminen und unbekannten Medikamenten, die ihnen unter anderem heimlich im Morgenkaffee verabreicht wurden.

Juves Doping-Apotheke

Alessandro del Piero; Quelle: sconosciuto; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Juventus Turin war die bestimmende Mannschaft der 1990er Jahre – national wie international – doch lag dies anscheinend nicht allein an dem fußballerischen Können seiner Spieler. Wie ein italienisches Gericht Anfang der 2000er feststellte, war Juventus‘ Apotheke so gut bestückt, dass sie „zur Versorgung einer mittleren Stadt ausgereicht hätte“. Des Weiteren ergaben Ermittlungen, dass beim mittlerweile 33-fachen italienischen Meister in den Jahren 1994 bis 1998 systematisches Doping betrieben wurde. Unter anderem mit EPO, worauf die Blutwerte einiger Top-Stars wie Zinedine Zidane, Alessandro del Piero oder Didier Deschamps, heutiger Nationaltrainer Frankreichs, hinwiesen. Trotz aller Beweise wurden die Verantwortlichen Turins freigesprochen und der Club durfte alle errungenen Titel behalten.

Die „Nandrolon-Epidemie“

Pep Guardiola; Quelle: Thomas Rodenbücher; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Anfang der 2000er Jahre gab es eine Reihe positiver Tests von Fußballern auf das Steroid Nandrolon. Betroffen davon waren u.a. die niederländischen Nationalspieler Frank de Boer, Edgar Davids und Jaap Stam, der franzözische Nationalspieler Christophe Dugarry, Portugals Nationalspieler Fernando Couto sowie Thomas Ziemer und der heutige Trainer-Guru Pep Guardiola. Alle sind entweder nur mit einer geringen Sperre oder einem Freispruch wegen Formfehler davongekommen. Fun Fact zu Thomas Ziemer: ihm wurde der bis dahin höchste jemals bei einem Menschen gemessene Wert für ein Anabolikum nachgewiesen.

Fuentes‘ exklusive Kunden

Xabi Alonso; Quelle: Football.ua; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Der Fuentes-Skandal erschütterte 2006 die gesamte Radsportwelt und beendete de facto Jan Ullrichs Karriere. Dass aber auch Fußballer, teilweise sogar ganze Fußballmannschaften, Kunden von Eufemiano Fuentes waren, ist kaum bekannt. Wie auch? Die spanische Justiz setzte alles daran, brisante Akten, die insbesondere den Fußball in ein schlechtes Licht rückten, unter Verschluss zu halten. Todesdrohungen gegen Fuentes selbst, sollte er über den Fußball auspacken wollen, taten ihr Übriges. Durchgesickert sind dennoch ein paar Details. So belieferte Fuentes den spanischen Verein Real Sociedad Sebastian von 1999 bis 2005 mit Dopingmitteln. Xabi Alonso, der dort bis 2004 spielte, erklärte jedoch, dass er niemals etwas von Doping mitbekommen habe. Die französische Zeitung Le Monde brachte außerdem den FC Barcelona, Real Madrid sowie FC Valencia und Betis Sevilla mit dem spanischen Doping-Guru in Verbindung.

Doping im deutschen Fußball

Günter Schlipper, Frank Mill, Peter Geyer, Johnny Rep – alle gaben Doping mit Amphetaminen oder Captagon während ihrer Karriere zu. Toni Schumacher beschrieb das Doping seiner Kollegen in seiner Autobiographie „Anpfiff“ von 1987 und musste mit den harten Konsequenzen leben. Paul Breitner und Dietmar Schatzschneider berichteten ebenfalls von Doping im Fußball, ohne sich allerdings selbst zu belasten. Dies sind nur einige Beispiele für die nicht unwesentliche Rolle des Dopings im deutschen Fußball. Des Weiteren fanden Sporthistoriker heraus, dass zumindest der VfB Stuttgart und SC Freiburg Ende der 1970er und Anfang 1980er Jahre regelmäßig mit Anabolika beliefert wurden. Lieferant war das Universitätsklinikum Freiburg, welches bis in die 2000er hinein das Doping-Epizentrum (West-) Deutschlands darstellte.

DDR: Doping auch für Fußballer

Das Staatsdopingsystem der DDR machte auch vor den Fußballern keinen Halt. Stasi-Akten belegen, dass ganze Mannschaften teilweise unwissentlich gedopt wurden. So bekamen die Spieler des DDR-Serienmeisters BFC Dynamo Amphetamine mit dem Ziel verabreicht, deren Aggressivität und Schnelligkeit zu steigern. Besonders vor wichtigen Spielen wie dem Europacup griff man zu dieser Maßnahme. Das Doping beschränkte sich jedoch nicht nur auf Amphetamine, sondern beinhaltete auch Steroide wie das Hausprodukt der DDR, Oral Turinabol. Der Dopingopfer-Hilfeverein, welcher sich seit Jahren um die Opfer des DDR-Staatsdopings kümmert, veröffentlichte erst dieses Jahr einen Schadensbericht, der eine Vielzahl schwerer Folgeschäden wie Depressionen, Krebs- und Lebererkrankungen beinhaltet. Betroffen seien Fußballer verschiedener Vereine, darunter des FC Carl Zeiss Jena oder Stahl Riesa.

Doping-News der Woche (KW 20)

Russland: Rusada, Fußball, weitere Dopingsperren und Wettkampfausschluss

Yelena Slesarenko | Quelle: Bjarte Hetland; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Nachuntersuchungen diverser Doping-Proben haben zur Sperre von vier russischen Leichtathletinnen geführt. Darunter ist auch Yelena Slesarenko, Olympiasiegerin im Hochsprung von 2004, der man die Einnahme von Oral Turinabol (Steroide) bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking sowie bei der Weltmeisterschaft 2011 in Daegu nachwies. Dafür sperrte sie der russische Leichtathletik-verband für vier Jahre bis Oktober 2020. Betroffen sind außerdem Yekaterina Volkova (Hindernis), Ksenia Agafonova und Elizabeth Grechishnikova (beide Langstrecke), die ebenfalls positiv auf Oral Turinabol getestet und deshalb für zwei Jahre von jeglichen Wettkämpfen ausgeschlossen wurden.

Der Internationale Leichtathletik-Weltverband (IAAF) hat fünf russischen Gehern den Status als neutrale Athleten aberkannt: Klavdiya Afanasyeva, Olga Eliseeva, Yuliya Lipanova, Sergey Sharypov und Sergey Shirobokov, Silbermedaillengewinner der Weltmeisterschaft letztes Jahr in London über 20km, dürfen vorerst an keinen internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Grund hierfür sind Aufnahmen, die die Athleten beim Training mit Viktor Chegin zeigen. Dieser bekam nämlich ein lebens-langes Trainingsverbot auferlegt, nachdem eine große Anzahl seiner Schützlinge wegen Dopings aufgefallen waren.

Die russische Anti-Doping-Agentur (Rusada) bleibt weiterhin suspendiert. Das gab die WADA nach einer Sitzung ihres Exekutivkomitees bekannt. Damit die Sperre auf-gehoben wird, müsste die Rusada den McLaren-Bericht anerkennen und Zugang zu beschlagnahmten Dopingproben gewährleisten. Bisher weigert sich Russland allerdings konsequent. Außerdem droht der AIBA, dem Weltverband des Olympischen Boxsports, die Aberkennung der WADA-Konformität, d.h. die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio ist gefährdet. Die AIBA vergab letztes Jahr die Weltmeisterschaft 2019 nach Russland, obwohl internationale Verbände von der WADA angehalten wurden, dies zu unterlassen.

Es gibt des Weiteren neue Entwicklungen, was das Doping im russischen Fußball und den aktuellen WM-Kader des Gastgebers angeht. Hierzu ein Beitrag, der in der ARD Sportschau lief: hier.

Fußball: Dopingsperren für Paolo Guerrero & Joao Pedro

Paolo Guerrero | Quelle: Juan Diego Ugaz Ureta; Lizenz: CC0 1.0

Paolo Guerrero wird die Weltmeisterschaft in Russland wegen einer Dopingsperre verpassen. Der Kapitän der peruanischen Nationalmannschaft wurde im Oktober 2017 nach einem WM-Qualifikationsspiel gegen Argentinien positiv auf ein Abbauprodukt von Kokain getestet. Nachdem die FIFA seine Sperre von einem Jahr auf sechs Monate reduzierte, verlängerte der Internationale Sportgerichtshof CAS die Sperre nun auf 14 Monate. Guerrero macht einen Tee für den positiven Test verantwortlich, in dem Spuren von Kokain enthalten gewesen sein sollen. Der CAS begründete die Länge der Sperre jedoch damit, dass jeder Sportler selbst dafür verantwortlich sei, was er seinem Körper zuführe. Eine Dopingsperre von sechs Monaten muss hingegen Joao Pedro vom italienischen Erstligisten Cagliari Calcio absitzen – dem Brasilianer wurde die Einnahme des Diuretikums Hydrochlorothiazid nachgewiesen.

Gewichtheben: IWF veröffentlicht zahlreiche Doping-Vergehen

Der Internationale Gewichtheber-Verband hat diesen Monat einige Dopingvergehen veröffentlicht, darunter sind drei Athleten aus Malaysia. Ronny Bin Jesos, Muhamad Zaidi Bin Mohd Nordin sowie Muhamad Hakimie Haikal Bin Nordin wurden alle positiv auf das Steroid Stanozolol getestet. Somit droht Malaysia eine zweijährige internationale Wettkampfsperre. Fazal Karim Turkman aus Afghanistan und Asomuddin Sangov aus Tadschikistan wurden die Einnahme der Stimulanz Methylhexanamin nachgewiesen. Die Probe von Sunatullo Oyev, ebenfalls aus Tadschikistan, enthielt Spuren von Methylhexanamin und Furosemid (Diuretikum).

Reitsport: Lebenslange Dopingsperre für Australiens Top-Trainer

Dopingermittlungen haben zu etlichen Sperren im australischen Galoppsport geführt. So wurde unter anderem Robert Smerdon, einer der bekanntesten Trainer in dieser Disziplin, lebenslang gesperrt. Gegen sieben weitere Trainer sowie Funktionäre wurden ebenfalls Sperren in einer Höhe von bis zu vier Jahren ausgesprochen. Von 2010 bis 2017, so der Vorwurf, sollen im Reitstall Aquanita Racing Pferde mit leistungs-steigernden Medikamenten behandelt worden sein.

Leichtathletik: Spaniens Europameister wegen Doping-Handels gesperrt

Ilias Fifa, Europameister 2016 über 5.000m, wurde zusammen mit vier weiteren Leichtathleten (Ayoub Mokhtar, Idriss Lahouifi, El Mahdi Lahouifi und Mostafa Benslimane) wegen des Handels mit Dopingmitteln für jeweils vier Jahre gesperrt. Bereits im Oktober 2017 wurden die Sportler im Rahmen der Operation Chamberi verhaftet und befragt. Die Behörden in Spanien sehen es als bewiesen an, dass sie einem illegal handelnden Doping-Ring angehören. Der Langstreckenläufer Mostafa Benslimane soll der Kopf des Unternehmens gewesen sein.

Tennis: Freispruch für Alizé Cornet

Die französische Tennisspielerin Alizé Cornet ist knapp einer Dopingsperre entgangen. Der Internationale Tennisverband (ITF) sprach sie trotz drei verpasster Dopingkontrollen frei. Cornet sei am dritten verpassten Test nicht Schuld gewesen, da die Türsprechanlage ihrer Wohnung in Cannes defekt gewesen sei. Die Kontrolleurin hätte nicht alles in ihrer Macht stehende getan, um Alizé Cornet anzutreffen und zu kontrollieren.

 

Doping-News der Woche (KW 15)

Biathlon: Russischer Doping-Skandal weitet sich aus

Am Mittwochabend (11.04.) erwischte der Skandal um das russische Staatsdoping den Biathlon-Weltverband (IBU) mit voller Wucht. Ermittlungen der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Österreichs (WKStA) ergaben, dass führende Funktionäre der IBU, darunter der langjährige Präsident Anders Besserberg sowie die deutsche Generalsekretärin Nicole Resch, Bestechungsgelder von russischer Seite angenommen haben sollen. Die Rede ist von 65 vertuschten positiven Dopingproben in einem Zeitraum von 2012 bis 2017 sowie von ungefähr 35.000 Euro erschlichenes Preisgeld bei der Biathlon-WM 2017 in Hochfilzen. Anders Besseberg und Nicole Resch lassen bereits ihr Amt ruhen bzw. wurden suspendiert.

https://twitter.com/jellingworth/status/984367824410996736

Gewichtheben: IWF spricht Sperren wegen Doping aus und entzieht Startplätze für diverse Nationen

Der IWF veröffentlichte neue Anti-Doping-Regularien, die die Startplätze für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio neu regeln. So bekommen Nationen, die mehr als 20 Dopingfälle seit Juli 2008 vorweisen, nur einen Startplatz für je einen männlichen und einen weiblichen Teilnehmer zugeteilt. Dies betrifft zum Beispiel Nationen wie Russland, Kasachstan, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland. Nationen mit zehn bis 20 Dopingfällen seit Juli 2008 dürfen je zwei männliche und weibliche Teilnehmer zu den Spielen schicken. Davon betroffen sind der Iran und Indien. Außerdem sprach der IWF zwei Sperren wegen Dopings aus: der Aserbaidschaner Iuri Dudoglo wurde wegen der Einnahme des Steroids Dehydrocholomethyltestosteron (Oral Turinabol) für acht Jahre gesperrt, nachdem er bereits 2013 für zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen wurde. Ebenfalls ein Wiederholungstäter ist Alexandr Spac (Moldau), der wie Dudoglo bis Mai 2025 an keinerlei Wettkämpfen teilnehmen darf. Auch er wurde positiv auf Oral Turinabol getestet.

Leichtathletik: Krisztian Pars wegen Doping bis 2019 gesperrt

Quelle: Nyugat.hu; Lizenz: CC BY-SA 4.0

Der Hammerwurf-Olympiasieger von 2012, Krisztian Pars, ist bis Juli 2019 gesperrt worden. Um welche Substanz es sich dabei handelt, ist jedoch nicht bekannt. Sie soll aber keine leistungssteigernde Wirkung gehabt haben. Die Dopingprobe wurde demnach laut ungarischen Leichtathletikverband im Januar 2018 genommen. Krisztian Pars ist zweimaliger Europameister (2012 und 2014) und gewann bei Weltmeisterschaften zweimal Silber (2011 und 2013).

Radsport: Positive Dopingprobe bei Remy di Gregorio

Der französische Radrennfahrer Remy di Gregorio gab während der diesjährigen Etappenfahrt Paris-Nizza eine positive Dopingprobe ab, die das EPO-Präparat Darbepoetin enthielt, und ist nun vorläufig gesperrt. Di Gregorio wurde bereits während der Tour de France 2012 des Dopings verdächtigt, als er verhaftet und von dem Rennen ausgeschlossen wurde. Allerdings sprach ihn ein französisches Gericht 2013 frei, da die bei ihm gefundenen Substanzen sich als harmlose Vitamine herausstellten. Sein damaliges Team Cofidis rechtfertigte seine damalige Entlassung jedoch mit deren Teamregeln, die es nicht erlaubten, mit externen Medizinern zusammen zu arbeiten, was di Gregorio wohl tat.

Commonwealth Games: Zwei indische Sportler wegen Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen ausgeschlossen

Zwei indische Leichtathleten, Rakesh Babu (Dreisprung) und Irfan Kolothum Thodi (Gehen), wurden von den Commonwealth Games in Australien ausgeschlossen, nachdem man Spritzen in ihrem Besitz gefunden hatte. Somit verstießen sie gegen die „No Needle-Policy“, die intravenöse Injektionen nur bei medizinischen Ausnahmen genehmigt. Diese lagen jedoch nicht vor. Drei indische Funktionäre erhielten außerdem eine öffentliche Verwarnung. Bereits vor den Spielen, wie letzte Woche von Sport.Politik berichtet, fand man Spritzbesteck im Quartier der indischen Boxer. In diesem Fall wurden jedoch keine Sportler disqualifiziert.

Tennis: Weltranglisten-83. verklagt WTA und ITF wegen gesundheitsschädigender Doping-Kontrollen

Quelle: Keith Allison; Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Tennisspielerin Madison Brengle (USA) verklagt die Women’s Tennis Association (WTA) und den Tennis-Weltverband (ITF) auf Schadensersatz in Millionenhöhe. Grund hierfür sind die Bluttests der ITF, die den rechten Arm der Spielerin auf Dauer geschädigt haben sollen. Madison Brengle leide nämlich an einer Krankheit, die extreme Schmerzen durch intravenöse Injektionen verursache. Das habe die ITF bei der Anordnung von Dopingkontrollen trotz medizinischen Attests ignoriert. Dadurch sei Brengles Arm so angeschwollen, dass sie unter anderem das Erstrunden-Match bei den US Open 2016 absagen musste. Außerdem sei ihr Aufschlag seitdem nicht mehr so kraftvoll. Nun möchte sie durch die Klage verlorenes Preisgeld geltend machen.

US-Sport: Dopingsperren in der NBA und NFL

Quelle: Ed Yourdon; Lizenz: CC BY-SA 2.0

Shooting Guard Jodie Meeks von der Basketballmannschaft Washington Wizards wurde die Einnahme des Wachstumshormons Ipamorelin nachgewiesen. Die NBA sperrte ihn deshalb für 25 Spiele. Somit fällt Meeks für die kommende Playoff-Serie gegen die Toronto Raptors aus. American Footballer Mark Sanchez, derzeit als Free Agent in der NFL unterwegs, muss wegen Dopings die ersten vier Spiele der nächsten Saison aussetzen. Auf welche Substanz Sanchez positiv getestet wurde, ist bislang allerdings nicht bekannt.

Die Doping-News der letzten Woche(n) (KW 14)

Gewichtheben: Zwei Olympioniken positiv getestet

Der Internationale Gewichtheber-Verband (IWF) veröffentlichte Anfang April die beiden positiven Doping-Tests von Oleksandr Pielieshenko (Ukraine) und Sona Poghosyan (Armenien). Letzterer wurde das Wachstumshormon GHRP-2 nachgewiesen, somit droht der EM-Dritten (-75kg) von 2017 eine vierjährige Sperre. Eine achtjährige Sperre erwartet dagegen Pielieshenko, da er bereits von 2013 bis 2015 wegen Steroiddopings aus dem Verkehr gezogen wurde. Diesmal wies man dem Europameister von 2016 in der -85kg-Kategorie das Diuretikum Chlorthalidon nach.

Gewichtheben: Armenien verwickelt in russischen Dopingskandal

Laut einem Bericht der Journalisten von hetq.am profitierten armenische Gewichtheber und Gewichtheberinnen vom russischen Staatsdoping-Programm, welches 2015 aufgedeckt wurde. So wurden die Dopingproben der Sportler regelmäßig im Moskauer Dopinglabor untersucht, um sicherzustellen, dass nur „saubere“ Athleten an internationalen Wettkämpfen teilnehmen würden. Außerdem wurden die Sportler vor internationalen Kontrollen gewarnt. Sollten die Dopingproben trotz alledem positiv ausgefallen seien, wurden sie vom Dopinglabor in Moskau als negativ deklariert. Außerdem berichteten die Gewichtheber, dass die Dopingmittel vom armenischen Gewichtheber-Verband gestellt wurden und dieser über alle Doping-Aktivitäten der Sportler unterrichtet war. Derzeit ist Armenien vom IWF für ein Jahr von allen internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Grund hierfür waren die zahlreichen positiven Nachtests von armenischen Gewichthebern bei den Olympischen Spielen 2008 und 2012.

Handball: Russland wird wegen Dopings EM-Silber aberkannt

Die russischen Handball-Damen verlieren ihre Silbermedaille, die sie bei der letztjährigen U19-EM in Slowenien gewannen, nachdem drei ihrer Spielerinnen positiv auf das Herzmittel Meldonium getestet wurden. Antonina Skorobogatchenko, Maria Duvakina und Mariia Dudina erhielten deswegen bereits im Januar diesen Jahres eine Sperre von 20 Monaten, die rückwirkend ab September 2017 gilt. Außerdem muss der russische Handball-Verband eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro bezahlen.

Boxen: Spritzenfund bei Indiens Boxern

Im Vorfeld der Commonwealth Games an der australischen Gold Coast fand man Spritzen im Müll der Unterkunft, in der die indische Boxmannschaft untergebracht ist. Obwohl die Medizinische Kommission der Commonwealth Games Federation einen Verstoß gegen die „No Needle Policy“ feststellte, erhielt der Mannschaftsarzt Amol Patil lediglich eine öffentliche Verwarnung. Dieser gab nämlich an, einem Athleten eine Vitamin-Injektion gesetzt zu haben und somit nicht gegen Anti-Doping-Bestimmungen verstoßen zu haben. Bereits bei den letzten Commonwealth Games 2014 in Schottland sowie bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro wurden Spritzen im Quartier der Inder entdeckt. Für diese Vorfälle erhielten sie ebenfalls jeweils eine öffentliche Verwarnung.

US-Sport: Dopingfälle im American Football und Baseball

Linebacker Thomas Davis von den Carolina Panthers wurde von der NFL für vier Spiele wegen Dopings gesperrt. Welche Substanz zu dem positiven Test führte, ist unbekannt. Allerdings sprach Davis in einer von ihm veröffentlichten Stellungnahme von einem Estrogen-Blocker, der seiner Meinung nach in einem Nahrungsergänzungsmittel enthalten war. Ebenfalls positiv getestet wurde der Baseballer Michael Chavis, die größte Nachwuchshoffnung der Boston Red Sox. Er erhielt eine Sperre von 80 Spielen, da ihm die Einnahme des Steroids Dehydrochlormethyltestosteron – eher bekannt als DDR-Dopingmittel Oral Turinabol – nachgewiesen werden konnte.

Allgemein: US-Dopingfahndern geht Topdealer ins Netz

In den USA ist ein Dopingdealer mit seinen Geschäften aufgeflogen. Michael A. Moorcones, unter seinem Alias Thomas Mann im Internet unterwegs, soll über 8.000 Kunden, darunter etliche Profi-Sportler aus der Leichtathletik, American Football, etc., mit Dopingmitteln beliefert haben. Die New York Times hat darüber berichtet, nachzulesen hier.

March Madness: Wahnsinn College Sports

80 Millionen TV-Zuschauer jedes Jahr, ausverkaufte Hallen und die Hoffnung auf einen erfolgreichen Draft – March Madness ist eines der Highlights im US-Sport. Doch was ist March Madness überhaupt und welche Bedeutung hat College Sports in den USA?

Als March Madness wird die nationale Hochschulmeisterschaft (Division I) der Männer im Basketball bezeichnet, welche jährlich seit 1939 von der National Collegiate Athletic Association (NCAA) organisiert wird. Es nehmen 64 Mannschaften an der Hauptrunde teil – die Sieger der 32 Conferences, d.h. der regionalen Staffeln der Division I, sind fest qualifiziert. Die restlichen Plätze werden dagegen von einem zehnköpfigen Auswahlkomitee der NCAA vergeben. Wessen Teilnahme am traditionellen Selection Sunday verkündet wird, darüber entscheiden Kriterien wie die eigene und gegnerische Siegerquote, die spielerische Qualität oder die Stärke der regionalen Staffeln. Das Turnier ist in vier Regionen (South, West, East, Midwest) mit je 16 Mannschaften unterteilt. Für jede dieser Gruppen wird vom Auswahlkomitee der NCAA eine Setzliste erstellt, so dass die beiden jeweils an eins und zwei gesetzten Mannschaften erst im regionalen Finale aufeinandertreffen können. Auf diese Weise bleibt die Spannung bis zum Schluss erhalten und Underdogs haben eine reelle Chance auf ein Weiterkommen. Stehen die Sieger der vier Regionen fest, kämpfen diese im Final Four um die beiden Finalplätze. Seit 1982 wird zeitgleich übrigens auch der US-Meistertitel im College Damen-Basketball vergeben, dieses Turnier erlangt jedoch nicht ansatzweise die gleiche Berichterstattung wie das Herren-Turnier.

Der Bracketology-Kult

Das Herren-Turnier wird dagegen seit 1969 im Fernsehen gezeigt, heutzutage übertragen gleich vier Fernsehsender, darunter CBS, jedes einzelne Spiel. Bis zum Jahr 2024 spült der Fernsehvertrag sage und schreibe 10,8 Milliarden US-Dollar in die Kassen der NCAA. Da überrascht es auch nicht, dass die Bracketology – das Vorhersagen sowie Ausfüllen der Brackets – zum abendfüllenden Hobby und Kult während der March Madness geworden ist. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama veröffentlicht jedes Jahr seinen Bracket; der Milliardär Warren Buffet verspricht jedem, der das Bracket vollkommen korrekt ausfüllt, eine Belohnung in Höhe von rund einer Milliarde US-Dollar. Auszahlen musste er sie jedoch noch nie.

Phänomen College Sport

Das College Sport-System der USA ist in diesem Ausmaße einzigartig. Kein anderes Land der Welt misst seinem Universitätssport solch eine große Bedeutung zu, erzielt derart hohe Einnahmen und zieht Millionen von Zuschauern in die Stadien. Für diese Entwicklung verantwortlich zeichnet sich die NCAA, welche 1906 mit dem ursprünglichen Ziel gegründet wurde, allgemein anwendbare Regeln für American Football aufzustellen. Heutzutage organisiert sie als Dachverband jeglichen Universitätssport der USA: 1.117 Colleges sowie Universitäten und knapp 500.000 Athletinnen und Athleten stehen unter ihrer Ägide. Doch die NCAA hat nicht nur eine administrative Rolle inne, sondern handelt auch legislativ, indem sie zum Beispiel über den Amateurstatus der Athleten verfügt. Denn jeder Athlet, der an NCAA-Wettbewerben teilnehmen möchte, tritt automatisch als Amateur an. Dies bedeutet, dass die sogenannten Student-Athletes weder ein Gehalt ausbezahlt bekommen noch Geld von Sponsoren, Agenten oder sonstige Gefälligkeiten wie Kinogutscheine annehmen dürfen. Dafür werden von den Colleges bzw. Universitäten teilweise die Studiengebühren erlassen, außerdem erhalten sie seit 2015 zusätzlich Stipendien, Essensgutscheine sowie Wohngeld. Ganz nach dem Motto „Bildung gegen sportliche Leistungen“. Doch trotz aller Zuwendungen der Universitäten leben viele College-Athleten nah an der Armutsgrenze. Neben dem vielen Training, diversen Wettkampfreisen und Lernen für das Studium – die Athleten müssen einen festgelegten Notenschnitt erreichen, um ihr Stipendium behalten zu können und weiterhin an Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen – bleibt kaum Zeit für einen Nebenjob. Hinzu kommt überdies das hohe Verletzungsrisiko. Bei einer größeren Verletzung ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass den Athleten das Stipendium entzogen wird und sie aus Geldmangel das Studium abbrechen müssen. Die Erfolgsaussichten beim Entry Draft, der alljährlichen Rekrutierungsveranstaltung im US-Sport, sind ebenfalls nicht so vielversprechend, wie den Athleten zu Beginn ihres Studiums weis gemacht wird. Eine Studie von 2001 belegt nämlich, dass nur rund ein Prozent der NCAA-Basketballspieler und circa zwei Prozent der NCAA-Footballspieler von NBA- bzw. NFL-Teams gedraftet werden.

Sollten College-Athleten bezahlt werden?

Michigan Stadium – „The Big House“ Quelle: AndrewHorne; Lizenz: CC BY-SA 3.0

TV-Einnahmen, Sponsorenverträge, Merchandise sowie Ticketverkäufe sorgen jedes Jahr für Rekordumsätze. So verdient die NCAA jährlich alleine rund 850 Millionen US-Dollar am Basketballturnier der Division I. Ein Großteil dieser Einnahmen geht direkt zurück an die Universitäten und Colleges, wovon dann die Studiengebühren (ca. 50 Millionen US-Dollar) und Stipendien (ca. 100 Millionen US-Dollar) der Athleten beglichen werden. Doch was geschieht eigentlich mit dem Rest des Geldes? Ein Blick auf die Stadien sowie Trainingsgelände der Universitäten und die Gehälter der Trainer reicht, um die Frage ziemlich schnell zu beantworten. Die zehn größten Football-Stadien in den USA beherbergen alle Universitätsmannschaften. So brüstet sich die University of Michigan damit, dass ihr Stadion, Spitzname „The Big House“, wenn vollbesetzt, die viertgrößte Stadt im Bundesstaat Michigan ist. Mit einer Kapazität von 107.601 Plätzen ist es sogar das zweitgrößte Stadion der Welt. Genauso üppig gestalten sich die Gehälter der Trainer. Jahresgehälter von bis zu sieben Millionen US-Dollar jährlich sind heutzutage eher Normalität als Seltenheit an den großen US-Universitäten, dazu kommen u.a. Sponsorendeals, Privatjets oder diverse Boni. Während also die Trainer-Gehälter seit den 1970er Jahren gewissermaßen explodiert sind, hat sich für die Student-Athletes kaum etwas geändert. Fest steht nämlich: College-Athleten verdienen für ihre Arbeit, denn nichts anderes ist es ja, keinen Cent.

Die NCAA und der Amateursport

Forderungen nach einem Athletengehalt oder der Abschaffung des Amateurstatus werden von der NCAA immer wieder abgeschmettert. Ihrer Meinung nach würden die Integrität und der Reiz am Collegesport dadurch verloren gehen. Außerdem seien Athleten ja keine Angestellten der Universitäten, sondern Studenten. Student-Athletes halt. Dass die bis heute übliche Bezeichnung in den 1960er Jahren von Walter Byers (Präsident der NCAA 1951 – 1988) geprägt wurde, um damaligen Athleten im Falle einer Verletzung die Unfallversicherung vorzuenthalten, wird dabei kaum erwähnt. Es lässt sich jedoch gewiss darüber diskutieren, ob College-Athleten nicht eher Athlete-Students sind, wenn die Bildung auf der Strecke bleibt. Die Anforderungen an die Sportler – Training, Reiseaufwand und mehrere Spiele in der Woche – sind so hoch, dass sie kaum zum Studieren kommen, um ihren notwendigen Notenschnitt halten zu können. Doch ohne gute Noten dürfen sie nicht am Training oder Wettkämpfen teilnehmen, ohne Training oder Wettkampfteilnahme verlieren sie ihr Stipendium. Doch auch die Unis wollen nicht auf ihre Spitzenathleten verzichten, weshalb hier und da Zeugnisse und Noten schon mal gefälscht werden. So geschehen an der University of North Carolina, wo über 18 Jahre lang Kurse (sogenannte Paper Classes) mit dem Zweck erfunden wurden, den Notenschnitt der Athleten zu heben.

Skandale und Korruption

Die letzten Jahre im College Sport sind von Skandalen geprägt. So verlor zum Beispiel die University of Southern California 2010 ihren nationalen Football-Titel aus dem Jahr 2004, nachdem herauskam, dass deren Star-Running Back Reggie Bush unerlaubte Zahlungen von Sportagenten annahm. Außerdem musste Bush die renommierte Heisman Trophy für den besten Nachwuchssportler im American Football wieder zurückgeben. Vorfälle wie dieser, in denen Athleten heimlich Zuwendungen von Sportagenten oder Sponsoren annehmen, sind keine Seltenheit. Doch wer kann es ihnen verübeln? Ein System, in dem jeder bezahlt wird außer diejenigen, auf deren Leistung alles aufgebaut ist, lädt zur Korruption ein. Solange die NCAA am Amateurstatus festhält, hören auch die Skandale nicht auf.

Übrigens wird auch die diesjährige Basketball-Meisterschaft von einem Skandal überschattet: Das FBI deckte Ende des Jahres 2017 ein System aus Bestechung und Korruption auf, an dem u.a. Top-Universitäten wie die University of Southern California und die Oklahoma State University beteiligt waren. Zufälligerweise wurden beide Teams trotz ausreichender Leistungen vom Auswahlkomitee der NCAA nicht für die Hauptrunde nominiert.

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