Leichtathletik-WM: Tag 6 und 7!

Was soll man sagen? Da ist sie dann doch, die erste Goldmedaille für die deutsche Mannschaft bei der Leichtathletik-WM. Und mit dieser haben wohl die wenigsten gerechnet.

Was war geschehen?

Es gibt einen neuen König der Leichtathletik, und dessen Name lautet Niklas Kaul. Mit 21 Jahren ist er nicht nur der jüngste Weltmeister im Zehnkampf, sondern auch der erste Gesamtdeutsche – ausgerechnet am Tag der deutschen Einheit. Die Bahn für Kaul war frei, nachdem etliche Favoriten – darunter der Weltrekordler Kevin Mayer –  entweder verletzt aufgeben mussten oder ihre Nerven nicht unter Kontrolle hatten. Was für ein Zehnkampf.

Etwas weniger dramatisch, aber dafür nicht weniger spannend war der Siebenkampf. Nach Jahren der Dominanz durch Nafi Thiam konnte sich schließlich Katarina Johnson-Thompson die Krone aufsetzen. Die Britin galt schon lange als Top-Talent, konnte aber nie so richtig die hohen Erwartungen erfüllen. Erst ein Ortswechsel sorgte für den gewünschten Erfolg: seit 2016 trainiert sie zusammen mit Kevin Mayer in Montpellier. Bereits letztes Jahr konnte sie die Silbermedaille bei der EM in Berlin gewinnen. Damals noch hinter Thiam.

Christina Schwanitz kann dank gestern nun einen vollständigen WM-Medaillensatz ihr eigen nennen. Mit einem wuchtigen Stoß auf 19,17 Meter gewann sie Bronze hinter der Chinesin Gong und der Jamaikanerin Thomas-Dodd. Erst 2017 brachte Schwanitz Zwillinge zur Welt, um dann direkt bei der EM in Berlin letztes Jahr den 2. Platz zu erreichen. Das 15-Euro-Bier hat sie sich auf jeden Fall verdient.

Historisches geschah ebenfalls im 400m-Finale der Frauen. Salwa Eid Naser setzte sich gegen die Top-Favoritin Shaunae Miller-Uibo durch. Und das in einer Wahnsinns-Zeit: 48,14 Sekunden bedeuteten die drittschnellste Zeit, die je über die 400m gelaufen wurden. Schneller waren nur Marita Koch aus der ehemaligen DDR und die Tschechin Jamila Kratochvilova in den 1980er Jahren – deren Leistungen gelten jedoch als doping-belastet. Als erster Britin seit 36 Jahren gelang Dina Asher-Smith der Gold-Coup über die 200m. Nachdem sie bereits in Berlin letztes Jahr Doppel-Europameisterin wurde, sprintete sie vorgestern 21,88 Sekunden zu einem britischen Rekord.

Kurioses in Doha

Die IAAF zeigte sich gestern zweimal von ihrer gnädigen Seite, als sie sowohl Orlando Ortega als auch Wojciech Nowicki je nachträglich eine Bronzemedaille zusprach. Doch was war geschehen? Das 110m Hürden-Finale endete am Mittwoch spektakulär. Mit Grant Holloway, der die Leichtathletik zugunsten einer NFL-Karriere vorzog, gab es einen Überraschungs-Weltmeister. Dies lag aber auch daran, dass Top-Favorit und Titelverteidiger Omar McLeod stürzte und dabei Orlando Ortega mit sich zog. Letzterer war bis dahin auf dem Weg zu einer sicheren Medaille. Nach Silber bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro und Bronze bei der EM 2018 kann Ortega nun auch seine erste WM-Medaille verbuchen.

Die Bronzemedaille im Hammerwurf kann Wojciech Nowicki dem Protest seiner Mannschaftsführung verdanken. Die bemängelte den ersten Wurf vom Drittplatzierten Bence Halasz. Zwar gab die IAAF den Polen Recht, wollte dem Ungarn jedoch die Medaille nicht wieder aberkennen. So gibt es nun im Hammerwurf zwei Bronzemedaillen-Gewinner.

Fragwürdige Trainerwahl

Die Kugelstoß-Weltmeisterin Gong Lijiao wurde zumindest bis 2017 von Dieter Kollark trainiert – langjähriger Trainer in der ehemaligen DDR, dem bis heute nicht nur Doping von Minderjährigen vorgeworfen wird, sondern der auch bis zum Fall der Mauer Stasi-Spitzel war. Und auch die Diskuswerferin Claudine Vita nimmt die Dienste von Kollark in Neubrandenburg in Ansprüche. Es ist eine Schande, dass diese DDR-Täter immer noch eine Rolle im heutigen Sport spielen dürfen.

Dopingland Marokko?

Die Sportschau berichtete gestern in einem Dreißigminüter über Doping in Marokko, welches auch den französischen Verband und den Europameister über 10.000m, Mourad Amdouni, betrifft:

Wer war mal gedopt?

Der Franzose Quentin Bigot galt als großes Hammerwurf-Talent, als man in seiner Dopingprobe 2014 Stanozolol fand. Anschließend wurde er vier Jahre gesperrt, zwei davon auf Bewährung. Ihm kam zu Gute, dass er umfangreich über die Hintermänner seines Dopingfalls auspackte. So beschuldigte er zum Beispiel seinen Trainer Raphaël Piolanti, Frankreichs Trainer des Jahres 2013, von ihm zum Doping angestiftet worden zu sein. Dieser wurde 2018 zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt, überdies ist er lebenslang gesperrt. Bigot gewann gestern WM-Silber.

Die Vorschau auf Tag 8

Aus deutscher Sicht steht heute sicherlich das Diskus-Finale der Frauen im Fokus. Mit Nadine Müller, Claudine Vita und Kristin Pudenz haben es alle deutschen Werferinnen in den Endkampf geschafft. Mit ganz viel Glück hat Müller sogar eine Medaillenchance. Gespannt sein darf man auch auf die Vorläufe der 4x100m Staffel der Frauen sein, da die deutsche Staffel die Weltjahresliste anführt. Allerdings fehlt mit Tatiana Pinto einer der Leistungsträgerinnen der Mannschaft.

Leichtathletik-WM: Tag 4!

Gestern gab es die erste Medaille für die deutsche Mannschaft, heute werden die Nachrichten um das Nike Oregon Project das Leichtathletik-Geschehen bestimmen. Doch bevor sich Sport.Politik ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt, gibt es hier erstmal einen Rückblick auf die gestrigen Wettkämpfe.

Was war los?

Der Moment des Abends war aus deutscher Sicht natürlich die Bronzemedaille von Gesa Felicitas Krause über 3.000m Hindernis. Nach persönlicher Bestleistung und deutschem Rekord war es deshalb auch nicht großartig verwunderlich, dass Krauses Trainer Wolfgang Heinig abends Besseres vorhatte als mit der Presse zu reden: „Sicherlich sollte man mich heute um Mitternacht nicht interviewen.“ Na dann mal Prost!

Ohne deutsche Brille war das Highlight des Abends aber sicherlich das 5.000m-Finale der Herren. Die Ingebrigtsen-Brüder, seit ihrer Kindheit von ihrem Vater auf Erfolg getrimmt, wollten unbedingt eine Medaille. Und beinahe wäre es Jakob Ingebrigtsen auch gelungen. Nachdem die Brüder das Renngeschehen zunächst von hinten gestalteten, starteten Filip und Jakob Ingebrigtsen nach circa der Hälfte der Strecke eine fulminante Aufholjagd, der erst auf der Schlusskurve von den Läufern aus Äthiopien und Kanada ein Ende gesetzt werden konnte. Letztlich belegte Jakob Ingebrigtsen den 5. Platz. Auf die IAAF ist dagegen Verlass: der 5.000m-Lauf wird nächste Saison nicht mehr Bestandteil des offiziellen Diamond League-Programms sein. Das gleiche Schicksal droht übrigens auch dem Dreisprung der Herren.

Der Diskuswurf wurde zu einer knappen Angelegenheit, bei der zumindest die Weiten ein wenig enttäuschend waren. Weltmeister Daniel Stahl und Fedrick Dacres warfen beide schon über 70 Meter diese Saison, kamen diesmal aber nicht über die 68 Meter hinaus. Martin Wierig kam dagegen auf einen für ihn sehr guten 8. Platz. Ohnehin war es ein erfolgreicher Abend für die deutsche Mannschaft, was die Qualifikationswettbewerbe angingen. Christin Hussong konnte sich als Gesamt-Zweite für den Speerwurf qualifizieren, bei den 200m erreichten sogar alle drei deutschen Sprinterinnen das Halbfinale – Tatjana Pinto und Lisa Marie Kwayie sogar mit persönlicher Bestleistung.

Im Hochsprung-Finale reichten 1,89 Meter für Imke Onnen leider nur für den 9. Platz, aber das Erreichen des Finales war ja schon ein großer Erfolg. Der Sieg ging mit 2,04 Meter erwartungsgemäß an die Russin Mariya Lasitskene. Diesmal hatte sie mit der jungen Ukrainerin Yaroslava Mahuchikh aber unerwartete Konkurrenz. Diese steigerte ihre persönliche Freiluft-Bestleistung nämlich einfach mal um 9 Zentimeter und stellte damit einen neuen U20-Weltrekord auf.

Doping-News des Tages

Die IAAF kann einem fast schon leidtun (jhaha, just kidding!). Dachte man, Berichte über fehlende Zuschauer, Korruption und fragwürdige Kameraeinstellungen wären schon schlimm genug, da kommt die USADA um die Ecke und packt den Doping-Hammer aus: Vier Jahre Sperre für Alberto Salazar, dem Cheftrainer des berühmt-berüchtigten Nike Oregon Projects, wegen des Handels mit Testosteron, der Manipulation von Dopingproben sowie der Verabreichung von Infusionen. Gerüchte und Berichte über Doping im NOP gab es schon lange – unter anderem von der WM-Zweiten über 10.000m 2007, Kara Goucher – nun ist die USADA zu einem Urteil gekommen. Salazar, selbst iin den 1980er Jahren dreifacher Sieger des New York Marathons, bestreitet selbstverständlich alle Vorwürfe.

Alberto Salazar

Quelle: Cal Hopkins; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Das NOP wurde, wie der Name schon sagt, 2001 von Nike gegründet und stand von Beginn an unter der Beobachtung der USADA und WADA. Aushängeschild dieses Projektes war bis 2017 Mo Farah, der wegen zweier verpasster Kontrollen selbst Dopingverdächtigungen ausgesetzt war. Momentan trainieren in Oregon die 10.000m-Weltmeisterin von Doha, Sifan Hassan, und Konstanze Klosterhalfen. Die Anti-Doping Einheit der IAAF (AIU) verkündete heute auch dementsprechend, dass Salazar von der Weltmeisterschaft ausgeschlossen sei und den AthletInnen ein Kontaktverbot zu ihm auferlegt werde. Dies sollte zumindest offiziell nicht Klosterhalfen betreffen, da sie ja beim NOP-Co-Trainer Pete Julian trainiert. Man darf dennoch gespannt sein, wie die deutschen Medien mit ihr und dem Thema umgehen werden.

Zwei Athleten vom NOP, Clayton Murphy und Donovan Brazier, sind heute Abend übrigens im 800m-Finale am Start.

War da was?

Ajee Wilson, Zweite über 800m, wurde 2017 von der USADA des Dopings mit Zeranol freigesprochen, da sie dieses Steroid durch kontaminiertes Fleisch zu sich genommen haben soll.

Stop it!

Schon öfter gehört bei der TV-Übertragung der WM: Männliche Kommentatoren betiteln Athletinnen als „junge Dame“. Bitte hört doch einfach auf damit. Erstens erinnert das an ältere Herrschaften in den 1950er Jahren, zweitens sind das mit Anfang / Mitte Zwanzig gestandene Frauen, die alles in Grund und Boden laufen, springen und werfen. Es hört sich einfach respektlos sowie herablassend an und passt nicht mehr in unsere Zeit.

Die Vorschau auf Tag 5

Bei den Laufwettbewerben steht heute Abend sicherlich das 200m-Finale der Herren im Fokus. Der US-Amerikaner Noah Lyles ist der klare Top-Favorit. Immerhin kann er aus dieser Saison bereits eine 19,50 vorweisen, womit er nach Usain Bolt und Yohan Blake der drittschnellste Mann aller Zeiten über diese Strecke ist. Andre de Grasse und Titelverteidiger Ramil Guliyev darf man allerdings auch nicht außer Acht lassen. Bei den Frauen stehen die Halbfinals über 200m an. Hier wäre es eine Überraschung, wenn eine der deutschen Starterinnen den Finaleinzug schaffen würde. Sollte es aber einer von ihnen gelingen, hat Tatjana Pinto in ihrem Halbfinale wahrscheinlich die besten Chancen.

Die größte Spannung verspricht allerdings der Stabhochsprung der Herren. Hier sind gleich vier Athleten in der Lage, um Gold mitzuspringen: Europameister Armand Duplantis, Olympiasieger Thiago Braz, Piotr Lisek sowie Titelverteidiger Sam Kendricks, der dieses Jahr die Weltjahresbestleistung mit 6.06 Meter inne hat. Raphael Holzdeppe und Bo Kanda Lita Baere haben dagegen höchstens Außenseiterchancen. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist sicherlich das Ausscheiden von Renaud Lavillenie, der die letzten Jahre das Stabhochsprung-Geschehen maßgeblich bestimmte. Dafür hält aber sein Bruder mit dem Einzug in das Finale die Familienehre hoch.

Aus deutscher Sicht besonders spannend wird das Speerwurf-Finale der Frauen, denn Christin Hussong hat ausgesprochen gute Medaillen-Chancen. Sie war eine der wenigen in der Qualifikation, die mit den schwierigen Stadionbedingungen klar kamen. An der Chinesin Lyu Huihui führt aber wohl dennoch kein Weg vorbei. Außerdem versuchen Mateusz Przybylko sich für das Hochsprung-Finale und Martin Grau sowie Karl Bebendorf für das 3.000m Hindernis-Finale zu qualifizieren.

Doping: Alle Jahre wieder Thüringen

Die nordische Ski-WM in Seefeld ist zwar schon längst Geschichte, sie wird aber noch vielen Menschen lange im Gedächtnis bleiben. Allerdings weniger wegen der sportlichen Leistungen – Norwegen räumte wie immer fast alle Medaillen ab – sondern wegen der Geschehnisse rund um die Doping-Razzia sowohl in Erfurt als auch in Seefeld. Erfurt? Thüringen? Das war doch was. Immer wieder taucht das grüne Herz Deutschlands in der Dopingberichterstattung auf.

Als vor zwei Wochen (27.02.2019) die ersten Nachrichten über die „Operation Aderlass“ über den Ticker liefen, stand die Sportwelt kurz ganz still. Sie fing sich aber mindestens genauso schnell wieder. Wie üblich bei solchen Dopingskandalen sprachen Funktionäre, AthletInnen und sogar TV-Moderatoren von unverbesserlichen Einzeltätern, die einfach nichts dazu lernen würden. Und auch sportlich war es wieder Business as usual: Martin Johnsrud Sundby, selbst 2016 wegen des Missbrauchs eines Asthmamittels für zwei Monate gesperrt, holte sich an diesem Nachmittag seinen ersten WM-Einzeltitel über die 15km klassisch.

Dass die „Operation Aderlass“ jedoch höhere Wellen schlagen würde, sollte allen Beteiligten ziemlich schnell klar werden. Dafür sorgte schon alleine der Fund von vierzig Blutbeuteln in der Erfurter Praxis von Dr. Mark Schmidt, der als mutmaßlicher Strippenzieher des aufgedeckten, laut Ermittlern mafia-ähnlichen Dopingrings in Erfurt festgenommen wurde. Doch nicht nur, dass die in Seefeld in flagranti erwischten und festgenommenen Sportler quasi sofort gestanden, es bekannten sich immer mehr Sportler zum Blutdoping bei Schmidt. Darunter auch eine Reihe von estländischen Langläufern, deren Trainer Mati Alaver als einer der Haupttatverdächtigen identifiziert wurde. Ausgelöst wurden die staatsanwaltlichen Untersuchungen durch ein Interview, das der des Dopings 2014 in Sotchi überführte Langläufer Johannes Dürr der ARD Sportschau gab.

Darin redete er scheinbar so offen über seine Dopingvergangenheit, dass die deutschen und österreichischen Behörden auf ihn aufmerksam wurden. Als Kronzeuge packte er anschließend über die Hintermänner sowie seine Mitdoper aus. Eine kuriose Wende nahm die ganze Angelegenheit dann aber doch noch: ein paar Tage später (05.03.2019) wurde Dürr selbst verhaftet. Es stellte sich heraus, dass er entgegen seiner eigenen Aussage bis Ende 2018 selbst Eigenblutbehandlungen bei Schmidt durchführen ließ. Sein Enthüllungsbuch und die Crowdfunding-Kampagne, mithilfe derer er bisher über 30.000 Euro sammelte, um ein Langlauf-Comeback zu starten, ließen dieses kleine, nicht unwichtige Detail allerdings unerwähnt. In einem ganz anderen Licht erscheint mittlerweile auch seine damalige (2014) familiäre Beziehung zu Gottlieb Taschler, ehemaliger IBU-Vizepräsident, der seinen Posten wegen seines Kontaktes zu Doping-Guru Dr. Michele Ferrari (Lance Armstrongs Dopingarzt) Ruhen lassen musste. Dieser war nämlich Dürrs Schwiegervater. Und es kommen seitdem immer mehr interessante Zufälle ans Licht.

Doch wer ist Dr. Mark Schmidt überhaupt? Dr. Mark Schmidt führt seine Praxis für Allgemeinmedizin zusammen mit seiner Mutter Dr. Heidrun Schmidt, ihrerseits in der DDR Teamärztin für den dopingbehafteten SC Turbine Erfurt. Für diese Praxis bestand bis zuletzt eine Lizenz als „sportmedizinische Untersuchungsstelle“ in Thüringen, welche für die Feststellung der allgemeinen Sporttauglichkeit des D-Landeskaders zuständig war. Laut dem Landessportbund Thüringen (LSB), der diese Lizenzen erteilt, hat dies aber nichts mit der kontinuierlichen Betreuung von Spitzen- und Nachwuchssportlern zu tun. Nach der Verhaftung Schmidts entzog der LSB diese Lizenz augenblicklich:

„Die Lizenz wird für vier Jahre verliehen und kann anschließend für vier Jahre verlängert werden. Diese Verlängerung wurde für die Arztpraxis von Dr. Heidrun Schmidt vorgenommen. Im Rahmen dieser laufenden Verlängerung trat Mark Schmidt in die Praxis ein. […] „Das hätte nicht passieren dürfen‘. So erklärt Hügel (Präsident LSB Thüringen, Anm. d. Red.): ‚Wir haben an dieser Stelle nicht tiefgründig genug die bestehenden Dopingbelastungen im Prozess um die Anerkennung der Lizenzfortschreibung als sportmedizinische Untersuchungsstelle bewertet. Dies war falsch und wir müssen und wollen jetzt die Konsequenzen schnellstmöglich tragen und limitieren.‘“

(Statement des LSB Thüringen zur Causa Schmidt, 28.02.2019)

 

Alles nur Zufall?

Dr. Mark Schmidt war nämlich schon einmal in einen Dopingskandal verwickelt. Als Teamarzt vom Team Gerolsteiner (2006 – 2008) sowie Team Milram (2009 – 2010) sah er sich mit den Vorwürfen konfrontiert, die damaligen Radsportler Stefan Schumacher, Bernard Kohl und David Kopp beim Doping unterstützt zu haben. Die Untersuchungen der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft Freiburg gegen ihn verliefen 2013 jedoch im Sand. Der LSB Thüringen war sich den schwerwiegenden Anschuldigungen bewusst, als er  Schmidt seine jungen AthletInnen anvertraute, nur von Kaderathleten musste er Abstand halten. Seit 2017 arbeitete Schmidt wieder im Radsport, zuerst als Teamarzt von Aqua Blue Sport, danach bei Groupama – FDJ. Die zwei Radsportler Stefan Denifl und Georg Preidler, die im Zuge der „Operation Aderlass“ Blutdoping gestanden, fuhren für genau diese Teams.

Ermittelt wurde damals übrigens auch gegen den zweiten Arzt des Teams Gerolsteiner, Dr. Ernst Jakob – ein langjähriger Weggefährte des Freiburger Dopingarztes Prof. Joseph Keul und damaliger Vorgesetzter Schmidts in der Sportklinik Hellersen in Lüdenscheid. Verbindungen pflegte Schmidt außerdem zu dem österreichischen Sportmanager Stefan Matschiner. Dieser stand im Mittelpunkt der damaligen Humanplasma-Affäre, im Rahmen derer mehrere SportlerInnen wegen Dopings gesperrt und verurteilt wurden. Die technischen Geräte, die bei Schmidt gefunden wurden, erwarb dieser wohl von Matschiner.

Schmidts Vater Ansgar war anscheinend ebenfalls in die „Operation Aderlass“ verwickelt, dafür spricht zumindest seine Festnahme in Seefeld. Ansgar Schmidt war lange Zeit eine feste Größe des thüringischen Sports. So war er fast 20 Jahre Mitglied im Vorstand der Stiftung Thüringer Sporthilfe, Rechtswart im Thüringer Skiverband sowie Vorsitzender des Schiedsgerichts des LSB Thüringen. Außerdem wurde ihm 2009 „in Anerkennung besonderer Verdienste um die Förderung des Sports“ vom LSB Thüringen ein Preis verliehen, dessen Aberkennung der LSB nun prüft. Besonders pikant: Ansgar Schmidt war bis Ende des letzten Jahres in der Anwaltskanzlei von Heinz-Jochen Spilker angestellt.

Doping im Hammer Modell

Heinz-Jochen Spilker ist ebenfalls kein unbeflecktes Blatt in Sachen Doping. Zusammen mit dem Trainer Heinz-Jörg Kinzel etablierte Spilker in den 1980er Jahren das sogenannte Hammer Modell, in dem seine Sprinterinnen hemmungslos mit Dopingmitteln vollgepumpt wurden. Die Machenschaften des SC Eintracht Hamm waren ein offenes Geheimnis in der Szene und sogar in Kanada im Rahmen der Ben Johnson-Dopinguntersuchung ein Thema, zur Belohnung wurde Spilker vom Deutschen Leichtathletikverband zum Sprint-Bundestrainer befördert. Erst als die Sprinterin Claudia Lepping öffentlich über das Doping auspackte – sie weigerte sich, ein Teil dieses Dopingsystems zu werden – wurden Spilker und Kinzel wegen des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz verurteilt. Das war 1994.

Während nach der Wende viele Ost-Trainer in die alten Bundesländer oder ins Ausland, vornehmlich Österreich und China, umsiedelten und dort ihre „Dienste“ anboten, ging Spilker den umgekehrten Weg. Bereits 1990 ließ er sich mit seiner Anwaltskanzlei in Erfurt nieder, wo er rasch in die politische Elite Thüringens aufstieg. Andreas Birkmann, ehemaliger Justizminister Thüringens, und Manfred Scherer, ehemaliger Innenminister Thüringens, üben bis heute eine Anwaltstätigkeit in der Kanzlei Spilkers aus. Das heißt jedoch nicht, dass er dem Sport den Rücken zukehrte. Ganz im Gegenteil, er bekleidete noch bis ins Jahr 2012 das Amt des Vizepräsidenten des LSB Thüringen. Zur gleichen Zeit übernahm Spilkers Anwaltskanzlei allerdings auch die Verteidigung von Dr. Andreas Franke.

Doping-Methoden aus der DDR

Der Allgemein- und Sportmediziner aus Erfurt stand damals im Mittelpunkt der UV-Strahlen-Affäre. Er war am Olympiastützpunkt Erfurt auf Honorarbasis angestellt und soll bis 2011 mit dem Wissen des LSB rund dreißig AthletInnen mit UV-bestrahltem Eigenblut behandelt haben, eine nach der WADA ab 2011 verbotenen Dopingmethode. Herausgekommen ist dies alles aufgrund der Ermittlungen gegen Claudia Pechstein, die neben dem Radsportler Marcel Kittel die prominenteste Patientin Frankes war. Die Verfahren gegen die SportlerInnen sowie Franke wurden jedoch eingestellt, da keine Dopingabsicht nachgewiesen werden konnte. Außerdem fehlte der NADA schlicht das Geld, um Verfahren gegen mehr als dreißig SportlerInnen zu führen. 2012 gab es ja das Anti-Doping-Gesetz noch nicht.

Dass Franke diese Eigenblutbehandlungen durchführte, bestritt er nie. Vielmehr habe er diese Methode, die er im Übrigen schon seit mehr als zwanzig Jahren anwende, zur Behandlung sowie Vorbeugung von Infekten genutzt.  Dass die Bestrahlung mit UV-Licht bereits Anfang der 1980er Jahre in der DDR-Dopingforschung sowohl erprobt als auch angewandt wurde und Franke zu dieser Zeit Arzt der damaligen Sportmedizinischen Hauptberatungsstelle Erfurts war, ist mit Sicherheit auch nur einer dieser komischen Zufälle. In diese Kategorie fällt wohl auch die Tatsache, dass sein langjähriger Praxispartner Dr. Horst Tausch war – seinerzeit Verbandsarzt der DDR-SchwimmerInnen, wegen deren Dopings er 1999 zu einer Gefängnisstrafe in Höhe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt wurde.

Kritik nicht erwünscht

Die Doping-Stasi-Verstrickungen in den DDR-Sport sind überall zu finden. Am besten ist dies am Beispiel Rolf Beilschmidts festzumachen, dem derzeitigen LSB-Geschäftsführer in Thüringen. Dieser gehörte in den 1970er Jahren zur Weltspitze im Hochsprung, auch nachweislich dank der Einnahme von Dopingmitteln. Nach seiner Karriere stieg er zum Leiter seines Heimatvereins SC Motor Jena auf, von 1991 bis 2001 leitete er sogar den Olympiastützpunkt Erfurt, bevor er zum Hauptgeschäftsführer des LSB befördert wurde. Noch nicht einmal die Enthüllungen über Beilschmidts langjährige Stasi-Tätigkeit konnten seiner Funktionärskarriere einen Knick verpassen. Woran das lag? Beilschmidt wurde jahrelang vom ehemaligen LSB-Präsidenten (1994 – 2018) und SED-Altkader Peter Gösel protegiert. Gösel folgte damals auf Manfred Thieß, der wegen seiner Stasi-Vergangenheit zum Missfallen vieler im LSB nicht mehr zu halten war.

Bis heute werden Kritiker, die auf die DDR-Seilschaften innerhalb des thüringischen Sports hinweisen, mundtot gemacht und als Nestbeschmutzer beschimpft. So geschehen bei der Biathlon-WM 2004 in Oberhof, damals wie heute eine der Biathlon-Hochburgen der Welt. In die Organisation waren zahlreiche ehemalige Stasi-Mitarbeiter eingebunden, damalige Doping-Täter waren Teil des Trainerteams. Da wundert es kaum, dass anerkannte Doping- und Stasi-Opfer, die die Missstände öffentlich anprangerten, keine Einladung zu den Wettkämpfen erhielten. 2023 findet die Biathlon-WM wieder in Oberhof statt. Und das Thema Stasi ist bei geschätzt 3000 Sport-IMs noch immer brandaktuell: der damalige Zeremonienmeister und heutige Chef des Oberhofer Weltcups sowie des WM-Organisationskomitees ist Holger Wick, ein ehemaliger Biathlet des ASK Vorwärts Oberhof. Von 1981 bis 1988 war er aber auch als „IM Gerd Schütze“ unterwegs.

Zurück zum Radsport

Doch zurück zum Radsport. Die Blutbeutel-Affäre um Dr. Mark Schmidt weckt Erinnerungen an einen anderen Dopingskandal, der 2006 die gesamte Radsportszene in Aufruhr versetzte. Ein gewisser Dr. Eufemiano Fuentes versorgte die Elite des Radsports mit allerhand Dopingmitteln. Fuentes Spur führte allerdings auch nach Thüringen. Denn Fuentes‘ Partner in Crime war der Mediziner Dr. Markus Choina, der in der Helios-Klinik in Bleicherode / Thüringen angestellt war. Über Choina erhielt Fuentes nicht nur seine Dopingmedikamente, sondern auch teure Geräte zum Abpacken von Blutbeuteln.

Dieses Jahr im Sommer steht Thüringen übrigens wieder im Mittelpunkt der Sportberichterstattung, wenn in Erfurt der Gesamtsieger der Deutschland Tour gekürt wird.

Doping im Fußball: Fehlanzeige? Von wegen!

Doping im Fußball gibt es nicht, hat es auch nie gegeben. So will es der Fußball der breiten Masse zumindest verkaufen. Doping würde bei so einer auf Technik und Taktik ausgelegten Sportart ja auch überhaupt nichts bringen. Nur ein kleiner Blick in die Geschichte sowie auf verschiedene Studien und Statistiken lässt jedoch erahnen, wie weltfremd solche Aussagen sind. Wo Ausdauer, Kraft und Konzentration gefragt sind, ist Doping immer ein Thema. Deshalb anbei eine kleine Dopinggeschichte des Fußballs.

Gedopt zum WM-Titel?

Bundestrainer Sepp Herberger: Quelle: Wim van Rossem; Lizenz: CC0 1.0

Die „Helden von Bern“ schrieben mit ihrem Triumph bei der Weltmeisterschaft 1954 Geschichte, doch die Geschehnisse in der Halbzeitpause des WM-Finales werden wohl ewig ein Mysterium bleiben. Zu hartnäckig halten sich die Gerüchte über Doping beim Weltmeister, die bereits kurz nach dem Finale von Ferenc Puskás, damaliger Kapitän des deutschen Finalgegners Ungarn, angefeuert wurden. Dieser wunderte sich nämlich über die große Leistungssteigerung der deutschen Elf in der zweiten Halbzeit. Offiziell heißt es bis heute, dass den Spielern in der Halbzeitpause Vitamin C-Spritzen von Teamarzt Dr. Franz Loogen verabreicht wurden. Doch schon damals verdächtigte man die Deutschen, Amphetamine in Form von Pervitin gespritzt bekommen zu haben. Unüblich war dies zu jener Zeit zumindest nicht.

Dennoch steht fest: egal ob Vitamine oder Pervitin, die gesundheitlichen Folgen dieser medizinischen Behandlung waren, gelinde gesagt, unglücklich. Da es nicht genug Spritzen für alle gab, mussten sich die Spieler eine oder mehrere teilen und steckten sich auf diese Weise gegenseitig mit Hepatitis C an. Mindestens acht Spieler des deutschen Kaders mussten sich im November 1954 in Behandlung begeben. Drei Spieler, Richard Franz Herrmann (1962, 39 Jahre alt) sowie Karl Mai (1993, 64 Jahre alt) und Werner Liebrich (1995, 68 Jahre alt), starben frühzeitig an den Folgen der Hepatitis oder zumindest aufgrund von Leberleiden. Die Ungarn sollen sich übrigens auch während des WM-Finales mit Vitamin C aufgeputscht haben – allerdings in Tablettenform.

Auch bei der WM 1966, als Deutschland Vize-Weltmeister wurde, soll es Auffälligkeiten bei der deutschen Mannschaft gegeben haben. So belegen neu entdeckte Dokumente 2011, dass mindestens drei Spieler – die Namen sind allerdings nicht bekannt – mit Ephedrin gedopt gewesen sein sollen. Die FIFA, die 1965 erstmals Urinproben bei Weltmeisterschaften zustimmte, hielt diese brisanten Ergebnisse damals unter Verschluss.

Spritzen in den Hintern

Jean-Jacques Eydelie; Quelle: Christophe95; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Der Champions League-Titel von Olympique Marseille 1993 soll auch nicht mit sauberen Mitteln erkämpft worden sein. Dies berichtet zumindest der ehemalige Spieler Jean-Jacques Eydelie 2006 in seiner Autobiographie. Darin erzählt er, wie sich die Spieler unmittelbar vor dem Finale in der Kabine in eine Reihe aufstellen mussten, um sich Injektionen ins Gesäß setzen zu lassen. Was in den Spritzen war, weiß er allerdings bis heute nicht. Dass der damalige Vereinspräsident Bernard Tapie durchaus von diesen Vorgängen wusste, sogar die treibende Kraft dahinter war, davon spricht Eydelies Mannschaftskollege Marcel Desailly in seiner Autobiographie. So soll Tapie, der die Vorwürfe natürlich abstreitet, seinen Spielern die Arzneimittel persönlich in der Kabine vor Spielen in die Hand gedrückt haben. Eydelie nennt übrigens einen Spieler, der sich damals den Injektionen verweigert haben soll: Rudi Völler.

Die Schnupfnase des Diego Maradona

Diego Maradona; Quelle: El Gráfico; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Ernst Jean-Joseph aus Haiti und Diego Maradona sind bis heute die einzigen Spieler, die während einer Fußball-Weltmeisterschaft des Dopings überführt wurden. Beiden wurde die Stimulanz Ephedrin zum Verhängnis: Jean-Joseph bei der WM 1974 in Deutschland, Maradona 20 Jahre später in den USA. Maradonas Drogenmissbrauch war jedoch schon vorher ein Thema in der Klatschpresse. Spätestens seit seiner Zeit in Italien, als ein positiver Test auf Kokain 1991 dazu führte, dass der SSC Neapel seinen Vertrag auflöste, war sein Drogenkonsum ein offenes Geheimnis. Im weiteren Verlauf seines Lebens hatte Maradona immer wieder mit Drogen- und Gesundheitsproblemen zu kämpfen. Derzeit ist er Trainer des Al-Fujairah SC in der zweiten Liga der Vereinigten Arabischen Emirate.

Italiens Doping-Fluch

Welche verheerenden Spätfolgen Doping und Medikamentenmissbrauch haben kann, zeigt das Beispiel Italien, wo eine Reihe von Todesfällen und Krankheiten ehemalige Fußballer aufschreckt und sogar das Interesse der Staatsanwaltschaft weckte. Deren Untersuchung ergab schockierende Zahlen: Die heimtückische Nervenkrankheit ALS, Bauchspeichel-, Darm- und Leberkrebs kommen im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt bei italienischen Fußballern mindestens doppelt so oft vor. Insgesamt identifizierte die italienische Staatsanwaltschaft 70 verdächtige Todesfälle. Besonders betroffen sind ehemalige Spieler des AC Florenz, weshalb man schon vom „Fluch der Fiorentina“ spricht. Viele Spieler der 1960er und 1970er Jahre berichten von Amphetaminen und unbekannten Medikamenten, die ihnen unter anderem heimlich im Morgenkaffee verabreicht wurden.

Juves Doping-Apotheke

Alessandro del Piero; Quelle: sconosciuto; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Juventus Turin war die bestimmende Mannschaft der 1990er Jahre – national wie international – doch lag dies anscheinend nicht allein an dem fußballerischen Können seiner Spieler. Wie ein italienisches Gericht Anfang der 2000er feststellte, war Juventus‘ Apotheke so gut bestückt, dass sie „zur Versorgung einer mittleren Stadt ausgereicht hätte“. Des Weiteren ergaben Ermittlungen, dass beim mittlerweile 33-fachen italienischen Meister in den Jahren 1994 bis 1998 systematisches Doping betrieben wurde. Unter anderem mit EPO, worauf die Blutwerte einiger Top-Stars wie Zinedine Zidane, Alessandro del Piero oder Didier Deschamps, heutiger Nationaltrainer Frankreichs, hinwiesen. Trotz aller Beweise wurden die Verantwortlichen Turins freigesprochen und der Club durfte alle errungenen Titel behalten.

Die „Nandrolon-Epidemie“

Pep Guardiola; Quelle: Thomas Rodenbücher; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Anfang der 2000er Jahre gab es eine Reihe positiver Tests von Fußballern auf das Steroid Nandrolon. Betroffen davon waren u.a. die niederländischen Nationalspieler Frank de Boer, Edgar Davids und Jaap Stam, der franzözische Nationalspieler Christophe Dugarry, Portugals Nationalspieler Fernando Couto sowie Thomas Ziemer und der heutige Trainer-Guru Pep Guardiola. Alle sind entweder nur mit einer geringen Sperre oder einem Freispruch wegen Formfehler davongekommen. Fun Fact zu Thomas Ziemer: ihm wurde der bis dahin höchste jemals bei einem Menschen gemessene Wert für ein Anabolikum nachgewiesen.

Fuentes‘ exklusive Kunden

Xabi Alonso; Quelle: Football.ua; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Der Fuentes-Skandal erschütterte 2006 die gesamte Radsportwelt und beendete de facto Jan Ullrichs Karriere. Dass aber auch Fußballer, teilweise sogar ganze Fußballmannschaften, Kunden von Eufemiano Fuentes waren, ist kaum bekannt. Wie auch? Die spanische Justiz setzte alles daran, brisante Akten, die insbesondere den Fußball in ein schlechtes Licht rückten, unter Verschluss zu halten. Todesdrohungen gegen Fuentes selbst, sollte er über den Fußball auspacken wollen, taten ihr Übriges. Durchgesickert sind dennoch ein paar Details. So belieferte Fuentes den spanischen Verein Real Sociedad Sebastian von 1999 bis 2005 mit Dopingmitteln. Xabi Alonso, der dort bis 2004 spielte, erklärte jedoch, dass er niemals etwas von Doping mitbekommen habe. Die französische Zeitung Le Monde brachte außerdem den FC Barcelona, Real Madrid sowie FC Valencia und Betis Sevilla mit dem spanischen Doping-Guru in Verbindung.

Doping im deutschen Fußball

Günter Schlipper, Frank Mill, Peter Geyer, Johnny Rep – alle gaben Doping mit Amphetaminen oder Captagon während ihrer Karriere zu. Toni Schumacher beschrieb das Doping seiner Kollegen in seiner Autobiographie „Anpfiff“ von 1987 und musste mit den harten Konsequenzen leben. Paul Breitner und Dietmar Schatzschneider berichteten ebenfalls von Doping im Fußball, ohne sich allerdings selbst zu belasten. Dies sind nur einige Beispiele für die nicht unwesentliche Rolle des Dopings im deutschen Fußball. Des Weiteren fanden Sporthistoriker heraus, dass zumindest der VfB Stuttgart und SC Freiburg Ende der 1970er und Anfang 1980er Jahre regelmäßig mit Anabolika beliefert wurden. Lieferant war das Universitätsklinikum Freiburg, welches bis in die 2000er hinein das Doping-Epizentrum (West-) Deutschlands darstellte.

DDR: Doping auch für Fußballer

Das Staatsdopingsystem der DDR machte auch vor den Fußballern keinen Halt. Stasi-Akten belegen, dass ganze Mannschaften teilweise unwissentlich gedopt wurden. So bekamen die Spieler des DDR-Serienmeisters BFC Dynamo Amphetamine mit dem Ziel verabreicht, deren Aggressivität und Schnelligkeit zu steigern. Besonders vor wichtigen Spielen wie dem Europacup griff man zu dieser Maßnahme. Das Doping beschränkte sich jedoch nicht nur auf Amphetamine, sondern beinhaltete auch Steroide wie das Hausprodukt der DDR, Oral Turinabol. Der Dopingopfer-Hilfeverein, welcher sich seit Jahren um die Opfer des DDR-Staatsdopings kümmert, veröffentlichte erst dieses Jahr einen Schadensbericht, der eine Vielzahl schwerer Folgeschäden wie Depressionen, Krebs- und Lebererkrankungen beinhaltet. Betroffen seien Fußballer verschiedener Vereine, darunter des FC Carl Zeiss Jena oder Stahl Riesa.

Doping-News der Woche (KW 20)

Russland: Rusada, Fußball, weitere Dopingsperren und Wettkampfausschluss

Yelena Slesarenko | Quelle: Bjarte Hetland; Lizenz: CC BY-SA 3.0

Nachuntersuchungen diverser Doping-Proben haben zur Sperre von vier russischen Leichtathletinnen geführt. Darunter ist auch Yelena Slesarenko, Olympiasiegerin im Hochsprung von 2004, der man die Einnahme von Oral Turinabol (Steroide) bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking sowie bei der Weltmeisterschaft 2011 in Daegu nachwies. Dafür sperrte sie der russische Leichtathletik-verband für vier Jahre bis Oktober 2020. Betroffen sind außerdem Yekaterina Volkova (Hindernis), Ksenia Agafonova und Elizabeth Grechishnikova (beide Langstrecke), die ebenfalls positiv auf Oral Turinabol getestet und deshalb für zwei Jahre von jeglichen Wettkämpfen ausgeschlossen wurden.

Der Internationale Leichtathletik-Weltverband (IAAF) hat fünf russischen Gehern den Status als neutrale Athleten aberkannt: Klavdiya Afanasyeva, Olga Eliseeva, Yuliya Lipanova, Sergey Sharypov und Sergey Shirobokov, Silbermedaillengewinner der Weltmeisterschaft letztes Jahr in London über 20km, dürfen vorerst an keinen internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Grund hierfür sind Aufnahmen, die die Athleten beim Training mit Viktor Chegin zeigen. Dieser bekam nämlich ein lebens-langes Trainingsverbot auferlegt, nachdem eine große Anzahl seiner Schützlinge wegen Dopings aufgefallen waren.

Die russische Anti-Doping-Agentur (Rusada) bleibt weiterhin suspendiert. Das gab die WADA nach einer Sitzung ihres Exekutivkomitees bekannt. Damit die Sperre auf-gehoben wird, müsste die Rusada den McLaren-Bericht anerkennen und Zugang zu beschlagnahmten Dopingproben gewährleisten. Bisher weigert sich Russland allerdings konsequent. Außerdem droht der AIBA, dem Weltverband des Olympischen Boxsports, die Aberkennung der WADA-Konformität, d.h. die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio ist gefährdet. Die AIBA vergab letztes Jahr die Weltmeisterschaft 2019 nach Russland, obwohl internationale Verbände von der WADA angehalten wurden, dies zu unterlassen.

Es gibt des Weiteren neue Entwicklungen, was das Doping im russischen Fußball und den aktuellen WM-Kader des Gastgebers angeht. Hierzu ein Beitrag, der in der ARD Sportschau lief: hier.

Fußball: Dopingsperren für Paolo Guerrero & Joao Pedro

Paolo Guerrero | Quelle: Juan Diego Ugaz Ureta; Lizenz: CC0 1.0

Paolo Guerrero wird die Weltmeisterschaft in Russland wegen einer Dopingsperre verpassen. Der Kapitän der peruanischen Nationalmannschaft wurde im Oktober 2017 nach einem WM-Qualifikationsspiel gegen Argentinien positiv auf ein Abbauprodukt von Kokain getestet. Nachdem die FIFA seine Sperre von einem Jahr auf sechs Monate reduzierte, verlängerte der Internationale Sportgerichtshof CAS die Sperre nun auf 14 Monate. Guerrero macht einen Tee für den positiven Test verantwortlich, in dem Spuren von Kokain enthalten gewesen sein sollen. Der CAS begründete die Länge der Sperre jedoch damit, dass jeder Sportler selbst dafür verantwortlich sei, was er seinem Körper zuführe. Eine Dopingsperre von sechs Monaten muss hingegen Joao Pedro vom italienischen Erstligisten Cagliari Calcio absitzen – dem Brasilianer wurde die Einnahme des Diuretikums Hydrochlorothiazid nachgewiesen.

Gewichtheben: IWF veröffentlicht zahlreiche Doping-Vergehen

Der Internationale Gewichtheber-Verband hat diesen Monat einige Dopingvergehen veröffentlicht, darunter sind drei Athleten aus Malaysia. Ronny Bin Jesos, Muhamad Zaidi Bin Mohd Nordin sowie Muhamad Hakimie Haikal Bin Nordin wurden alle positiv auf das Steroid Stanozolol getestet. Somit droht Malaysia eine zweijährige internationale Wettkampfsperre. Fazal Karim Turkman aus Afghanistan und Asomuddin Sangov aus Tadschikistan wurden die Einnahme der Stimulanz Methylhexanamin nachgewiesen. Die Probe von Sunatullo Oyev, ebenfalls aus Tadschikistan, enthielt Spuren von Methylhexanamin und Furosemid (Diuretikum).

Reitsport: Lebenslange Dopingsperre für Australiens Top-Trainer

Dopingermittlungen haben zu etlichen Sperren im australischen Galoppsport geführt. So wurde unter anderem Robert Smerdon, einer der bekanntesten Trainer in dieser Disziplin, lebenslang gesperrt. Gegen sieben weitere Trainer sowie Funktionäre wurden ebenfalls Sperren in einer Höhe von bis zu vier Jahren ausgesprochen. Von 2010 bis 2017, so der Vorwurf, sollen im Reitstall Aquanita Racing Pferde mit leistungs-steigernden Medikamenten behandelt worden sein.

Leichtathletik: Spaniens Europameister wegen Doping-Handels gesperrt

Ilias Fifa, Europameister 2016 über 5.000m, wurde zusammen mit vier weiteren Leichtathleten (Ayoub Mokhtar, Idriss Lahouifi, El Mahdi Lahouifi und Mostafa Benslimane) wegen des Handels mit Dopingmitteln für jeweils vier Jahre gesperrt. Bereits im Oktober 2017 wurden die Sportler im Rahmen der Operation Chamberi verhaftet und befragt. Die Behörden in Spanien sehen es als bewiesen an, dass sie einem illegal handelnden Doping-Ring angehören. Der Langstreckenläufer Mostafa Benslimane soll der Kopf des Unternehmens gewesen sein.

Tennis: Freispruch für Alizé Cornet

Die französische Tennisspielerin Alizé Cornet ist knapp einer Dopingsperre entgangen. Der Internationale Tennisverband (ITF) sprach sie trotz drei verpasster Dopingkontrollen frei. Cornet sei am dritten verpassten Test nicht Schuld gewesen, da die Türsprechanlage ihrer Wohnung in Cannes defekt gewesen sei. Die Kontrolleurin hätte nicht alles in ihrer Macht stehende getan, um Alizé Cornet anzutreffen und zu kontrollieren.

 

Doping-News der Woche (KW 15)

Biathlon: Russischer Doping-Skandal weitet sich aus

Am Mittwochabend (11.04.) erwischte der Skandal um das russische Staatsdoping den Biathlon-Weltverband (IBU) mit voller Wucht. Ermittlungen der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Österreichs (WKStA) ergaben, dass führende Funktionäre der IBU, darunter der langjährige Präsident Anders Besserberg sowie die deutsche Generalsekretärin Nicole Resch, Bestechungsgelder von russischer Seite angenommen haben sollen. Die Rede ist von 65 vertuschten positiven Dopingproben in einem Zeitraum von 2012 bis 2017 sowie von ungefähr 35.000 Euro erschlichenes Preisgeld bei der Biathlon-WM 2017 in Hochfilzen. Anders Besseberg und Nicole Resch lassen bereits ihr Amt ruhen bzw. wurden suspendiert.

https://twitter.com/jellingworth/status/984367824410996736

Gewichtheben: IWF spricht Sperren wegen Doping aus und entzieht Startplätze für diverse Nationen

Der IWF veröffentlichte neue Anti-Doping-Regularien, die die Startplätze für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio neu regeln. So bekommen Nationen, die mehr als 20 Dopingfälle seit Juli 2008 vorweisen, nur einen Startplatz für je einen männlichen und einen weiblichen Teilnehmer zugeteilt. Dies betrifft zum Beispiel Nationen wie Russland, Kasachstan, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland. Nationen mit zehn bis 20 Dopingfällen seit Juli 2008 dürfen je zwei männliche und weibliche Teilnehmer zu den Spielen schicken. Davon betroffen sind der Iran und Indien. Außerdem sprach der IWF zwei Sperren wegen Dopings aus: der Aserbaidschaner Iuri Dudoglo wurde wegen der Einnahme des Steroids Dehydrocholomethyltestosteron (Oral Turinabol) für acht Jahre gesperrt, nachdem er bereits 2013 für zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen wurde. Ebenfalls ein Wiederholungstäter ist Alexandr Spac (Moldau), der wie Dudoglo bis Mai 2025 an keinerlei Wettkämpfen teilnehmen darf. Auch er wurde positiv auf Oral Turinabol getestet.

Leichtathletik: Krisztian Pars wegen Doping bis 2019 gesperrt

Quelle: Nyugat.hu; Lizenz: CC BY-SA 4.0

Der Hammerwurf-Olympiasieger von 2012, Krisztian Pars, ist bis Juli 2019 gesperrt worden. Um welche Substanz es sich dabei handelt, ist jedoch nicht bekannt. Sie soll aber keine leistungssteigernde Wirkung gehabt haben. Die Dopingprobe wurde demnach laut ungarischen Leichtathletikverband im Januar 2018 genommen. Krisztian Pars ist zweimaliger Europameister (2012 und 2014) und gewann bei Weltmeisterschaften zweimal Silber (2011 und 2013).

Radsport: Positive Dopingprobe bei Remy di Gregorio

Der französische Radrennfahrer Remy di Gregorio gab während der diesjährigen Etappenfahrt Paris-Nizza eine positive Dopingprobe ab, die das EPO-Präparat Darbepoetin enthielt, und ist nun vorläufig gesperrt. Di Gregorio wurde bereits während der Tour de France 2012 des Dopings verdächtigt, als er verhaftet und von dem Rennen ausgeschlossen wurde. Allerdings sprach ihn ein französisches Gericht 2013 frei, da die bei ihm gefundenen Substanzen sich als harmlose Vitamine herausstellten. Sein damaliges Team Cofidis rechtfertigte seine damalige Entlassung jedoch mit deren Teamregeln, die es nicht erlaubten, mit externen Medizinern zusammen zu arbeiten, was di Gregorio wohl tat.

Commonwealth Games: Zwei indische Sportler wegen Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen ausgeschlossen

Zwei indische Leichtathleten, Rakesh Babu (Dreisprung) und Irfan Kolothum Thodi (Gehen), wurden von den Commonwealth Games in Australien ausgeschlossen, nachdem man Spritzen in ihrem Besitz gefunden hatte. Somit verstießen sie gegen die „No Needle-Policy“, die intravenöse Injektionen nur bei medizinischen Ausnahmen genehmigt. Diese lagen jedoch nicht vor. Drei indische Funktionäre erhielten außerdem eine öffentliche Verwarnung. Bereits vor den Spielen, wie letzte Woche von Sport.Politik berichtet, fand man Spritzbesteck im Quartier der indischen Boxer. In diesem Fall wurden jedoch keine Sportler disqualifiziert.

Tennis: Weltranglisten-83. verklagt WTA und ITF wegen gesundheitsschädigender Doping-Kontrollen

Quelle: Keith Allison; Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Tennisspielerin Madison Brengle (USA) verklagt die Women’s Tennis Association (WTA) und den Tennis-Weltverband (ITF) auf Schadensersatz in Millionenhöhe. Grund hierfür sind die Bluttests der ITF, die den rechten Arm der Spielerin auf Dauer geschädigt haben sollen. Madison Brengle leide nämlich an einer Krankheit, die extreme Schmerzen durch intravenöse Injektionen verursache. Das habe die ITF bei der Anordnung von Dopingkontrollen trotz medizinischen Attests ignoriert. Dadurch sei Brengles Arm so angeschwollen, dass sie unter anderem das Erstrunden-Match bei den US Open 2016 absagen musste. Außerdem sei ihr Aufschlag seitdem nicht mehr so kraftvoll. Nun möchte sie durch die Klage verlorenes Preisgeld geltend machen.

US-Sport: Dopingsperren in der NBA und NFL

Quelle: Ed Yourdon; Lizenz: CC BY-SA 2.0

Shooting Guard Jodie Meeks von der Basketballmannschaft Washington Wizards wurde die Einnahme des Wachstumshormons Ipamorelin nachgewiesen. Die NBA sperrte ihn deshalb für 25 Spiele. Somit fällt Meeks für die kommende Playoff-Serie gegen die Toronto Raptors aus. American Footballer Mark Sanchez, derzeit als Free Agent in der NFL unterwegs, muss wegen Dopings die ersten vier Spiele der nächsten Saison aussetzen. Auf welche Substanz Sanchez positiv getestet wurde, ist bislang allerdings nicht bekannt.

Die Doping-News der letzten Woche(n) (KW 14)

Gewichtheben: Zwei Olympioniken positiv getestet

Der Internationale Gewichtheber-Verband (IWF) veröffentlichte Anfang April die beiden positiven Doping-Tests von Oleksandr Pielieshenko (Ukraine) und Sona Poghosyan (Armenien). Letzterer wurde das Wachstumshormon GHRP-2 nachgewiesen, somit droht der EM-Dritten (-75kg) von 2017 eine vierjährige Sperre. Eine achtjährige Sperre erwartet dagegen Pielieshenko, da er bereits von 2013 bis 2015 wegen Steroiddopings aus dem Verkehr gezogen wurde. Diesmal wies man dem Europameister von 2016 in der -85kg-Kategorie das Diuretikum Chlorthalidon nach.

Gewichtheben: Armenien verwickelt in russischen Dopingskandal

Laut einem Bericht der Journalisten von hetq.am profitierten armenische Gewichtheber und Gewichtheberinnen vom russischen Staatsdoping-Programm, welches 2015 aufgedeckt wurde. So wurden die Dopingproben der Sportler regelmäßig im Moskauer Dopinglabor untersucht, um sicherzustellen, dass nur „saubere“ Athleten an internationalen Wettkämpfen teilnehmen würden. Außerdem wurden die Sportler vor internationalen Kontrollen gewarnt. Sollten die Dopingproben trotz alledem positiv ausgefallen seien, wurden sie vom Dopinglabor in Moskau als negativ deklariert. Außerdem berichteten die Gewichtheber, dass die Dopingmittel vom armenischen Gewichtheber-Verband gestellt wurden und dieser über alle Doping-Aktivitäten der Sportler unterrichtet war. Derzeit ist Armenien vom IWF für ein Jahr von allen internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Grund hierfür waren die zahlreichen positiven Nachtests von armenischen Gewichthebern bei den Olympischen Spielen 2008 und 2012.

Handball: Russland wird wegen Dopings EM-Silber aberkannt

Die russischen Handball-Damen verlieren ihre Silbermedaille, die sie bei der letztjährigen U19-EM in Slowenien gewannen, nachdem drei ihrer Spielerinnen positiv auf das Herzmittel Meldonium getestet wurden. Antonina Skorobogatchenko, Maria Duvakina und Mariia Dudina erhielten deswegen bereits im Januar diesen Jahres eine Sperre von 20 Monaten, die rückwirkend ab September 2017 gilt. Außerdem muss der russische Handball-Verband eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro bezahlen.

Boxen: Spritzenfund bei Indiens Boxern

Im Vorfeld der Commonwealth Games an der australischen Gold Coast fand man Spritzen im Müll der Unterkunft, in der die indische Boxmannschaft untergebracht ist. Obwohl die Medizinische Kommission der Commonwealth Games Federation einen Verstoß gegen die „No Needle Policy“ feststellte, erhielt der Mannschaftsarzt Amol Patil lediglich eine öffentliche Verwarnung. Dieser gab nämlich an, einem Athleten eine Vitamin-Injektion gesetzt zu haben und somit nicht gegen Anti-Doping-Bestimmungen verstoßen zu haben. Bereits bei den letzten Commonwealth Games 2014 in Schottland sowie bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro wurden Spritzen im Quartier der Inder entdeckt. Für diese Vorfälle erhielten sie ebenfalls jeweils eine öffentliche Verwarnung.

US-Sport: Dopingfälle im American Football und Baseball

Linebacker Thomas Davis von den Carolina Panthers wurde von der NFL für vier Spiele wegen Dopings gesperrt. Welche Substanz zu dem positiven Test führte, ist unbekannt. Allerdings sprach Davis in einer von ihm veröffentlichten Stellungnahme von einem Estrogen-Blocker, der seiner Meinung nach in einem Nahrungsergänzungsmittel enthalten war. Ebenfalls positiv getestet wurde der Baseballer Michael Chavis, die größte Nachwuchshoffnung der Boston Red Sox. Er erhielt eine Sperre von 80 Spielen, da ihm die Einnahme des Steroids Dehydrochlormethyltestosteron – eher bekannt als DDR-Dopingmittel Oral Turinabol – nachgewiesen werden konnte.

Allgemein: US-Dopingfahndern geht Topdealer ins Netz

In den USA ist ein Dopingdealer mit seinen Geschäften aufgeflogen. Michael A. Moorcones, unter seinem Alias Thomas Mann im Internet unterwegs, soll über 8.000 Kunden, darunter etliche Profi-Sportler aus der Leichtathletik, American Football, etc., mit Dopingmitteln beliefert haben. Die New York Times hat darüber berichtet, nachzulesen hier.

Das IOC und Doping: Konsequent inkonsequent

Die ersten Olympischen Winterspiele fanden 1924 in Chamonix statt, den ersten Dopingfall gab es allerdings erst 1972: Alois Schloder, ein deutscher Eishockeyspieler, wurde positiv auf die Stimulanz Ephedrin getestet. Bei den Spielen 2006 wurde fast die gesamte männliche Biathlon- und Langlaufmannschaft der Österreicher ausgeschlossen. Die Polizei fand damals bei einer Razzia Utensilien, die auf Blutdoping hinwiesen. Unvergessen auch der Fall der Evi Sachenbacher-Stehle, die wegen eines positiven Dopingbefundes (Methylhexanamin) von den Spielen in Sotschi 2014 ausgeschlossen und anschließend für sechs Monate gesperrt wurde.

Dass Doping bei Olympischen (Winter)Spielen keine Seltenheit ist, war also bereits vor den Enthüllungen über das russische Staatsdoping allseits bekannt. Weitere Beispiele gefällig? Das DDR-Staatsdoping, die zahlreichen positiven Nachtests der Sommerspiele 2008 und 2012 sowie die vielen weiteren Dopingfälle wie etwa der von Johan Mühlegg 2002 in Salt Lake City. Doch für das IOC scheinen diese Vorkommnisse stets eine ziemlich große Überraschung gewesen zu sein. Zumindest lässt dessen Umgang mit Russland keinen anderen Schluss zu.

Die Osaka-Regel

Nach dem halbherzigen Ausschluss Russlands für die Olympischen Spiele in Pyeongchang lag die Entscheidungsgewalt allein beim IOC, welche Sportler eingeladen werden und welche nicht. Ausschlaggebend sollten deren mögliche Verwicklung in das russische Staatsdoping und / oder andere vorangegangene Dopingvergehen sein. Bereits im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro kam es zu einer ähnlichen Situation.

Als damals die Sanktionierung Russlands an die Weltverbände weiterdelegiert wurde, versuchte das IOC, russische Athleten auszuschließen, die zuvor eine Dopingsperre verbüßt hatten. Dies scheiterte jedoch grandios und sozusagen mit „Ansage“. Denn schon 2011 urteilte der Internationale Sportsgerichthof CAS, dass die sogenannte Osaka-Regel auszusetzen sei. Die besagte nämlich, dass Athleten, die mindestens sechs Monate wegen eines Dopingvergehens gesperrt waren, nicht an den darauffolgenden Olympischen Spielen teilnehmen durften. Diese Regelung sei jedoch eine zweifache Bestrafung des Athleten und deshalb unrechtsmäßig, befand das CAS.

Aufgrund dieser Tatsache, die dem IOC vorher sehr wohl bewusst gewesen sein dürfte, konnte sich zum Beispiel die russische Schwimmerin Yulia Efimova trotz zweier Dopingvergehen vor dem CAS zu den Spielen nach Rio de Janeiro klagen, um dann mit zwei Silbermedaillen nach Hause fahren zu können. Zwei Jahre später sind die Voraussetzungen allerdings andere. Das IOC hat dieses Mal das Recht auf seiner Seite, da das Nationale Olympische Komitee Russlands suspendiert ist. Am Ende sind die Olympischen Spiele doch immer noch ein Einladungsturnier.

Die Fälle Denis Yuskov und Pavel Kulizhnikov

Insgesamt 49 russische Sportler dürfen nun also doch nicht an den Spielen in Pyeongchang teilnehmen, obwohl sie sich dafür formell qualifiziert hatten – einige wegen ihrer Verwicklung in das Staatsdopingsystem, andere ausschließlich aufgrund vergangener Dopingsperren. Zu Letzteren zählen die beiden Eisschnellläufer Denis Yuskov und Pavel Kulizhnikov: Denis Yuskov ist mehrfacher Weltmeister, wurde aber 2008 wegen Cannabismissbrauch für vier Jahre gesperrt. Und auch Pavel Kulizhnikov, ebenfalls mehrfacher Weltmeister, verbüßte bereits eine Dopingsperre von zwei Jahren. Beiden konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, vom russischen Dopingsystem profitiert zu haben, Denis Yuskov wurde sogar von diesen Vorwürfen freigesprochen. Dennoch wurde beiden die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Pyeongchang verwehrt. Dabei setzte das CAS 2011 genau diese Art der Bestrafung aus. Umgekehrt heißt dies aber nicht, dass nur Athleten und Athletinnen an den Wettkämpfen teilnehmen, die noch nie wegen Dopings aufgefallen sind. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Während es bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro mindestens 120 Teilnehmer mit nachgewiesenen Vergehen gegen Dopingbestimmungen waren, sind es bei diesen Spielen mindestens 14. Warum diese Sportler antreten dürfen, kann auch nur das IOC beantworten.

Hier sind sie:

Denise Herrmann (Biathlon)

Quelle: Wikijunkie, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die frühere Langläuferin wurde im September 2007 positiv auf Clenbuterol getestet und für ein Jahr gesperrt. Aufgrund ihres Jungen Alters, 18 Jahre, und dem Umstand, dass der Wirkstoff in dem Hustensaft Spasmo Mucosolvan enthalten war, verhängte der DSV eine vergleichsweise kurze Sperre. Nach Staffelbronze in Sotschi 2014 wechselte sie 2016 zum Biathlon und ist eine der Medaillenhoffnungen in der deutschen Mannschaft.

Artem Tyshchenko und Eva Tofalvi (Biathlon)

Der Ukrainer Artem Tyshchenko und Eva Tolfalvi aus Rumänien gehörten zu einer Reihe von Athletinnen und Athleten, denen Anfang des Jahres 2016 Meldonium, ein Herzmedikament, nachgewiesen werden konnte. Da Meldonium erst seit Januar 2016 auf der WADA-Verbotsliste steht und bisher noch nicht geklärt ist, wie lange der Abbau des Medikamentes im Körper dauert, wurde ein Großteil der positiv getesteten Sportler vorläufig freigesprochen. Dazu zählten auch Artem Tyshchenko und Eva Tofalvi.

Nadezhda Sergeeva (Bob)

Auch die russische Bobsportlerin Nadezhda Sergeeva wurde wegen eines Meldonium-Vergehens 2016 freigesprochen und darf nun als Olympische Athletin aus Russland in Pyeongchang starten. Sie nahm bereits in Sotschi teil und gewann die Silbermedaille im Zweierbob bei den Europameisterschaften 2017 in Winterberg.

Ekaterina Bobrova (Eiskunstlauf)

Quelle: Kremlin.ru, Lizenz: CC BY 4.0

Die russische Eistänzerin Ekaterina Bobrova, Goldmedaillengewinnerin im Team bei den letzten Olympischen Spielen in Sotschi, wurde ebenfalls positiv auf Meldonium getestet und verpasste deshalb mit ihrem Partner Dmitri Soloviev die Weltmeisterschaften 2016 in Boston. Die Internationale Eislaufunion (ISU) sprach sie jedoch wegen der geringen Konzentration von Meldonium im Blut frei. Sie startet als Olympische Athletin aus Russland bei den Spielen in Pyeongchang.

Carolina Kostner (Eiskunstlauf)

Carolina Kostner fiel weder durch einen positiven Dopingtest auf, noch konnte ihr in sonst einer Weise Doping nachgewiesen werden. Gesperrt wurde sie trotzdem für 21 Monate. Das Olympische Komitee Italiens belangte Kostner wegen Mitwisserschaft und Behinderung in einem Dopingfall, welcher ihren damaligen Lebensgefährten, den Olympiasieger im Gehen von 2008, Alex Schwazer betraf. Seit Anfang 2016 ist sie wieder startberechtigt und gilt trotz ihres für Eiskunstläuferinnen ungewöhnlich hohen Alters von 31 Jahren als Mitfavoritin.

Claudia Pechstein (Eisschnelllauf)

Quelle: Bjarte Hetland, Lizenz: CC BY 3.0

Komplizierter geht es kaum: Die deutsche Eisschnellläuferin wurde 2009 als eine der ersten Athleten aufgrund eines indirekten Nachweises von Blutdopings für zwei Jahre gesperrt. Claudia Pechstein kämpfte sich zwar beharrlich durch alle Instanzen, scheiterte aber mit ihrer Begründung, an einer Kugelzellenanämie zu leiden, und wurde von den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver ausgeschlossen. Ein halbes Dutzend Gerichtsverfahren später ist sie vom DOSB rehabilitiert, die ISU bleibt aber bei ihrem Urteil. 2017 gewann sie noch einmal WM-Silber und tritt nun mit 45 Jahren bei ihren siebten Olympischen Spielen an. Der DOSB schlug sie sogar als Fahnenträgerin vor – damit wäre sie nach dem Biathleten Peter Angerer die zweite deutsche Fahnenträgerin gewesen, die schon einmal wegen Dopings gesperrt war.

Judith Dannhauer (Eisschnelllauf)

Judith Dannhauer war 2012 unter ihrem Mädchennamen Hesse in eine Dopingaffäre verwickelt, die die dem Anti-Doping-Kampf die Grenzen aufzeigten. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stand der Erfurter Sportmediziner und Olympiastützpunktarzt Andreas Franke, der seine Patienten einer Behandlung unterzog, die seit Januar 2011 auf der WADA-Verbotsliste stand: nämlich die UV-Bestrahlung von Blut. Obwohl Judith Dannhauer nachweislich Patientin von Andreas Franke war und diese Methode bei ihr angewandt wurde, wurde sie von der NADA freigesprochen. Laut Urteilsbegründung lag zwar ein Dopingvergehen vor, eine individuelle Schuld konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Zu Gute gehalten wurde Dannhauer, dass sie vom Verbandsarzt an Andreas Franke verwiesen wurde und dass Franke auf ihr mehrmaliges Nachfragen, ob diese Methode dem NADA-Code widerspräche, dies verneinte. Die Spiele in Pyeongchang sind ihre vierten.

Justyna Kowalczyk (Langlauf)

Die zweifache Olympia-Goldmedaillengewinnerin aus Polen wurde 2005 wegen eines positiven Tests auf Dexamethason, einem Glucocorticoid, für ein Jahr gesperrt. Die ursprüngliche Sperre von zwei Jahren wurde vom CAS verkürzt, da ihr keine absichtliche Leistungssteigerung nachgewiesen werden konnte. Aufmerksamkeit erregte sie während der Olympischen Spiele 2010 in Vancouver, als sie der norwegischen Mannschaft den übermäßigen Gebrauch von Asthmamitteln vorwarf.

 

 

Martin Johnsrud Sundby (Langlauf)

Martin Johnsrud Sundby, Langläufer aus Norwegen und mehrfacher Medaillengewinner bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, wurde im Sommer 2016 für zwei Monate aus dem Verkehr gezogen, nachdem ihm die Einnahme des Asthmamittels Salbutamol nachgewiesen wurde. Die WADA legte aufgrund der kurzen Sperre Einspruch beim CAS ein, die zweimonatige Sperre wurde jedoch bestätigt. Der Begründung zufolge leide Sundby seit seiner Kindheit an Asthma und habe das Medikament nicht zum Zweck der Leistungssteigerung eingenommen. Der Gesamtsieg bei der Tour de Ski 2015 wurde ihm aber trotzdem aberkannt.

Semen Elistratov und Ekaterina Konstantinova (Shorttrack)

Quelle: Kremlin.ru, Lizenz: CC BY 4.0

Die beiden Shorttracker aus Russland wurden wie ihr Eisschnelllaufkollege Pavel Kulizhnikov Anfang 2016 positiv auf Meldonium getestet, durften aber wie im Dopingfall von Ekaterina Bobrova relativ schnell wieder an Wettkämpfen teilnehmen. Laut ISU konnte kein Nachweis erbracht werden, dass die Athleten das Herzmedikament auch noch nach Januar 2016 mit dem Zweck zur Leistungssteigerung einnahmen. Für Semen Elistratov sind es die dritten Olympischen Spiele, für Ekaterina Konstantinova die ersten. Beiden starten als Olympische Athleten aus Russland.

Thibaut Fauconnet (Shorttrack)

Dem Franzosen wurde der Gebrauch eines Nasensprays zum Verhängnis, in dem der Wirkstoff Tuaminoheptan enthalten war. Dies hatte zur Konsequenz, dass Fauconnet ab Dezember 2010 eine Sperre von 18 Monaten verbüßen musste. Er startet bei seinen dritten Olympischen Spielen.

Sanna Lüdi (Skicross)

Sanna Lüdi wurde 2015 für ein Jahr von allen Wettkämpfen ausgeschlossen, da sie in einem Zeitraum von 18 Monaten drei Dopingkontrollen verpasste. Sie erklärte diese Meldeverstöße mit ihren damaligen Verletzungen, auf deren Genesung sie sich voll und ganz konzentriert hätte und dabei die jeweiligen Meldepflichten aus den Augen verlor. Auch für sie ist es die dritte Teilnahme an Olympischen Spielen.