Die republikanische US-Senatorin Kelly Loeffler preist sich selbst als eine der treuesten Unterstützerinnen Donald Trumps, ist aber gleichzeitig auch die Mitinhaberin des WNBA-Teams Atlanta Dream. Über eine gescheiterte Beziehung.
Der 5. Januar 2021 gilt als Schicksalstag für die US-amerikanische Politik der nächsten Jahre. Bei den Senats-Stichwahlen in Georgia entscheidet sich, wer künftig die Mehrheit im US-Senat für sich beanspruchen wird. Sollten beide Stichwahlen an die Demokraten gehen, hätten diese dort das letzte Wort. Die derzeitige Amtsinhaberin Kelly Loeffler dürfte allerdings etwas dagegen haben. Doch wer ist sie und was hat sie mit Sport zu tun?
Loeffler wurde 1970 in eine wohlhabende Farmer-Familie hineingeboren und ist seit 2004 mit dem Vorsitzenden der New Yorker Börse verheiratet. Vor knapp einem Jahr ernannte der Gouverneur Brian Kemp Loeffler zur US-Senatorin für den Bundesstaat Georgia, da ihr Vorgänger sein Amt aufgrund von gesundheitlichen Problemen aufgeben musste. US-Präsident Donald Trump hätte zwar einen anderen Kandidaten bevorzugt, hat aber seit diesem Zeitpunkt in Kelly Loeffler seinen größten Fan.
So hält sie eisern an den Wahlbetrugsvorwürfen Trumps fest und spielt öffentlich immer wieder die Gefahren durch die Corona-Pandemie herunter. Privat scheint sie den Corona-Virus jedoch ernster zu nehmen – zumindest wenn es ihre finanziellen Angelegenheiten betrifft. Gegen Loeffler und weitere Senatoren wurde ermittelt, da diese direkt nach einer US-Senatssitzung im Januar 2020, in der über das weitere Vorgehen aufgrund des Coronavirus beraten wurde, pandemieanfällige Aktien abstoßten und profitversprechende Aktien kauften. Bei der US-Wahl im November 2020 belegte Loeffler anschließend nur den zweiten Platz hinter ihrem demokratischen Herausforderer Raphael Warnock, einem Baptistenpastor, und muss nun in die Stichwahl.
Kelly Loeffler ist Mitinhaberin eines WNBA-Teams
Einen großen Anteil an dieser Niederlage dürften auch die Spielerinnen der WNBA, insbesondere des Teams Atlanta Dream, haben. Die Atlanta Dream wurden 2008 gegründet, seit 2011 fungieren Kelly Loeffler und die Philanthropin Mary Brock als Besitzerinnen des Teams. Die letzte Saison war wohl für alle Beteiligten zum Vergessen, sowohl sportlich – die Atlanta Dream verpassten die Playoffs – als auch atmosphärisch. Das lag vor allem an Äußerungen, die Loeffler im Sommer 2020 tätigte.
Auf dem Höhepunkt der Black Lives Matter-Proteste in Folge des Mordes an dem Afroamerikaner George Floyd durch vier Polizisten richtete sich Loeffler in einem Brief an die Liga-Chefin Cathy Engelbert. Ihr Anliegen: Die WNBA solle den Spielerinnen und Teams den Protest untersagen. Außerdem würde die Black Lives Matter-Bewegung Gewalt und Zerstörung im Land verursachen. Sowieso hätte Politik nichts im Sport verloren, Sport solle das Land einen und nicht spalten. Diese Aussagen gingen wie eine Schockwelle durch die WNBA – einer Liga, die sich mit ihrem sozialen und politischen Engagement rühmt.
Noch vor dem Kniefall von US-Footballspieler Colin Kaepernick protestierten die Spielerinnen der Minnesota Lynx im Juni 2016 gegen Polizeigewalt und agierten im Anschluss in Solidarität mit Kaepernick. Auch im Kampf um die LGBTQ-Rechte ist die WNBA den anderen großen Profiligen in den USA weit voraus. Bereits seit 2001 feiert die Liga, in der viele Spielerinnen offen homosexuell leben, den Pride Month – und das in einer Zeit, als homosexuelle Sportler*innen in den USA noch ein Tabu waren. 2018 ging die WNBA eine Kooperation mit Planned Parenthood, einer Non-Profit-Organisation, die vielen Abtreibungsgegner ein Dorn im Auge ist, ein. Die Mutterschutz-Regelungen der WNBA suchen in der Sportwelt ihresgleichen.
Das eigene Team stellt sich gegen Loeffler
Deshalb ließen die Reaktionen auch nicht lange auf sich warten. Die Spielerinnen der Atlanta Dream veröffentlichten ein Statement, in dem es hieß: „Es ist nicht übertrieben, nach Jahrhunderten der Ungleichheit Veränderungen zu fordern. Dies ist kein politisches Statement. Dies ist ein Statement der Menschlichkeit.“
Und auch Liga-Chefin Engelbert distanzierte sich von Loeffler. Die Liga werde sich auch in Zukunft zu politischen Themen äußern und sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Die Spielerinnen gingen sogar noch einen Schritt weiter. Im Vorfeld einer Reihe von Spielen riefen Spielerinnen aller Mannschaften, inklusive der Atlanta Dream, dazu auf, Loefflers Herausforderer Raphael Warnock zu wählen. Innerhalb von zwei Tagen nach dieser Protestaktion konnte Warnock fast 200.000 US-Dollar Spenden sammeln, welche er unter anderem für TV-Werbung einsetzte. Daraufhin stiegen seine Umfragewerte. Loeffler posierte seitdem – ihrer Aussage nach unwissentlich – mit dem ehemaligen Ku Klux Klan-Anführer Chester Doles für ein Foto und schloss sich der Bewegung einiger Senatoren an, die am 6. Januar gegen die Wahlergebnisse Einspruch erheben wollen.
Es bleibt abzusehen, wie lange die WNBA Kelly Loeffler noch in ihren Reihen dulden wird. Beim Kauf der Atlanta Dream hätte Loeffler jedoch ahnen können, worauf sie sich in der WNBA einlässt: Der Teamname ist nämlich eine Anlehnung an Martin Luther King Jr.‘s berühmte „I have a dream“-Rede von 1963.
Der Leichtathletik-Weltverband IAAF – oh sorry, World Athletics natürlich – kommt einfach nicht mehr aus den Schlagzeilen heraus. Zuerst der Doping-Skandal um Russland, der Fall Caster Semenya und nun schließlich die Technik-Doping-Vorwürfe gegen Nike.
Als Eliud Kipchoge letzten Oktober als erster Mann in der Geschichte den Marathon unter zwei Stunden lief, hatte das nicht nur begeisterte Reaktionen zur Folge. Dies lag an den Laborbedingungen, unter welchen diese historische Leistung entstand. Dass dieser Lauf niemals als Weltrekord anerkannt werden würde, stand jedoch bereits vorher fest. Grund hierfür waren nicht nur die Streckenführung und die 41 abwechselnden Tempomacher, sondern auch die Wahl der Schuhe. Kipchoge trug nämlich mit dem Nike Air Zoom Alphafly NEXT% eine bis heute nicht auf dem Markt verfügbare Weiterentwicklung der ZoomX Vaporfly Next%-Serie. Zusammen mit dem Vorgängermodell Vaporfly 4%, mit dem er bereits im Oktober 2018 den offiziellen Marathon-Weltrekord brach, bilden diese Schuhe nun den Stein des Anstoßes in der Debatte um Technik-Doping in der Leichtathletik.
Seit Einführung dieser Nike-Modelle im Jahr 2016 purzeln die persönlichen Bestleistungen und Rekorde auf der Straße sowie der Bahn. Hierzu ein paar Fakten: einen Tag nach der sogenannten „Ineos 1:59 Challenge“ pulverisierte Brigid Kosgei beim Chicago-Marathon den 16 Jahre alten Weltrekord von Paula Radcliffe um 81 Sekunden und unterbot ihre eigene Bestleistung sogar um mehr als vier Minuten. Dabei trug sie ebenfalls einen Prototyp aus der Alphafly-Serie. Mit Vaporfly-Modellen waren dagegen die gesamte Top 10 der Männerkonkurrenz unterwegs. Überhaupt sind die fünfschnellsten Zeiten im Herren-Marathon in den letzten 13 Monaten von Athleten in Vaporfly-Modellen oder deren Weiterentwicklung gelaufen worden. Dies gilt ebenso für die 31 der 36 Podestplätze in den sechs zu den World Marathon Majors gehörenden Rennen. Bereits 2016 wurden die ersten drei Plätze beim Olympia-Marathon in diesen Schuhen errungen. Die Liste ist endlos.
Technik-Doping bei Nike?
Das Gefühl, wie auf einem Trampolin zu laufen – so beschreibt es der US-amerikanische Läufer Jake Riley nach dem Chicago Marathon. Dies kommt der Realität ziemlich nahe. Die Nike-Modelle bestechen durch eine dicke hintere Sohle, welche aus dem sogenannten ZoomX-Schaumstoff besteht, und verfügen über mindestens eine durchgehende Karbonfaserplatte, die wie eine Springfeder funktioniert. Bei den Alphafly-Modellen von Kosgei und Kipchoge treibt es Nike dabei auf die Spitze: nicht nur ist die Sohle noch dicker, sie haben darüber hinaus noch zwei zusätzliche Luftkissen im vorderen Teil der Sohle. Das hat eine enorme Kraftersparnis zur Folge. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie, die 2017 in der Fachzeitschrift „Sports Medicine“ veröffentlicht wurde. Danach verbesserte sich die Laufökonomie in Vaporflys um rund vier Prozent im Vergleich zu anderen beliebten Laufschuhen. In einer Sportart, bei der es um jede hundertstel Sekunde geht, sind dies bedeutende Unterschiede. Die „New York Times“ kam bei ihrer letztjährigen Untersuchung von rund einer Millionen Rennen – Halbmarathons und Marathons – zu einem ähnlichen Resultat. Demnach gingen 41 Prozent der Sub-3 Stunden-Ergebnisse auf das Konto von Läufer*innen, die sich entweder für die herkömmlichen Vaporfly 4% oder die Vaporfly Next%-Modelle entschieden.
Diese auffälligen Leistungssprünge, aber auch die Erfolgsserie von Nike-Athlet*innen sorgt für Kritik sowohl aus Sportler*innen- als auch Wissenschaftskreisen. Nike wird Technik-Doping vorgeworfen – also die Steigerung der Leistung durch technische Hilfsmittel – und das ausgerechnet in einer Sportart, in der der Körper im Mittelpunkt der Leistung stehen sollte. Eine Läuferin, die diese Diskussion Anfang Januar aus Athletensicht befeuerte, war Kara Goucher, die bereits 2015 als Whistleblowerin den Doping-Prozess gegen das Nike Oregon Projekt ins Rollen brachte. In einem Interview mit dem „Forbes Magazine“ bezeichnete sie sich selbst als wohl erste Athletin, die die Olympischen Spiele aufgrund der falschen Schuhwahl verpasste. Bei der nationalen Olympia-Qualifikation 2016 im Marathon belegte sie nur den vierten Platz – hinter den beiden Nike-Athletinnen Shalane Flanagan und Amy Cragg in Vaporflys sowie Des Linden. Nike streitet diese Vorwürfe natürlich ab. Die Schuhe würden nur für eine Kraftersparnis bei den Athlet*innen sorgen und nicht, wie bei Doping üblich, Energie hinzuführen.
Erinnerung an die Weltrekord-Ära im Schwimmen
Die Diskussion führen jedoch nicht nur „altmodische“ Puristen, die gegen jeglichen technischen Fortschritt sind und Läufer*innen am liebsten barfuß sehen wollen würden. Es wird auch der fehlende gleichberechtigte Zugang zu den Nike-Schuhen bemängelt. So sind Prototypen wie der Nike Air Zoom Alphafly NEXT% nur einem ausgewählten Kreis um Nike-Athlet*innen wie Kosgei oder Kipchoge vorbehalten – davon mal abgesehen, dass dieses Modell noch gar nicht mal offiziell auf dem Markt ist. Doch auch andere Sportartikelhersteller holen auf. Joyciline Jepkosgei, die Weltrekordlerin über die Halbmarathon-Strecke, blieb bei ihrem Marathon-Debüt im November 2019 in New York nur sieben Sekunden über dem Streckenrekord – auch dank des neuen Adidas-Schuhs adizero Pro, welcher als direkte Reaktion auf die Nike-Modelle zu verstehen ist. Auch der Weltrekord auf der 10-Kilometer-Strecke vom Januar 2020 geht auf Adidas‘ Konto. Dennoch fällt es anderen Sportausstattern im Wettlauf um den besten Schuh schwer, aufgrund der großen Anzahl von Nike-Patenten ein adäquates Konkurrenzprodukt auf den Markt zu bringen.
Diese Materialschlacht erinnert an eine Zeit im Schwimmsport, als Speedo vor knapp zehn Jahren ebenfalls textiles bzw. Technik-Doping vorgeworfen wurde. Damals waren Ganzkörperschwimmanzüge en vogue, vorzugsweise Speedos LZR Racer, welcher die Haut von Haien imitieren und somit unter anderem die Durchblutung der Muskeln fördern sollte. Eine Flut von Weltrekorden zwischen 2008 und 2010 war die Folge: allein im ersten Monat nach der Einführung des Anzugs Anfang 2008 fielen 13 Weltrekorde, bis zum Verbot durch die FINA 2010 sollten es noch 130 werden. 98 Prozent aller bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking gewonnenen Medaillen wurden mit dem LZR Racer. Wie nun im Fall der Nike-Schuhe regte sich Unmut unter den Schwimmer*innen, die keinen Zugang zu den Wunderanzügen hatten – entweder weil sie durch Verträge an andere Sponsoren gebunden waren oder weil sie sich die 550 US-Dollar für einen Anzug, den man nur ungefähr zehnmal tragen konnte, einfach nicht leisten konnten oder wollten. Dies und die darauffolgende Materialschlacht zwischen den Sportausstattern sorgte nach reichlich Zögern auf Seite der FINA für ein endgültiges Verbot 2010.
Solch ein Verbot fordern nun auch die Gegner der Nike-Schuhe vom Leichtathletik-Weltverband. Dieser reagierte zwar nicht so drastisch wie die FINA, stellte aber Ende Januar zumindest neue Regularien auf. So dürfen die Sohlen von nun an nicht mehr dicker als 40 Millimeter sein, bei sogenannten Spikes sogar nur 30 Millimeter. Außerdem ist nur noch eine Karbonfaserplatte im Schuh erlaubt. Der wichtigste Punkt betrifft jedoch die Verfügbarkeit des Schuhs. So müssen alle Schuhe, die im Wettkampf getragen werden, bereits mindestens vier Monate im Handel erhältlich gewesen sein. Diese Regel tritt am 30.04.2020 in Kraft, also pünktlich zu den Olympischen Spielen im August. Zufällig erfüllen Nikes Schuhe all diese Kriterien, allen voran deren neues Modell, der Air Zoom Alphafly NEXT%: er kommt nicht nur passenderweise im März auf dem Markt, sondern er entspricht mit einer Sohlendicke von 39,5 Millimeter gerade so den neuen Regularien. Diese für Nike glückliche Fügung und deren enge Geschäftsbeziehung zum World Athletics-Präsidenten Sebastian Coe veranlasst viele Kritiker, an der Neutralität des Weltverbandes zu zweifeln.
Ob diese neuen technischen Weiterentwicklungen der Schuhe nun als Technik-Doping zu bezeichnen sind oder auch nicht, es lassen sich auf jeden Fall Parallelen zum „herkömmlichen“ Doping ziehen. Leistungen werden hinterfragt, der erste Blick ist inzwischen immer erst der auf die Schuhe und der Zweifel läuft immer mit. So auch in der aktuellen Hallensaison, die in vollem Gange ist. Die Schottin Jemma Reekie bricht auf der Mittelstrecke Rekord nach Rekord und steigerte ihre persönlichen Bestzeiten jeweils um einige Sekunden. Bisher ein No Name im Seniorenbereich werden Zweifel laut, ob ihre enorme Leistungssteigerung nur auf ihr ohne Frage großes Talent zurückzuführen ist oder ob nicht auch ihre Schuhe, ebenfalls ein Prototyp von Nike, einen erheblichen Anteil daran haben. Das gleiche gilt für die US-Amerikanerin Elle Purrier, die im New Balance FuelCell 5280 ihre persönliche Bestleistung über die Meile um acht Sekunden verbesserte und damit den 37 Jahre alten US-amerikanischen Hallenrekord verbesserte.
Befürworter der neuen Modelle verweisen auf technische Weiterentwicklungen wie etwa die Einführung der Kunststoffbahn, welche ebenfalls zu Leistungssteigerungen führten. Diese Veränderungen galten damals jedoch für alle Athlet*innen gleichermaßen. Ob dies hier der Fall ist, bleibt fraglich. Eins steht nur fest: sollte der Leichtathletik-Weltverband nicht härter durchgreifen oder für Bedingungen für alle sorgen, wird der Verdacht des Technik-Dopings in Hinblick auf die Olympischen Spiele in Tokio bei jeder Topleistung der Elefant im Raum sein.
Was soll man sagen? Da ist sie dann doch, die erste Goldmedaille für die deutsche Mannschaft bei der Leichtathletik-WM. Und mit dieser haben wohl die wenigsten gerechnet.
Was war geschehen?
Es gibt einen neuen König der Leichtathletik, und dessen Name lautet Niklas Kaul. Mit 21 Jahren ist er nicht nur der jüngste Weltmeister im Zehnkampf, sondern auch der erste Gesamtdeutsche – ausgerechnet am Tag der deutschen Einheit. Die Bahn für Kaul war frei, nachdem etliche Favoriten – darunter der Weltrekordler Kevin Mayer – entweder verletzt aufgeben mussten oder ihre Nerven nicht unter Kontrolle hatten. Was für ein Zehnkampf.
Etwas weniger dramatisch, aber dafür nicht weniger spannend war der Siebenkampf. Nach Jahren der Dominanz durch Nafi Thiam konnte sich schließlich Katarina Johnson-Thompson die Krone aufsetzen. Die Britin galt schon lange als Top-Talent, konnte aber nie so richtig die hohen Erwartungen erfüllen. Erst ein Ortswechsel sorgte für den gewünschten Erfolg: seit 2016 trainiert sie zusammen mit Kevin Mayer in Montpellier. Bereits letztes Jahr konnte sie die Silbermedaille bei der EM in Berlin gewinnen. Damals noch hinter Thiam.
Christina Schwanitz kann dank gestern nun einen vollständigen WM-Medaillensatz ihr eigen nennen. Mit einem wuchtigen Stoß auf 19,17 Meter gewann sie Bronze hinter der Chinesin Gong und der Jamaikanerin Thomas-Dodd. Erst 2017 brachte Schwanitz Zwillinge zur Welt, um dann direkt bei der EM in Berlin letztes Jahr den 2. Platz zu erreichen. Das 15-Euro-Bier hat sie sich auf jeden Fall verdient.
Historisches geschah ebenfalls im 400m-Finale der Frauen. Salwa Eid Naser setzte sich gegen die Top-Favoritin Shaunae Miller-Uibo durch. Und das in einer Wahnsinns-Zeit: 48,14 Sekunden bedeuteten die drittschnellste Zeit, die je über die 400m gelaufen wurden. Schneller waren nur Marita Koch aus der ehemaligen DDR und die Tschechin Jamila Kratochvilova in den 1980er Jahren – deren Leistungen gelten jedoch als doping-belastet. Als erster Britin seit 36 Jahren gelang Dina Asher-Smith der Gold-Coup über die 200m. Nachdem sie bereits in Berlin letztes Jahr Doppel-Europameisterin wurde, sprintete sie vorgestern 21,88 Sekunden zu einem britischen Rekord.
Kurioses in Doha
Die IAAF zeigte sich gestern zweimal von ihrer gnädigen Seite, als sie sowohl Orlando Ortega als auch Wojciech Nowicki je nachträglich eine Bronzemedaille zusprach. Doch was war geschehen? Das 110m Hürden-Finale endete am Mittwoch spektakulär. Mit Grant Holloway, der die Leichtathletik zugunsten einer NFL-Karriere vorzog, gab es einen Überraschungs-Weltmeister. Dies lag aber auch daran, dass Top-Favorit und Titelverteidiger Omar McLeod stürzte und dabei Orlando Ortega mit sich zog. Letzterer war bis dahin auf dem Weg zu einer sicheren Medaille. Nach Silber bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro und Bronze bei der EM 2018 kann Ortega nun auch seine erste WM-Medaille verbuchen.
Die Bronzemedaille im Hammerwurf kann Wojciech Nowicki dem Protest seiner Mannschaftsführung verdanken. Die bemängelte den ersten Wurf vom Drittplatzierten Bence Halasz. Zwar gab die IAAF den Polen Recht, wollte dem Ungarn jedoch die Medaille nicht wieder aberkennen. So gibt es nun im Hammerwurf zwei Bronzemedaillen-Gewinner.
Fragwürdige Trainerwahl
Die Kugelstoß-Weltmeisterin Gong Lijiao wurde zumindest bis 2017 von Dieter Kollark trainiert – langjähriger Trainer in der ehemaligen DDR, dem bis heute nicht nur Doping von Minderjährigen vorgeworfen wird, sondern der auch bis zum Fall der Mauer Stasi-Spitzel war. Und auch die Diskuswerferin Claudine Vita nimmt die Dienste von Kollark in Neubrandenburg in Ansprüche. Es ist eine Schande, dass diese DDR-Täter immer noch eine Rolle im heutigen Sport spielen dürfen.
Dopingland Marokko?
Die Sportschau berichtete gestern in einem Dreißigminüter über Doping in Marokko, welches auch den französischen Verband und den Europameister über 10.000m, Mourad Amdouni, betrifft:
Der Franzose Quentin Bigot galt als großes Hammerwurf-Talent, als man in seiner Dopingprobe 2014 Stanozolol fand. Anschließend wurde er vier Jahre gesperrt, zwei davon auf Bewährung. Ihm kam zu Gute, dass er umfangreich über die Hintermänner seines Dopingfalls auspackte. So beschuldigte er zum Beispiel seinen Trainer Raphaël Piolanti, Frankreichs Trainer des Jahres 2013, von ihm zum Doping angestiftet worden zu sein. Dieser wurde 2018 zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt, überdies ist er lebenslang gesperrt. Bigot gewann gestern WM-Silber.
Die Vorschau auf Tag 8
Aus deutscher Sicht steht heute sicherlich das Diskus-Finale der Frauen im Fokus. Mit Nadine Müller, Claudine Vita und Kristin Pudenz haben es alle deutschen Werferinnen in den Endkampf geschafft. Mit ganz viel Glück hat Müller sogar eine Medaillenchance. Gespannt sein darf man auch auf die Vorläufe der 4x100m Staffel der Frauen sein, da die deutsche Staffel die Weltjahresliste anführt. Allerdings fehlt mit Tatiana Pinto einer der Leistungsträgerinnen der Mannschaft.
Obwohl es die beste Platzierung war, die ihr je bei einer Weltmeisterschaft gelang, konnte Christin Hussong im ARD-Interview ihre Enttäuschung nicht verbergen. Aber wer kann es ihr verübeln? Fünf Versuche lang lag sie im Speerwurf-Finale auf einem Medaillenplatz, bis die Australierin Kelsey-Lee Barber einen Wurf raushaute, der sie von Platz 4 auf den 1. Platz katapultierte. Die Chinesinnen, die bis dahin auf den ersten beiden Plätzen lagen, konnten nicht nachlegen. Und so war Barber, die sich kaum für das Finale qualifizieren konnte, auf einmal Weltmeisterin und Hussong auf Platz 4 zurückgefallen.
In einer anderen Gefühlswelt fand sich wohl Bo Kanda Lita Baere wieder, der bei seiner ersten WM-Teilnahme überraschend den 4. Platz im Stabhochsprung-Finale belegte. Dafür reichte eine übersprungene Höhe von 5,70 Meter. Die Medaillen machten dann Piotr Lisek, Armand Duplantis und Sam Kendricks unter sich aus. Am Ende gelang Kendricks gerade so die Titelverteidigung. Zwar überquerten sowohl er als auch Duplantis die 5,97 Meter, Letzterer hatte aber einen Fehlversuch zu viel auf seinem Konto. Was dem Wettkampf an erwarteten Höhen fehlte, machten die Athleten durch Spannung wieder wett.
Was war sonst noch los? Noah Lyles gewann erwartungsgemäß die 200m, allerdings artete es mehr in Arbeit aus als er vorher wohl dachte. Den 4. Platz belegte der Brite Adam Gemili, der einem nur leidtun konnte. Noch überraschend und enttäuscht im 100m-Halbfinale ausgeschieden, zeigte er sich über die doppelte Distanz in starker Form. So sah er nach der Kurve wie ein sicherer Medaillenkandidat aus, ließ sich auf der Zielgeraden dann aber von Andre de Grasse und dem Ecuadorianer Alex Quiñónez abkochen. Bei den Frauen schieden alle drei deutschen Teilnehmerinnen im Halbfinale aus. Besonders ärgerlich ist dabei die Verletzung von Tatiana Pinto, die damit für die Sprintstaffel am Freitag und Samstag fraglich ist.
Neuer Weltmeister über die 800m ist Donovan Brazier. Der US-Amerikaner und Salazar-Schützling ließ sich von der gestern verkündeten Doping-Sperre seines Trainers anscheinend nicht aus der Fassung bringen, denn er siegte überlegen mit Meisterschafts- und US-Rekord. Die bisherigen Rekorde stammten aus dem Jahr 1987 bzw. 1985. Es stand allerdings schon vor dem Finale fest, dass es einen neuen Titelträger geben würde: keiner der Teilnehmer des WM-Finals 2017 konnte sich für das gestrige Rennen qualifizieren.
Gedopt? Ich?
Piotr Lisek, Gewinner der Bronzemedaille gestern im Stabhochsprung, war 2012 sechs Monate gesperrt. In seiner Dopingprobe von den polnischen Meisterschaften konnte die Stimulanz Methylhexanamin nachgewiesen werden. Er gab an, dass diese Substanz in einem Energydrink enthalten war, so dass die Sperre auf sechs Monate reduziert wurde.
Von Mai 2013 bis Mai 2014 war Lyu Huihui wegen einer Dopingsperre von jeglichen Wettkämpfen ausgeschlossen. Bei der Chinesin fand man das Diuretikum Hydrochlorothiazid. Gestern gewann sie die Bronzemedaille im Speerwurf.
Kristjan Pars ist zwar gestern in der Hammerwurf-Qualifikation ausgeschieden, aber als Olympiasieger von 2012 doch von Interesse. Er kehrt gerade wieder von einer Dopingsperre zurück, die im April letzten Jahres ausgesprochen wurde. Um welche Substanz es sich handelte, ist bis heute nicht bekannt. Er war für anderthalb Jahre gesperrt.
Neues von der IAAF
Internationale TV-Zeiten, der Beginn der Arbeitswoche und die politische Blockade Katars: das sind laut Organisationskomitee und Leichtathletik-Weltverband die Gründe für die desolaten Zuschauerzahlen im Khalifa International Stadium in Doha. Laut IAAF-Generalsekretär Jon Ridgeon seien die politischen Umstände bei der Vergabe der Weltmeisterschaft 2014 noch ganz andere gewesen. Heutzutage sei Katar im Mittleren Osten isoliert. Womit er ja nicht ganz Unrecht hat. Dennoch haben zumindest Bahrain und Saudi Arabien Sportler nach Doha geschickt.
Außerdem seien vor allem die Mittel- und Langstrecken bei den Zuschauern, welche hauptsächlich aus den afrikanischen Staaten kommen, beliebt. Und diese finden nun mal früher am Abend statt. Die Stimmung beim 5.000m-Finale der Herren am Montag war zum Beispiel ganz gut. Eine kleine Gruppe von Zuschauern machte kräftig Party. Dennoch konnte es nicht darüber hinweg täuschen, dass das Stadion fast leer war. Dies belegen auch die Zuschauerzahlen. Am Freitag und Samstag sollen ungefähr 11.000 Besucher die Wettkämpfe live miterlebt haben, den Tag darauf aber schon nicht mal mehr 8.000.
Die Leistungen der Sportler scheinen diese Zahlen aber nicht zu beeinflussen. Das Niveau der Wettkämpfe ist – zumindest innerhalb des Stadions – sehr hoch. Auch wenn bisher „nur“ ein Weltrekord erzielt wurde, fielen schon etliche nationale und kontinentale Bestmarken. Und das scheint auch das deutsche Publikum zu begeistern. Gestern begleiteten 5,20 Millionen Zuschauer das Wettkampfgeschehen am Fernseher. Damit holte sich die ARD den Tagessieg in der Primetime.
2 % sind zu wenig – Trainerinnen in der Leichtathletik
Gestern saß beim Stabhochsprung-Finale mit Christine Adams eine Frau als leitende Disziplin-Bundestrainerin auf der Tribüne. Man könnte jetzt denken: ja, und? Beschäftigt man sich jedoch intensiver mit der Leichtathletik (oder jeder anderen Sportart), merkt man schnell, wie rar gesät bis heute Trainerinnen sind. Von 37 BundestrainerInnen sind gerade einmal vier weiblich, und zwar die bereits genannte Christine Adams, Kathrin Dörre-Heinig (Marathon) sowie Brigitte Kurschilgen (Hochsprung) und Claudia Marx (400m Frauen). Glaubt man dem Female Coaching Network liegt der Anteil von Trainerinnen bei der Leichtathletik-WM nur bei zwei Prozent. Auch wenn es nur eine Schätzung ihrerseits ist, erscheint diese Zahl doch sehr wahrscheinlich. Doch woran liegt das? Die Hauptgründe werden wohl wie so oft die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die schlechte Bezahlung sein.
It's a tough sport to measure accurately, but we estimate the total % of athletes with a female coach at the IAAF World Championships in Doha is a tiny 2%
Das ist sehr schade, denn viele Beispiele zeigen, dass Trainerinnen ihrem männlichen Pendant in nichts nachstehen. Die nun so oft genannte Christine Adams trainiert zum Beispiel Bo Kanda Lita Baere. Caryl Gilbert-Smith führte Rai Benjamin zu einer Silbermedaille über die 400m Hürden, über die gleiche Distanz ist Joanna Hayes‘ Schützling Sydney McLaughlin eine heiße Medaillenanwärterin. Silber im Hochsprung gewann auch Yaroslava Mahuchikh unter der Leitung von Tetyana Stepanova. Erfolgreicher war nur Svetlana Abramova mit ihrem Schützling Anzhelika Sidorova – Gold im Stabhochsprung.
Alle Augen werden heute auf Konstanze Klosterhalfen gerichtet sein, die sich im 5.000 Meter-Vorlauf für das Finale qualifizieren möchte. Man darf gespannt sein, wie sie den Fragen, die hoffentlich kommen werden, im Anschluss begegnen wird. Ansonsten ist heute der Tag der Mehrkämpfer. Bei dieser Leichtathletik-Weltmeisterschaft werden der Zehn- und Siebenkampf zeitgleich ausgetragen. So möchte die IAAF die Aufmerksamkeit noch mehr auf diese Disziplinen lenken. In Deutschland wird der Fokus dagegen hauptsächlich auf dem Zehnkampf liegen, da im Siebenkampf keine deutsche Starterin dabei ist. Mit Niklas Kaul und Kai Kazmirek sind dagegen aussichtsreiche Kandidaten am Start. Allerdings müssen die MehrkämpferInnen ihre Wettkämpfe in komprimierter Form austragen, da es ja keine Vormittags-Sessions gibt. Fünf Disziplinen innerhalb von sieben Stunden. Klingt nicht nach Spaß.
Es steht außerdem eine Reihe von Qualifikations-Wettbewerben an. Über die 1.500m versucht Caterina Granz, das Halbfinale zu erreichen. Die Kugelstoßerinnen um Christina Schwanitz, Sara Gambetta und Alina Kenzel sind ebenfalls im Einsatz. Zumindest Schwanitz sollte keine Probleme mit der Quali-Weite von 18,40 Metern haben. Ein Trio tritt auch im Diskusring an. Mit Nadine Müller, Claudine Vita und Kristin Pudenz haben alle von ihnen gute Chancen auf das Finale.
Die Sprint-Wettbewerbe legen auch keine Pause ein. Sowohl das 200m-Finale der Frauen (Dina Asher-Smith!) als auch das Finale über die 110m Hürden (Omar McLeod!) finden heute Abend statt. Im Hammerwurf-Finale ist leider kein Deutscher vertreten. Die beiden Führenden der Qualifikation, Wojciech Nowicki und Pawel Fajdek, werden übrigens von zwei Frauen trainiert.
Gestern gab es die erste Medaille für die deutsche Mannschaft, heute werden die Nachrichten um das Nike Oregon Project das Leichtathletik-Geschehen bestimmen. Doch bevor sich Sport.Politik ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt, gibt es hier erstmal einen Rückblick auf die gestrigen Wettkämpfe.
Was war los?
Der Moment des Abends war aus deutscher Sicht natürlich die Bronzemedaille von Gesa Felicitas Krause über 3.000m Hindernis. Nach persönlicher Bestleistung und deutschem Rekord war es deshalb auch nicht großartig verwunderlich, dass Krauses Trainer Wolfgang Heinig abends Besseres vorhatte als mit der Presse zu reden: „Sicherlich sollte man mich heute um Mitternacht nicht interviewen.“ Na dann mal Prost!
Ohne deutsche Brille war das Highlight des Abends aber sicherlich das 5.000m-Finale der Herren. Die Ingebrigtsen-Brüder, seit ihrer Kindheit von ihrem Vater auf Erfolg getrimmt, wollten unbedingt eine Medaille. Und beinahe wäre es Jakob Ingebrigtsen auch gelungen. Nachdem die Brüder das Renngeschehen zunächst von hinten gestalteten, starteten Filip und Jakob Ingebrigtsen nach circa der Hälfte der Strecke eine fulminante Aufholjagd, der erst auf der Schlusskurve von den Läufern aus Äthiopien und Kanada ein Ende gesetzt werden konnte. Letztlich belegte Jakob Ingebrigtsen den 5. Platz. Auf die IAAF ist dagegen Verlass: der 5.000m-Lauf wird nächste Saison nicht mehr Bestandteil des offiziellen Diamond League-Programms sein. Das gleiche Schicksal droht übrigens auch dem Dreisprung der Herren.
Der Diskuswurf wurde zu einer knappen Angelegenheit, bei der zumindest die Weiten ein wenig enttäuschend waren. Weltmeister Daniel Stahl und Fedrick Dacres warfen beide schon über 70 Meter diese Saison, kamen diesmal aber nicht über die 68 Meter hinaus. Martin Wierig kam dagegen auf einen für ihn sehr guten 8. Platz. Ohnehin war es ein erfolgreicher Abend für die deutsche Mannschaft, was die Qualifikationswettbewerbe angingen. Christin Hussong konnte sich als Gesamt-Zweite für den Speerwurf qualifizieren, bei den 200m erreichten sogar alle drei deutschen Sprinterinnen das Halbfinale – Tatjana Pinto und Lisa Marie Kwayie sogar mit persönlicher Bestleistung.
Im Hochsprung-Finale reichten 1,89 Meter für Imke Onnen leider nur für den 9. Platz, aber das Erreichen des Finales war ja schon ein großer Erfolg. Der Sieg ging mit 2,04 Meter erwartungsgemäß an die Russin Mariya Lasitskene. Diesmal hatte sie mit der jungen Ukrainerin Yaroslava Mahuchikh aber unerwartete Konkurrenz. Diese steigerte ihre persönliche Freiluft-Bestleistung nämlich einfach mal um 9 Zentimeter und stellte damit einen neuen U20-Weltrekord auf.
Doping-News des Tages
Die IAAF kann einem fast schon leidtun (jhaha, just kidding!). Dachte man, Berichte über fehlende Zuschauer, Korruption und fragwürdige Kameraeinstellungen wären schon schlimm genug, da kommt die USADA um die Ecke und packt den Doping-Hammer aus: Vier Jahre Sperre für Alberto Salazar, dem Cheftrainer des berühmt-berüchtigten Nike Oregon Projects, wegen des Handels mit Testosteron, der Manipulation von Dopingproben sowie der Verabreichung von Infusionen. Gerüchte und Berichte über Doping im NOP gab es schon lange – unter anderem von der WM-Zweiten über 10.000m 2007, Kara Goucher – nun ist die USADA zu einem Urteil gekommen. Salazar, selbst iin den 1980er Jahren dreifacher Sieger des New York Marathons, bestreitet selbstverständlich alle Vorwürfe.
Das NOP wurde, wie der Name schon sagt, 2001 von Nike gegründet und stand von Beginn an unter der Beobachtung der USADA und WADA. Aushängeschild dieses Projektes war bis 2017 Mo Farah, der wegen zweier verpasster Kontrollen selbst Dopingverdächtigungen ausgesetzt war. Momentan trainieren in Oregon die 10.000m-Weltmeisterin von Doha, Sifan Hassan, und Konstanze Klosterhalfen. Die Anti-Doping Einheit der IAAF (AIU) verkündete heute auch dementsprechend, dass Salazar von der Weltmeisterschaft ausgeschlossen sei und den AthletInnen ein Kontaktverbot zu ihm auferlegt werde. Dies sollte zumindest offiziell nicht Klosterhalfen betreffen, da sie ja beim NOP-Co-Trainer Pete Julian trainiert. Man darf dennoch gespannt sein, wie die deutschen Medien mit ihr und dem Thema umgehen werden.
Zwei Athleten vom NOP, Clayton Murphy und Donovan Brazier, sind heute Abend übrigens im 800m-Finale am Start.
War da was?
Ajee Wilson, Zweite über 800m, wurde 2017 von der USADA des Dopings mit Zeranol freigesprochen, da sie dieses Steroid durch kontaminiertes Fleisch zu sich genommen haben soll.
Stop it!
Schon öfter gehört bei der TV-Übertragung der WM: Männliche Kommentatoren betiteln Athletinnen als „junge Dame“. Bitte hört doch einfach auf damit. Erstens erinnert das an ältere Herrschaften in den 1950er Jahren, zweitens sind das mit Anfang / Mitte Zwanzig gestandene Frauen, die alles in Grund und Boden laufen, springen und werfen. Es hört sich einfach respektlos sowie herablassend an und passt nicht mehr in unsere Zeit.
Die Vorschau auf Tag 5
Bei den Laufwettbewerben steht heute Abend sicherlich das 200m-Finale der Herren im Fokus. Der US-Amerikaner Noah Lyles ist der klare Top-Favorit. Immerhin kann er aus dieser Saison bereits eine 19,50 vorweisen, womit er nach Usain Bolt und Yohan Blake der drittschnellste Mann aller Zeiten über diese Strecke ist. Andre de Grasse und Titelverteidiger Ramil Guliyev darf man allerdings auch nicht außer Acht lassen. Bei den Frauen stehen die Halbfinals über 200m an. Hier wäre es eine Überraschung, wenn eine der deutschen Starterinnen den Finaleinzug schaffen würde. Sollte es aber einer von ihnen gelingen, hat Tatjana Pinto in ihrem Halbfinale wahrscheinlich die besten Chancen.
Die größte Spannung verspricht allerdings der Stabhochsprung der Herren. Hier sind gleich vier Athleten in der Lage, um Gold mitzuspringen: Europameister Armand Duplantis, Olympiasieger Thiago Braz, Piotr Lisek sowie Titelverteidiger Sam Kendricks, der dieses Jahr die Weltjahresbestleistung mit 6.06 Meter inne hat. Raphael Holzdeppe und Bo Kanda Lita Baere haben dagegen höchstens Außenseiterchancen. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist sicherlich das Ausscheiden von Renaud Lavillenie, der die letzten Jahre das Stabhochsprung-Geschehen maßgeblich bestimmte. Dafür hält aber sein Bruder mit dem Einzug in das Finale die Familienehre hoch.
Aus deutscher Sicht besonders spannend wird das Speerwurf-Finale der Frauen, denn Christin Hussong hat ausgesprochen gute Medaillen-Chancen. Sie war eine der wenigen in der Qualifikation, die mit den schwierigen Stadionbedingungen klar kamen. An der Chinesin Lyu Huihui führt aber wohl dennoch kein Weg vorbei. Außerdem versuchen Mateusz Przybylko sich für das Hochsprung-Finale und Martin Grau sowie Karl Bebendorf für das 3.000m Hindernis-Finale zu qualifizieren.
Gestern stand Tag 3 der Leichtathletik-WM in Doha auf dem Programm. Stabhochsprung, Dreisprung, das Finale über 100 Meter – sportlich gesehen fehlte es an nichts. Sport.Politik gibt einen kleinen Rückblick auf das Geschehen und wagt sich an eine Vorschau auf Tag 4 heran.
Was war gestern los?
Der gestrige Abend war geprägt von vielen hochklassigen Leistungen und emotionalen Momenten. Da war zum einen die unglaubliche Siegesweite von Christian Taylor im Dreisprung, der mit 17,92 Meter seinen vierten WM-Titel gewinnen konnte. Zum anderen lief Shelly-Ann Fraser-Pryce in 10,71 Sekunden eine Weltjahresbestleistung und damit ebenfalls zu ihrer vierten Goldmedaille über 100m. In Erinnerung bleiben wird jedoch der Stabhochsprung der Frauen. Und das hat mehrere Gründe: als erstes natürlich die großartigen Leistungen von Sandi Morris und Anzhelika Siderova, die sich Höhe um Höhe ein packendes Duell um die Goldmedaille lieferten. Bis 4,90 Meter gaben sich beide Athletinnen keine Blöße – mit ihrem Sprung über 4,95 Meter steigerte Siderova ihre Freiluft-Bestleistung um ganze 10 cm und überflügelte somit Morris. Der Moment des Abends gehörte jedoch Angelica Bengtsson, der bei 4,80 Meter der Stab brach. Schlimm genug, doch dann fand sie zu allem Überfluss ihre Stäbe nicht wieder. Also borg sie sich kurzerhand einen von der Französin Ninon Guillon-Romarin. Denn bei Stabbruch darf der Sprung wiederholt werden, und was macht Bengtsson? Überquert souverän die 4,80 Meter – Landesrekord. Bei 4,85 Meter war der Wettkampf für die Schwedin allerdings beendet.
Zuerst einmal muss man sagen, dass die ARD und das ZDF die Leichtathletik-WM fast vollständig übertragen – sei es live im Fernsehen oder (einzelne Wettkämpfe) als Online-Stream. Die Einschaltquoten sind auch nicht allzu schlecht. Während am Samstagabend noch unterdurchschnittlich viele Zuschauer (2,72 Millionen, 10,5 Prozent Marktanteil) das Zweite einschalteten, erholte sich die Quote gestern wieder leicht mit 3,29 Millionen Zuschauern und 13,3 Prozent Marktanteil in der ARD. Doch vor allem in Bezug auf die „Live“-Übertragung gestern gibt es dann trotzdem etwas zu Meckern: nachdem von der Live-Berichterstattung auf ARD ONE ins Hauptprogramm der ARD geschaltet wurde, bot man dem Zuschauer bis auf das 100m-Finale der Frauen nur noch Konserve an. Anstatt also das hochklassige Dreisprung-Finale der Herren zu zeigen, wurde das ONE-Programm inklusive Kommentar eins zu eins in der ARD wiederholt – mit Live-Einblendung.
Im Gegensatz zu den TV-Quoten sind die Zuschauerzahlen im Stadion doch sehr traurig, aber nicht wirklich überraschend. Die Organisatoren versuchen zwar, mit Lichtshows darüber hinweg zu täuschen, aber ohne Erfolg. Das Stadion war bei dem 100m-Finale der Frauen fast leer:
Die Mütter unter den Leichtathletinnen dominierten gestern die Berichterstattung. Und das zu Recht. Shelly-Ann Fraser-Pryce gewann zwei Jahre nach der Geburt ihres Sohnes Gold über die 100m und damit andere Mütter inspirieren.
"I hope I can give inspiration to all the women starting family or thinking of starting a family. You can do anything. It's about who you are and why you started in the first place," – Shelly-Ann Fraser-Pryce.
Allyson Felix setzte noch einen drauf, indem sie gestern den Premierentitel mit der 4×400 Meter Mixed-Staffel der USA und damit ihren zwölften Weltmeistertitel gewann. Nach der komplizierten Geburt ihrer Tochter vor 13 Monaten setzt sich Felix für Schwangere und Mütter in der afro-amerikanischen Community ein, denn die Wahrscheinlichkeit, an schwangerschaftsbezogenen Komplikationen zu sterben, ist in den USA bis zu dreimal höher als bei weißen Frauen. Außerdem kämpft sie zusammen mit anderen Athletinnen gegen die Diskriminierung von Müttern im Sport – mit Erfolg, denn zumindest NIKE passte mittlerweile seine Verträge an.
Doping!
Shelly-Ann Fraser-Pryce zum Dritten! 2011 wurde sie wegen eines positiven Tests auf das Schmerzmittel Oxycodon für sechs Monate gesperrt. Sie gab Zahnschmerzen als Grund für die Einnahme an.
Chinas Liu Hong gewann gestern die Goldmedaille über die 20 Kilometer Gehen der Frauen. 2016 war sie für einen Monat gesperrt, nachdem ihr die Stimulanz Higenamin nachgewiesen werden konnte.
Die Vorschau für Tag 4
Das Highlight aus deutscher Sicht sind heute natürlich die 3.000m Hindernis mit Gesa Felicitas Krause. Mit ganz viel Glück ist vielleicht eine Medaille drin, wahrscheinlicher ist jedoch eher eine Platzierung um Rang 5 oder 6. Der deutsche Rekord, den sie diese Saison gelaufen ist, macht jedoch ein wenig Hoffnung auf die erste deutsche Medaille der Leichtathletik-WM.
Genau diese ist für Imke Onnen im Hochsprung-Finale ziemlich außer Reichweite. Klare Favoritin ist hier die Russin Mariya Lasitskene, die mit 2,06 Metern die Weltjahresliste anführt und seit 18 Wettbewerben ungeschlagen ist.
Martin Wierig hat als einziger Deutscher das Diskus-Finale erreicht, wo vielleicht eine Bronze-Medaille drin sein könnte. Den Sieg werden aber wohl der Schwede Daniel Stahl und der Jamaikaner Fedrick Dacres unter sich ausmachen. Ein Zweikampf wird auch das 400m Hürden-Finale der Männer: Titelverteidiger Karsten Warholm und Rai Benjamin konnten beide diese Saison unter der magischen Grenze der 47 Sekunden bleiben.
Ansonsten bleibt spannend zu sehen, ob die Ingebrigtsen-Brüder über 5.000 Meter eine Chance gegen die kenianischen und äthiopischen Läufer haben werden – es wäre zumindest eine kleine Überraschung. Die 200 Meter-Halbfinals der Männer sollten auch eine klare Sache sein. Allen voran Noah Lyles, Andre de Grasse und Ramil Guliyev, der Titelverteidiger, sind haushohe Favoriten.
Ansonsten sind noch die deutschen Speerwerferinnen in der Qualifikation unterwegs. Annika Maria Fuchs die erste Gruppe leider nicht überstanden, Christin Hussong sollte dagegen keine Probleme mit dem Erreichen des Finales haben. Und auch die 200 Meter-Sprinterinnen – Tatjana Pinto, Lisa Marie Kwayie und Jessica-Bianca Wessolly – haben gute Chancen auf den Einzug in das Halbfinale. Hierfür müssen sie entweder einen der ersten drei Plätze ihres Laufes erreichen oder eine der sechs schnellsten Laufzeiten haben.
Die nordische Ski-WM in Seefeld ist zwar schon längst Geschichte, sie wird aber noch vielen Menschen lange im Gedächtnis bleiben. Allerdings weniger wegen der sportlichen Leistungen – Norwegen räumte wie immer fast alle Medaillen ab – sondern wegen der Geschehnisse rund um die Doping-Razzia sowohl in Erfurt als auch in Seefeld. Erfurt? Thüringen? Das war doch was. Immer wieder taucht das grüne Herz Deutschlands in der Dopingberichterstattung auf.
Als vor zwei Wochen (27.02.2019) die ersten Nachrichten über die „Operation Aderlass“ über den Ticker liefen, stand die Sportwelt kurz ganz still. Sie fing sich aber mindestens genauso schnell wieder. Wie üblich bei solchen Dopingskandalen sprachen Funktionäre, AthletInnen und sogar TV-Moderatoren von unverbesserlichen Einzeltätern, die einfach nichts dazu lernen würden. Und auch sportlich war es wieder Business as usual: Martin Johnsrud Sundby, selbst 2016 wegen des Missbrauchs eines Asthmamittels für zwei Monate gesperrt, holte sich an diesem Nachmittag seinen ersten WM-Einzeltitel über die 15km klassisch.
Dass die „Operation Aderlass“ jedoch höhere Wellen schlagen würde, sollte allen Beteiligten ziemlich schnell klar werden. Dafür sorgte schon alleine der Fund von vierzig Blutbeuteln in der Erfurter Praxis von Dr. Mark Schmidt, der als mutmaßlicher Strippenzieher des aufgedeckten, laut Ermittlern mafia-ähnlichen Dopingrings in Erfurt festgenommen wurde. Doch nicht nur, dass die in Seefeld in flagranti erwischten und festgenommenen Sportler quasi sofort gestanden, es bekannten sich immer mehr Sportler zum Blutdoping bei Schmidt. Darunter auch eine Reihe von estländischen Langläufern, deren Trainer Mati Alaver als einer der Haupttatverdächtigen identifiziert wurde. Ausgelöst wurden die staatsanwaltlichen Untersuchungen durch ein Interview, das der des Dopings 2014 in Sotchi überführte Langläufer Johannes Dürr der ARD Sportschau gab.
Darin redete er scheinbar so offen über seine Dopingvergangenheit, dass die deutschen und österreichischen Behörden auf ihn aufmerksam wurden. Als Kronzeuge packte er anschließend über die Hintermänner sowie seine Mitdoper aus. Eine kuriose Wende nahm die ganze Angelegenheit dann aber doch noch: ein paar Tage später (05.03.2019) wurde Dürr selbst verhaftet. Es stellte sich heraus, dass er entgegen seiner eigenen Aussage bis Ende 2018 selbst Eigenblutbehandlungen bei Schmidt durchführen ließ. Sein Enthüllungsbuch und die Crowdfunding-Kampagne, mithilfe derer er bisher über 30.000 Euro sammelte, um ein Langlauf-Comeback zu starten, ließen dieses kleine, nicht unwichtige Detail allerdings unerwähnt. In einem ganz anderen Licht erscheint mittlerweile auch seine damalige (2014) familiäre Beziehung zu Gottlieb Taschler, ehemaliger IBU-Vizepräsident, der seinen Posten wegen seines Kontaktes zu Doping-Guru Dr. Michele Ferrari (Lance Armstrongs Dopingarzt) Ruhen lassen musste. Dieser war nämlich Dürrs Schwiegervater. Und es kommen seitdem immer mehr interessante Zufälle ans Licht.
Das Dopingnetzwerk um Dr. Mark Schmidt (Darstellung: Sport.Politik / K.Schubert)
Doch wer ist Dr. Mark Schmidt überhaupt? Dr. Mark Schmidt führt seine Praxis für Allgemeinmedizin zusammen mit seiner Mutter Dr. Heidrun Schmidt, ihrerseits in der DDR Teamärztin für den dopingbehafteten SC Turbine Erfurt. Für diese Praxis bestand bis zuletzt eine Lizenz als „sportmedizinische Untersuchungsstelle“ in Thüringen, welche für die Feststellung der allgemeinen Sporttauglichkeit des D-Landeskaders zuständig war. Laut dem Landessportbund Thüringen (LSB), der diese Lizenzen erteilt, hat dies aber nichts mit der kontinuierlichen Betreuung von Spitzen- und Nachwuchssportlern zu tun. Nach der Verhaftung Schmidts entzog der LSB diese Lizenz augenblicklich:
„Die Lizenz wird für vier Jahre verliehen und kann anschließend für vier Jahre verlängert werden. Diese Verlängerung wurde für die Arztpraxis von Dr. Heidrun Schmidt vorgenommen. Im Rahmen dieser laufenden Verlängerung trat Mark Schmidt in die Praxis ein. […] „Das hätte nicht passieren dürfen‘. So erklärt Hügel (Präsident LSB Thüringen, Anm. d. Red.): ‚Wir haben an dieser Stelle nicht tiefgründig genug die bestehenden Dopingbelastungen im Prozess um die Anerkennung der Lizenzfortschreibung als sportmedizinische Untersuchungsstelle bewertet. Dies war falsch und wir müssen und wollen jetzt die Konsequenzen schnellstmöglich tragen und limitieren.‘“
Dr. Mark Schmidt war nämlich schon einmal in einen Dopingskandal verwickelt. Als Teamarzt vom Team Gerolsteiner (2006 – 2008) sowie Team Milram (2009 – 2010) sah er sich mit den Vorwürfen konfrontiert, die damaligen Radsportler Stefan Schumacher, Bernard Kohl und David Kopp beim Doping unterstützt zu haben. Die Untersuchungen der Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft Freiburg gegen ihn verliefen 2013 jedoch im Sand. Der LSB Thüringen war sich den schwerwiegenden Anschuldigungen bewusst, als er Schmidt seine jungen AthletInnen anvertraute, nur von Kaderathleten musste er Abstand halten. Seit 2017 arbeitete Schmidt wieder im Radsport, zuerst als Teamarzt von Aqua Blue Sport, danach bei Groupama – FDJ. Die zwei Radsportler Stefan Denifl und Georg Preidler, die im Zuge der „Operation Aderlass“ Blutdoping gestanden, fuhren für genau diese Teams.
Ermittelt wurde damals übrigens auch gegen den zweiten Arzt des Teams Gerolsteiner, Dr. Ernst Jakob – ein langjähriger Weggefährte des Freiburger Dopingarztes Prof. Joseph Keul und damaliger Vorgesetzter Schmidts in der Sportklinik Hellersen in Lüdenscheid. Verbindungen pflegte Schmidt außerdem zu dem österreichischen Sportmanager Stefan Matschiner. Dieser stand im Mittelpunkt der damaligen Humanplasma-Affäre, im Rahmen derer mehrere SportlerInnen wegen Dopings gesperrt und verurteilt wurden. Die technischen Geräte, die bei Schmidt gefunden wurden, erwarb dieser wohl von Matschiner.
Schmidts Vater Ansgar war anscheinend ebenfalls in die „Operation Aderlass“ verwickelt, dafür spricht zumindest seine Festnahme in Seefeld. Ansgar Schmidt war lange Zeit eine feste Größe des thüringischen Sports. So war er fast 20 Jahre Mitglied im Vorstand der Stiftung Thüringer Sporthilfe, Rechtswart im Thüringer Skiverband sowie Vorsitzender des Schiedsgerichts des LSB Thüringen. Außerdem wurde ihm 2009 „in Anerkennung besonderer Verdienste um die Förderung des Sports“ vom LSB Thüringen ein Preis verliehen, dessen Aberkennung der LSB nun prüft. Besonders pikant: Ansgar Schmidt war bis Ende des letzten Jahres in der Anwaltskanzlei von Heinz-Jochen Spilker angestellt.
Doping im Hammer Modell
Heinz-Jochen Spilker ist ebenfalls kein unbeflecktes Blatt in Sachen Doping. Zusammen mit dem Trainer Heinz-Jörg Kinzel etablierte Spilker in den 1980er Jahren das sogenannte Hammer Modell, in dem seine Sprinterinnen hemmungslos mit Dopingmitteln vollgepumpt wurden. Die Machenschaften des SC Eintracht Hamm waren ein offenes Geheimnis in der Szene und sogar in Kanada im Rahmen der Ben Johnson-Dopinguntersuchung ein Thema, zur Belohnung wurde Spilker vom Deutschen Leichtathletikverband zum Sprint-Bundestrainer befördert. Erst als die Sprinterin Claudia Lepping öffentlich über das Doping auspackte – sie weigerte sich, ein Teil dieses Dopingsystems zu werden – wurden Spilker und Kinzel wegen des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz verurteilt. Das war 1994.
Während nach der Wende viele Ost-Trainer in die alten Bundesländer oder ins Ausland, vornehmlich Österreich und China, umsiedelten und dort ihre „Dienste“ anboten, ging Spilker den umgekehrten Weg. Bereits 1990 ließ er sich mit seiner Anwaltskanzlei in Erfurt nieder, wo er rasch in die politische Elite Thüringens aufstieg. Andreas Birkmann, ehemaliger Justizminister Thüringens, und Manfred Scherer, ehemaliger Innenminister Thüringens, üben bis heute eine Anwaltstätigkeit in der Kanzlei Spilkers aus. Das heißt jedoch nicht, dass er dem Sport den Rücken zukehrte. Ganz im Gegenteil, er bekleidete noch bis ins Jahr 2012 das Amt des Vizepräsidenten des LSB Thüringen. Zur gleichen Zeit übernahm Spilkers Anwaltskanzlei allerdings auch die Verteidigung von Dr. Andreas Franke.
Doping-Methoden aus der DDR
Der Allgemein- und Sportmediziner aus Erfurt stand damals im Mittelpunkt der UV-Strahlen-Affäre. Er war am Olympiastützpunkt Erfurt auf Honorarbasis angestellt und soll bis 2011 mit dem Wissen des LSB rund dreißig AthletInnen mit UV-bestrahltem Eigenblut behandelt haben, eine nach der WADA ab 2011 verbotenen Dopingmethode. Herausgekommen ist dies alles aufgrund der Ermittlungen gegen Claudia Pechstein, die neben dem Radsportler Marcel Kittel die prominenteste Patientin Frankes war. Die Verfahren gegen die SportlerInnen sowie Franke wurden jedoch eingestellt, da keine Dopingabsicht nachgewiesen werden konnte. Außerdem fehlte der NADA schlicht das Geld, um Verfahren gegen mehr als dreißig SportlerInnen zu führen. 2012 gab es ja das Anti-Doping-Gesetz noch nicht.
Dass Franke diese Eigenblutbehandlungen durchführte, bestritt er nie. Vielmehr habe er diese Methode, die er im Übrigen schon seit mehr als zwanzig Jahren anwende, zur Behandlung sowie Vorbeugung von Infekten genutzt. Dass die Bestrahlung mit UV-Licht bereits Anfang der 1980er Jahre in der DDR-Dopingforschung sowohl erprobt als auch angewandt wurde und Franke zu dieser Zeit Arzt der damaligen Sportmedizinischen Hauptberatungsstelle Erfurts war, ist mit Sicherheit auch nur einer dieser komischen Zufälle. In diese Kategorie fällt wohl auch die Tatsache, dass sein langjähriger Praxispartner Dr. Horst Tausch war – seinerzeit Verbandsarzt der DDR-SchwimmerInnen, wegen deren Dopings er 1999 zu einer Gefängnisstrafe in Höhe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt wurde.
Kritik nicht erwünscht
Die Doping-Stasi-Verstrickungen in den DDR-Sport sind überall zu finden. Am besten ist dies am Beispiel Rolf Beilschmidts festzumachen, dem derzeitigen LSB-Geschäftsführer in Thüringen. Dieser gehörte in den 1970er Jahren zur Weltspitze im Hochsprung, auch nachweislich dank der Einnahme von Dopingmitteln. Nach seiner Karriere stieg er zum Leiter seines Heimatvereins SC Motor Jena auf, von 1991 bis 2001 leitete er sogar den Olympiastützpunkt Erfurt, bevor er zum Hauptgeschäftsführer des LSB befördert wurde. Noch nicht einmal die Enthüllungen über Beilschmidts langjährige Stasi-Tätigkeit konnten seiner Funktionärskarriere einen Knick verpassen. Woran das lag? Beilschmidt wurde jahrelang vom ehemaligen LSB-Präsidenten (1994 – 2018) und SED-Altkader Peter Gösel protegiert. Gösel folgte damals auf Manfred Thieß, der wegen seiner Stasi-Vergangenheit zum Missfallen vieler im LSB nicht mehr zu halten war.
Bis heute werden Kritiker, die auf die DDR-Seilschaften innerhalb des thüringischen Sports hinweisen, mundtot gemacht und als Nestbeschmutzer beschimpft. So geschehen bei der Biathlon-WM 2004 in Oberhof, damals wie heute eine der Biathlon-Hochburgen der Welt. In die Organisation waren zahlreiche ehemalige Stasi-Mitarbeiter eingebunden, damalige Doping-Täter waren Teil des Trainerteams. Da wundert es kaum, dass anerkannte Doping- und Stasi-Opfer, die die Missstände öffentlich anprangerten, keine Einladung zu den Wettkämpfen erhielten. 2023 findet die Biathlon-WM wieder in Oberhof statt. Und das Thema Stasi ist bei geschätzt 3000 Sport-IMs noch immer brandaktuell: der damalige Zeremonienmeister und heutige Chef des Oberhofer Weltcups sowie des WM-Organisationskomitees ist Holger Wick, ein ehemaliger Biathlet des ASK Vorwärts Oberhof. Von 1981 bis 1988 war er aber auch als „IM Gerd Schütze“ unterwegs.
Zurück zum Radsport
Doch zurück zum Radsport. Die Blutbeutel-Affäre um Dr. Mark Schmidt weckt Erinnerungen an einen anderen Dopingskandal, der 2006 die gesamte Radsportszene in Aufruhr versetzte. Ein gewisser Dr. Eufemiano Fuentes versorgte die Elite des Radsports mit allerhand Dopingmitteln. Fuentes Spur führte allerdings auch nach Thüringen. Denn Fuentes‘ Partner in Crime war der Mediziner Dr. Markus Choina, der in der Helios-Klinik in Bleicherode / Thüringen angestellt war. Über Choina erhielt Fuentes nicht nur seine Dopingmedikamente, sondern auch teure Geräte zum Abpacken von Blutbeuteln.
Dieses Jahr im Sommer steht Thüringen übrigens wieder im Mittelpunkt der Sportberichterstattung, wenn in Erfurt der Gesamtsieger der Deutschland Tour gekürt wird.
Neben dem Dauerbrenner Doping bestimmen die Diskussionen um Caster Semenya in den letzten Jahren die Schlagzeilen. Kaum ein Thema ist so allgegenwärtig und wird so hitzig debattiert wie die Frage nach Semenyas Geschlecht und ihren Testosteron-Werten. Entweder man ist auf ihrer Seite oder der des Internationalen Leichtathletik-Weltverbandes. Ein Dazwischen scheint es kaum zu geben. Was oft vergessen wird: die Frage nach Frau oder Mann genießt im Sport eine lange Tradition. Deshalb gibt der erste Teil dieser Mini-Serie eine kleine Einführung in den Sachverhalt, um dann einen Blick in die Geschichte der Geschlechtsüberprüfungen zu werfen.
Noch im Sommer 2018 stellte Caster Semenya neue Landesrekorde über die 800m- und 1.500m-Strecken auf. Doch wenn es nach dem Internationalen Leichtathletikverband IAAF ginge, könnte ihre Karriere bald beendet sein, sollte sie sich nicht freiwillig einer Hormontherapie unterziehen. Die IAAF kämpfte diese Woche nämlich vor dem Internationalen Sportgerichthof CAS für die Umsetzung seiner neuen Testosteron-Regel, die eigentlich schon letzten November in Kraft treten und die Teilnahme von betroffenen Athletinnen an den Frauen-Wettbewerben der Leichtathletik neu regeln sollten. Der CAS hegte jedoch Zweifel an der wissenschaftlichen Beweisführung der IAAF, so dass sich die IAAF gezwungen sah, die neuen Regularien auszusetzen.
Die aktualisierten Hyperandrogenämie-Regularien unterscheiden sich in einem elementaren Punkt von denen aus dem Jahr 2011: Es sollen nur noch Sportlerinnen bei den Frauen antreten dürfen, deren natürlicher Testosterongehalt im Blut unter fünf Nanomol pro Liter liegt – damals war der Grenzwert noch doppelt so hoch. Um international starten zu dürfen, müssten diese Athletinnen nun mithilfe einer Hormontherapie ihren Testosteron-Wert künstlich senken. Die IAAF begründet diese Verschärfung mit einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie von 2017, welche den Zusammenhang zwischen natürlichen Testosteron und sportlicher Leistung untersuchte. Danach hätten Athletinnen mit einem körpereigenen Testosteron-Gehalt von über fünf Nanomol pro Liter im Blut einen signifikanten Leistungsvorteil gegenüber Athletinnen mit einem durchschnittlichen Testosteron-Wert: über 400m 2,73 Prozent, 400m Hürden 2,78 Prozent, 800m 1,78 Prozent, Hammerwurf 4,53 Prozent und Stabhochsprung 2,94 Prozent.
„Caster-Semenya-Regularien“
Der Autor dieser Studie, Dr. Stéphane Bermon, seinerseits Direktor des IAAF Health & Science Departments, sieht sich massiver Kritik ausgesetzt. Diverse Wissenschaftler bemängeln die statistische Fehlerhaftigkeit der Studie. So wurden ihrer Meinung nach einige sportliche Leistungen doppelt verwendet, mehrere Ergebnisse wurden später wegen Dopings aberkannt und manche Ergebnisse konnten keiner Athletin zugeordnet werden. Insgesamt sollen knapp 32 Prozent der Werte fehlerhaft sein. Erhebliche Kritik erregte auch der Umstand, dass sich die neuen Regularien auf die Distanzen von 400m bis zu einer Meile (1.609m) beschränken, obwohl der größte Leistungsvorteil laut Bermons Studie in den Disziplinen Hammerwurf und Stabhochsprung gegeben ist.
Die IAAF erweckt damit bei vielen Kritikern den Eindruck, als ob die neuen Regularien genau auf Semenya zugeschnitten seien. In Leichtathletikkreisen und in den sozialen Medien wird über die Absichten der IAAF spekuliert – nämlich Semenya, die in den letzten Jahren diese Strecken dominierte, so aus dem Verkehr ziehen zu können. Doch auch Rassismus-Vorwürfe werden laut, da diese Strecken vornehmlich von Athletinnen aus dem globalen Süden bestimmt werden. Befeuert werden diese Vorwürfe mit der Hereinnahme der Meile, eine Strecke, die gar nicht erst Teil der Studie war. Caster Semenya erfährt jedoch nicht nur die Unterstützung diverser Wissenschaftler, die diese Woche bei den CAS-Anhörungen in ihrem Namen aussagen. Sie hat außerdem die südafrikanische Regierung, die Vereinten Nationen und prominente SportlerInnen wie Tennis-Ikone Billie Jean King auf ihrer Seite, die die neue Verordnung der IAAF als Verletzung der Menschenrechte ansehen.
My friend Caster Semenya is unequivocally female. Forcing women w/naturally high testosterone to give up ownership of their bodies & take drugs to compete in sport is barbaric, dangerous, and discriminatory. I stand behind her and hope she prevails. #IAAFhttps://t.co/L0VZ7sg2xC
Die IAAF beharrt jedoch auf ihrer Begründung, mit den neuen Regeln für gleiche und faire Wettkampfbedingungen innerhalb des Frauenfeldes zu sorgen und so die Gesundheit der betroffenen Athletinnen schützen zu wollen.
Was ist Hyperandrogenämie?
Apropos, Gesundheit. Was bedeutet Hyperandrogenämie überhaupt? Dazu erst einmal Grundsätzliches: Männer und Frauen produzieren jeweils sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtshormone. Bis zur Pubertät ähneln sich die Level der männlichen Geschlechtshormone (Androgene) sogar, erst danach steigt der Wert bei Jungs deutlich an. So liegt der durchschnittliche Testosteron-Wert bei Frauen im Erwachsenenalter bei 0,12 bis 1,79 Nanomol pro Liter, bei Männern rangiert er zwischen 7,7 und 29,4 Nanomol pro Litern. Produziert der Körper überdurchschnittlich viele Androgene (u.a. Testosteron), dann spricht man von einer Hyperandrogenämie. Dies bezeichnet eine hormonelle Störung, die Frauen und Männer betreffen kann. Häufige Symptome sind unter anderem typisch männlicher Haarwuchs, ein maskulines Erscheinungsbild, Akne sowie Unfruchtbarkeit und Übergewicht.
Hyperandrogenämie kann durchaus verschiedene Ursachen haben. Neben Tumoren oder dem Polyzystischen Ovarial-Syndrom können eine Reihe von Sexualdifferenzierungs-störungen (engl. Differences of Sex Development, DSD) diese hormonelle Imbalance auslösen. Die Athletinnen, die nun unter die neuen Regularien der IAAF fallen, sind meistens von letzterem betroffen. Diese sogenannten Sexualdifferenzierungsstörungen sind medizinische Konditionen, die zu atypischen genetischen, anatomischen sowie hormonellen Entwicklungen im weiblichen Reproduktionssystem führen können – dazu gehört unter anderem die Intersexualität. Die IAAF möchte nun also jene Athletinnen sperren, die an bestimmten Sexualdifferenzierungsstörungen „leiden“, dadurch bedingt einen Testosteron-Wert im männlichen Bereich vorweisen und dieses Testosteron besonders gut verarbeiten können (Androgensensitivität).
Können das wirklich Frauen sein?
Die IAAF betont dabei immer wieder, dass sie weder den biologischen noch den sozialen Status der betroffenen Frauen in Frage stellen oder beurteilen möchten. Dennoch löste sie mit ihren Hyperandrogenämie-Regularien eine Diskussion aus, die seit Beginn des professionalisierten Frauensports Anfang des 20. Jahrhunderts eine lange Tradition genießt. Damals etablierten sich Frauen nach und nach in der Welt des Sports, nachdem alte Rollenbilder und männlich-geführte Verbände sie lange von einer Teilnahme ausschlossen. Doch nun durften sie an Olympischen Spielen teilnehmen, betrieben Sportarten wie das männlich-dominierte Skispringen und brachten Stars wie Sonia Henie oder Babe Didrikson hervor. Aber je mehr Frauen in Bereiche wie Sport, Arbeit und Bildung vorstießen, desto verunsicherter wurden Männer, was ihr eigenes Selbstverständnis anging.
Eine Frage wurde dabei immer wieder diskutiert: können diese schnellen, athletischen Sportlerinnen, die sogar den Männern plötzlich Konkurrenz machten, wirklich echte Frauen sein? Diese Debatte ließ auch die Sportfunktionäre nicht kalt. Sie wurden schließlich so skeptisch ob der Weiblichkeit der Athletinnen, dass sie bereits in den 1930er Jahren erste Geschlechterüberprüfungen veranlassten. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass sich hinter der weiblichen Fassade nicht doch insgeheim ein Mann versteckte.
Olympia 1936: Die Fälle Dora Ratjen und Stanislawa Walasiewicz
Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin wurden daraufhin erste Leichtathletinnen auf ihr Geschlecht untersucht. Darunter war auch die spätere Sprint-Olympiasiegerin Helen Stephens aus den USA. Ihr wurde ausgerechnet von der eigentlichen Favoritin Stanisława Walasiewicz und den polnischen Medien vorgeworfen, ein Mann zu sein. Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, kurioserweise entpuppte sich jedoch Stella Walsh, wie Walasiewicz nach ihrer Heirat in den USA hieß, später selbst als intersex – dies ergab eine Autopsie 1989, nachdem sie bei einem Raubüberfall getötet wurde.
Besondere Aufmerksamkeit erlangte hierzulande, damals wie heute, jedoch der Fall Dora Ratjen – auch dank der historisch nicht ganz akkuraten Verfilmung „Berlin 36“ aus dem Jahr 2009. Anders als im Film behauptet, wurde die Hochspringerin Ratjen nicht von den Nationalsozialisten als Frau verkleidet und mit dem Ziel in die Mannschaft geschleust, die jüdische Hochspringerin Gretel Bergmann von einer Teilnahme an den Spielen in Berlin abzuhalten. Dora Ratjen, als deutsche Meisterin eh für die olympischen Wettbewerbe 1936 qualifiziert, war intersexuell. Es stellte sich kurz nach den Spielen heraus, dass Ratjen, entgegen seines eigenen Gefühls, als Mädchen herangezogen wurde. 1939 änderte er schließlich seinen Namen von Dora zu Heinrich und lebte bis zu seinem Tod 2008 als Mann, seine Titel und Weltrekorde wurden von der IAAF zudem aberkannt.
Die 1960er: Nackt-Paraden auf dem Flur
Die IAAF führte 1946 Massentests ein, um das Geschlecht der Sportlerinnen zu überprüfen. 1948 zog das IOC nach. Dennoch waren die Kontrollen nicht verpflichtend, die Verbände handelten viel mehr auf Verdacht. Entsprachen Frauen nicht dem damaligen Standardbild von Weiblichkeit, mussten sie sich diesen ärztlichen Untersuchungen unterziehen. Verpflichtende Geschlechtertests fanden sodann erstmals 1966 bei den Leichtathletik-Europameisterschaften statt. Die Prozedur sah wie folgt aus: die Sportlerinnen mussten sich reihum vor einem Ärztegremium nackt ausziehen und abtasten lassen. Wenn eine echte Vagina vorhanden sowie kein Penis zu erkennen war, erhielten die Frauen ihre Startberechtigung. Dieses Vorgehen sei nötig gewesen, da es laut IAAF eine Reihe von Athletinnen gab, die eigentlich männlich gewesen seien. Heutzutage würden diese Frauen wohl als intersexuell gelten.
Ein weiterer Grund für die Durchführung der Geschlechtsüberprüfungen durch die IAAF höchstpersönlich war das fehlende Vertrauen zu den jeweiligen Teamärzten, die einst für die Kontrollen verantwortlich waren. In kaum einem Bereich machte sich der Kalte Krieg so bemerkbar wie im Sport, Themen wie Doping und Sportbetrug rückten deshalb immer weiter in den Fokus der Funktionäre. Vor allem den Ostblockstaaten wurde nachgesagt, mit allen Mitteln gewinnen zu wollen und sogar so weit zu gehen, Männer als Frauen zu verkleiden. Die große sportliche Überlegenheit sowie das „unweibliche“ Auftreten derer Athletinnen bestärkten diesen Verdacht umso mehr. Dass nach Einführung der Geschlechtstests zahlreiche Ostblock-Athletinnen wie zum Beispiel die ukrainischen Press-Schwestern plötzlich ihre Karriere beendeten, heizte die Gerüchteküche nur noch mehr an und bestätigte die IAAF-Funktionäre in ihrem Vorhaben.
Hauptsache XX
Die Untersuchungen vor einem Ärztegremium und die damit verbundene Demütigung, die viele Athletinnen dabei empfanden, waren jedoch nicht von langer Dauer. Schon 1967 wurde diese Art der Kontrolle durch einen Chromosomen-Test ersetzt, bei dem man Wangenabstriche auf die jeweilige Chromosomenanzahl untersuchte. Da Frauen üblicherweise zwei X-Chromosomen und Männer jeweils ein X- und Y-Chromosom aufweisen, hielt die IAAF diesen Geschlechts-Chromatin-Test sowohl für zuverlässiger als auch würdevoller. Wurden zwei X-Chromosomen gefunden, bekamen die Athletinnen das Startrecht zugesprochen. Sobald jedoch eine Abweichung erkannt wurde, verweigerte die IAAF das Startrecht und gab den betroffenen Athletinnen die Möglichkeit, eine Krankheit als Begründung für die Absage vorzuschieben. Das IOC führte den Chromosomen-Test kurze Zeit später ebenfalls ein.
Als erstes Opfer des Chromatin-Tests ging die polnische Sprinterin und Staffel-Olympiasiegerin von 1964, Ewa Klobukowska, in die Geschichte ein. Nach einer Reihe von Tests, bei denen man bei ihr XX- und XXY-Chromosomen fand – ein Y-Chromosom zu viel – wurde sie gesperrt und offiziell als Hermaphrodit eingestuft. Weil sie sich weigerte, dieses Urteil zu akzeptieren, machte der europäische Verband das Testergebnis öffentlich. Diese Demütigung führte nicht nur zum Karriereende von Klobukowska, sondern auch zu der Richtlinie des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), dass fortan Testergebnisse der Geheimhaltung unterlegen sein müssen. Klobukowska, die im Vorfeld der Europameisterschaften 1966 die ärztliche Untersuchung noch ohne Probleme überstand, brachte 1968 übrigens einen Sohn zur Welt.
Endokrinologen und Genetiker kritisierten daraufhin die Fehlerhaftigkeit des Chromatin-Tests. Die Gegenwart eines zweiten X-Chromosoms sei nicht immer aussagekräftig, was die Bestimmung des biologischen Geschlechts angeht. Es gäbe einfach zu viele natürliche Anomalien, die in die Irre führen würden. So könnten Frauen Chromosome vorweisen, die sie als männlich identifizieren würden – wie im Fall Ewa Klobukowska. Außerdem spielten Faktoren wie Hormone, Genetik sowie Physiologie eine bedeutsame Rolle bei der Definition des Geschlechts. Deshalb sei der Geschlechts-Chromatin-Test ihrer Ansicht nach diskriminierend und traumatisierend, da Frauen, die von solchen Anomalien betroffen waren, meistens bis dahin gar nichts davon wussten und ihnen plötzlich deren weibliche Identität abgesprochen wurde. Doch trotz dieser heftigen Kritik setzten die IAAF sowie das IOC den Chromatin-Test bis in die 1980er Jahre ein. Bis Maria José Martínez Patiño den Kampf aufnahm.
Der Widerstand der Maria José Martínez Patiño
Bei Martínez Patiño, einer spanischen Hürdensprinterin, wurde im Rahmen der Universiade 1985 in Japan der Karyotyp 46,XY festgestellt – genetisch gesehen gilt sie somit als männlich, physiologisch betrachtet ist sie allerdings eine Frau mit Brüsten und einer Vagina. Sie wuchs als Frau auf, nicht einmal ihre Eltern wussten von dieser genetischen Anomalie. Doch sowohl die IAAF als auch das IOC sperrten Martínez Patiño und annullierten ihre Rekorde, sie verlor außerdem ihr Stipendium sowie ihren Verlobten, von der öffentlichen Demütigung mal ganz abgesehen. Ganze drei Jahre dauerte ihr Kampf um Rehabilitation an. Martínez Patiño wies dank wissenschaftlicher Unterstützung nach, dass sie unter einer kompletten Androgenresistenz leidet, d.h. ihr Körper kann das produzierte Testosteron gar nicht verwerten. Ihr angeblicher sportlicher Vorteil war somit sogar ein Nachteil, da ihr Testosterongehalt unter dem weiblichen Durchschnitt lag. 1989 durfte sie offiziell wieder an Wettkämpfen teilnehmen, verpasste die Qualifikation für die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona aber um eine Zehntelsekunde.
Der Fall Martínez Patiño löste nicht nur große Diskussionen aus, sondern führte 1988 letztendlich auch zur Abschaffung des Chromatin-Geschlechtstest durch die IAAF. Stattdessen mussten sich die Athletinnen nun wieder visuellen Untersuchungen unterziehen, bis 1992 schließlich flächendeckende Geschlechtertests abgeschafft wurden. Als Hauptgrund gab die IAAF die immer strengeren Dopingkontrollen an, bei denen Athletinnen unter Aufsicht Urin abgeben müssen. Außerdem sei die Sportbekleidung mittlerweile so eng, dass sie keine Spekulationen mehr zuließe. Das IOC schlug dagegen einen anderen Weg ein. Vor der endgültigen Abschaffung jeglicher Geschlechtstests 1999 versuchte sich das IOC an einem neuen Verfahren, welches dem Chromatin-Test sehr ähnlich war, jedoch zu viele fehlerhafte Ergebnisse hervorbrachte. Nach mehr als dreißig Jahren, in denen nur höchstens zwei Fälle von echtem Geschlechtsbetrug bekannt wurden, waren die Olympischen Spiele 2000 in Sydney schließlich die Ersten ohne jegliche Geschlechtsüberprüfungen.
Doch wie ging es nach 2000 weiter? Im zweiten Teil dieser Mini-Serie beschäftigt sich Sport.Politik mit den neuesten Entwicklungen seit Semenyas Weltmeistertitel 2009 und dem Für und Wieder der Testosteron-Regel.
An diesem Wochenende starteten die NFL-Playoffs mit den Wildcardspielen. Während die Kansas City Chiefs erst später in das Geschehen eingreifen, haben sich die Washington Redskins noch nicht einmal für die Playoffs qualifiziert. Wieso die beiden Teams hier so im Fokus stehen? Sie und auch die NFL haben sich gegen Ende des letzten Jahres nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als deren Spieler wegen häuslicher Gewalt auffällig wurden.
Eigentlich
wähnte sich die NFL in dieser Saison zurück in der Erfolgsspur. Die
Einschaltquoten erholten sich wieder, die Spiele sind so unterhaltsam wie lange
nicht mehr und junge, aufstrebende Talente prägen das Bild der Liga.
Diskussionen um Gehirnerschütterungen sowie den anhaltenden Hymnenprotest,
welche noch das Geschehen der Vorsaison bestimmten, sind mittlerweile weitestgehend
in den Hintergrund gerückt. Doch dann holten die Ereignisse um Kareem Hunt und
Reuben Foster die NFL auf den Boden der Tatsachen zurück und zeigten
eindrucksvoll, dass die NFL im Umgang mit häuslicher Gewalt durch ihre Spieler
nichts dazugelernt hat.
Der Fall Kareem Hunt
Was war geschehen? Ende November veröffentlichte das US-amerikanische Klatschportal TMZ ein Video, das den Runningback der Kansas City Chiefs, Kareem Hunt, dabei zeigt, wie er eine neunzehnjährige Frau in einem Hotel in Cleveland körperlich angreift, sie schlägt und tritt. Die NFL suspendierte ihn prompt – er darf nun nicht mehr mit dem Team trainieren, erhält jedoch weiterhin sein Gehalt. Was wie eine handlungsschnelle und konsequente Reaktion auf Seiten der NFL aussah, entpuppte sich allerdings schnell als Finte. Der Vorfall ereignete sich nämlich schon im Februar 2018, seitdem hatten auch die NFL und die Kansas City Chiefs Kenntnis davon.
Und trotzdem passierte in den acht Monaten davor: nichts. Nachdem die Frau keine Anzeige erstattete, hielt es die NFL auch nicht für nötig, sich mit Kareem Hunt oder dem Opfer zu unterhalten. Stattdessen vertraute man auf die Aussage Hunts, die er gegenüber seiner Team-Verantwortlichen tätigte. Es sei keine Gewalt angewandt worden. Von der Existenz des Videos hätten sie bei der NFL übrigens auch nichts gewusst. Da kommt natürlich die Frage auf, wie TMZ es schaffte, an dieses Video zu gelangen, während die NFL und ihre gut bezahlten Ermittler im Dunkeln darüber blieben. Im Juni fiel Hunt abermals negativ auf, als er in einer gewalttätigen Auseinandersetzung einem Mann ins Gesicht schlug. Auch hieraus entstanden für den NFL Rookie des Jahres 2017 keinerlei Konsequenzen.
Immer wieder Reuben Foster
Als wenn das Hunt-Debakel nicht schon schlimm genug für die NFL gewesen wäre, setzte der Fall Reuben Foster dem Ganzen nochmal die Krone auf. Der Linebacker wurde Ende November von seinem Team, den San Francisco 49ers, entlassen, nachdem er dieses Jahr bereits zweimal wegen häuslicher Gewalt verhaftet wurde – zuletzt im November dieses Jahres. So weit, so gut. Doch drei Tage später heuerten die Washington Redskins Foster an, was in den USA für einen veritablen Shitstorm sorgte. Da half auch die Aussage des hochrangigen Redskins-Funktionärs Doug Williams nicht, der versuchte, den Vorfall kleinzureden. Die Ereignisse um Foster seien im Vergleich zu den Vergehen einiger NFL-Funktionäre Kleinkram („small potatoes“).
Es war nicht das erste Mal, dass Reuben Foster auffällig wurde. 2017 musste er das Scouting Turnier der NFL verlassen, nachdem er gegenüber eines Krankenhausangestellten gewalttätig wurde. Darauf folgten ein verdächtiger Dopingtest sowie mehrere Anschuldigungen und Verhaftungen wegen häuslicher Gewalt. Zu Beginn der Saison sperrte ihn die NFL schließlich für zwei Spiele, jedoch nicht wegen seiner Gewaltausbrüche gegenüber Frauen, sondern aufgrund von Waffen- und Cannabisbesitzes.
Die NFL nach Ray Rice
Insbesondere die Vorkommnisse um Kareem Hunt erinnern sehr an den Fall Ray Rice, der 2014 für Schlagzeilen sorgte und den die NFL am liebsten aus ihrem Gedächtnis löschen würde. Die Parallelen sind beeindruckend: wie bei Hunt veröffentlichte TMZ im September 2014 ein Video, in dem Rice seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Janay Palmer in einem Aufzug bewusstlos schlägt und anschließend über den Boden schleift. Dieser Angriff ereignete sich allerdings bereits im März 2014. Dazwischen lagen also sechs Monate, in denen Ray Rice seinem normalen Leben nachgehen konnte, obwohl die NFL und sein Team, die Baltimore Ravens, von Beginn an Bescheid wussten.
Der öffentliche Aufschrei war so groß, dass sich die NFL gezwungen sah, Konsequenzen zu ziehen. So etwas solle nie mehr geschehen, verkündete damals NFL-Chef Roger Goodell. Um seinen Worten Ausdruck zu verleihen, engagierte er den ehemaligen FBI-Direktor und heutigen Sonderermittler Robert Mueller, der seine Empfehlungen abgeben sollte. Das Ergebnis war die Aufrüstung der hausinternen Ermittler und die Aktualisierung der Player Conduct Policy sowie deren Ergänzung um die Domestic Violence Policy. Die neuen Richtlinien sehen nun für ein Erstvergehen sechs Spiele Sperre ohne Bezahlung vor. Auf das Zweitvergehen folgt eine Sperre auf unbestimmte Zeit, deren Aufhebung erst nach frühestens einem Jahr beantragt werden kann.
Seitdem sperrte die NFL eine Reihe von Spielern wegen Verstößen gegen die Domestic Violence Policy, darunter sind Namen wie Ben Roethlisberger, Adrian Peterson oder Josh Brown. Überhaupt gab es seit Februar 2014 insgesamt 26 Vorfälle häuslicher Gewalt, bei denen Spieler verhaftet wurden. Allein beim NFL Draft 2017 standen mindestens sechs Spieler zur Auswahl, die schon einmal der sexuellen oder häuslichen Gewalt beschuldigt wurden. Die Zahl derer, die bis heute mit einer 6-Spiele-Sperre belegt wurden, hält sich jedoch in Grenzen.
Gewalt gegen Frauen traditionell ein Problem in der NFL
Gewalt gegen Frauen durch Spieler der NFL hat seit jeher Tradition und ist keineswegs eine neue Entwicklung. Man denke da nur an NFL-Legende Jim Brown, Super Bowl Champion 1964 und Mitglied der Hall of Fame. Er wurde alleine fünfmal beschuldigt, Frauen tätlich angegriffen zu haben, zuletzt im Alter von 66 Jahren 2002. Vor zwei Monaten wurde Wide Receiver Rae Carruth von den Carolina Panthers aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er 1999 den Mord an seiner hochschwangeren Freundin Cherica Adams in Auftrag gab. Carruth war der erste aktive Spieler der NFL, der wegen Mordes verurteilt wurde. Nicht mehr aktiv war dagegen O.J. Simpson, als er im Juni 1994 wegen des Mordes an seiner Ex-Frau Nicole Brown Simpson und deren Bekannten Ron Goldman angeklagt wurde.
Der O.J. Simpson-Fall sowie die Tatsache, dass zwischen 1989 und 1994 alleine 56 ehemalige und aktive Spieler wegen Angriffe auf Frauen auffällig wurden, sorgte für ein leises Umdenken bei der NFL. 1997 führte der damalige NFL-Chef Paul Tagliabue die Violent Crime Policy ein, welche im Jahr 2000 zum Vorläufer der heutigen Player Conduct Policy überarbeitet wurde. Diese besagte allerdings, dass Spieler erst nach einer gerichtlichen Verurteilung diszipliniert werden können. Der aktuelle NFL-Chef Roger Goodell änderte diesen Passus 2007, seitdem können Fälle gesondert und unabhängig von der Justiz betrachtet werden. Diese Maßnahmen änderten trotz alledem nichts an der Tatsache, dass laut fivethirtyeight.com zwischen 2000 und 2014 83 Verhaftungen wegen häuslicher Gewalt vorgenommen wurden, jedoch kaum einer deswegen sanktioniert wurde.
Wie ist es wirklich?
Doch wieso hat ausgerechnet die NFL solch ein großes Problem mit der Gewalt an Frauen? Oder täuscht der Eindruck nur, weil die (US-)Presse nun vermehrt darüber berichtet? Die Webseite arrestnation.com verzeichnet für das Jahr 2017 im Pro Football jedenfalls 49 allgemeine Vorfälle, bei denen Spieler zumindest verhaftet oder einem Richter vorgeführt wurden, im College Football liegt die Zahl sogar bei 230. Für dieses Jahr wurden 50 Fälle im Pro Football und 137 im College Football gezählt. Dies mag sich jetzt nach viel anhören, statistisch gesehen werden NFL-Spieler im Vergleich aber seltener verhaftet als die durchschnittliche US-Bevölkerung in ihrer Alters- und Geschlechtsgruppe. Auch die Zahl der Verhaftungen wegen häuslicher Gewalt bewegt sich unter dem nationalen US-Durchschnitt. Betrachtet man jedoch die Einkommensgruppe, der NFL-Spieler angehören, ist die Zahl der Verhaftungen wiederum überdurchschnittlich hoch.
Wie die Webseite fivethirtyeight.com für den Zeitraum 2000 bis 2014 statistisch berechnete, geschehen die meisten Verhaftungen in den USA in Folge von Trunkenheit am Steuer („DUI“) und Drogenvergehen. DUIs stellen auch das größte Problem für NFL-Spieler dar, mit einigem Abstand folgen dann aber tätliche Angriffe, die nicht in Relation zu häuslicher oder sexueller Gewalt stehen. Nimmt man allerdings nur die Kategorie der tätlichen Angriffe (inkl. häuslicher und sexueller Gewalt), liegt der Anteil für Verhaftungen wegen häuslicher Gewalt bei circa 48 Prozent – im Vergleich sind es circa 21 Prozent im US-Durchschnitt. Es sollte jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass die NBA laut der Webseite vocativ.com der NFL bei der Zahl der Verhaftungen (2010 – 2014) in nichts nachsteht.
Die Macho-Kultur im American Football
Das
Problem scheint also größer zu sein als gedacht. Doch wieso ist das so? Einige
Experten sehen die Gründe für das aggressive Verhalten von Spielern jenseits
des Spielfelds in der gewalttätigen Natur des American Football, welches von
brutalen Zusammenstößen und Tackles
sowie schweren Verletzungen geprägt ist. Dabei ist die heutige Variante im
Vergleich zu damals harmlos. Als das erste offizielle Spiel der
Football-Geschichte 1869 zwischen den beiden College-Mannschaften Rutgers und
Princeton ausgetragen wurde, galten noch ganz andere Regeln. So existierten
weder die derzeitigen Regeln zum Schutz der Spieler noch mussten diese eine
Schutzausrüstung tragen. Dies führte dazu, dass 1905 18 Spieler an den Folgen
von Verletzungen starben, was den damaligen US-Präsidenten Theodore Roosevelt
auf den Plan rief. Er drohte mit dem Verbot von American Football, sollten
nicht die Regeln geändert bzw. entschärft werden. So entwickelte sich American
Football nach und nach zu dem Spiel, welches heute die Nummer Eins Sportart in
den USA ist.
In einem sehr jungen Alter lernen Football-Spieler bereits, dass von ihnen eine gewisse Brutalität auf dem Platz gefordert wird und diese eine Grundvoraussetzung für Erfolg ist, für harte Tackles werden sie gelobt und verehrt. Es scheint ihnen anschließend schwer zu fallen, dieses aggressive Verhalten im Privatleben hinter sich zu lassen. Eine gewisse Macho-Kultur im Sport, inklusive sexistischem Lockerroom Talk, tut sein Übriges. Es wird desto schwieriger, je erfolgreicher die Spieler werden. Dazu trägt sicherlich auch das Verhalten vieler Trainer, Funktionäre und auch Eltern bei, die über jegliches Fehlverhalten ihrer Schützlinge hinwegsehen und die schützende Hand über sie legen. Solange sie der Highschool, dem College oder dem NFL-Team Erfolg bringen, können sich diese Spieler jegliche Fehltritte leisten. Dies ist jedoch ein allgemeines Phänomen, welches auch andere Sportarten wie Basketball, Eishockey und Baseball betrifft.
Spätfolgen des American Footballs
Welche gravierenden Auswirkungen vor allem Kopfverletzungen auf das Verhalten von Footballspielern haben können, zeigen die Studien und Berichte über die chronisch-traumatische Enzephalopathie, kurz: CTE. Erste Symptome dieser neurodegenerativen Erkrankung des Gehirns treten im Durchschnitt acht Jahre nach der ersten Kopfverletzung auf. Kopfschmerzen sowie Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwächen sind erste Anzeichen, es folgen unter anderem Depressionen, Gedächtnisverlust, Aggressivität, ein Verlust der Impulskontrolle, Persönlichkeits- und Verhaltensveränderungen sowie ein erhöhtes Selbstmordrisiko, am Ende leidet der Patient an einer ausgeprägten Demenz. Oftmals gehen diese Symptome mit Drogen- oder Alkoholproblemen einher, außerdem geraten Betroffene oftmals in Konflikt mit dem Gesetz.
Vor
allem in den letzten zehn Jahren schockierte eine Reihe von tragischen Fällen
die US-amerikanische Öffentlichkeit. Da wären zum Beispiel die Selbstmorde von
Super Bowl-Champion Dave Duerson (50 Jahre), Ray Easterling (62 Jahre), Andre
Waters (44 Jahre) und Junior Seau (43 Jahre). Besonders bestürzt reagierten
Fans und ehemalige Mitspieler jedoch auf den Tod von Mike Webster. Der
vierfache Super Bowl-Champion lebte jahrelang auf der Straße, war
medikamentenabhängig und starb 2002 50-jährig an einem Herzinfarkt. Webster war
der erste Spieler, bei dem CTE diagnostiziert wurde. Die letzten Jahre seines
Lebens und der Kampf seiner Familie mit der NFL um Anerkennung der Schuld
wurden 2015 in dem Film „Concussions“ mit Will Smith in der Hauptrolle
thematisiert.
Doch nicht nur die Betroffenen selbst leiden unter den Folgen von CTE, auch deren enge Angehörige und Freunde werden in Mitleidenschaft gezogen – manchmal mit tödlichen Folgen. So erschoss Jovan Belcher von den Kansas City Chiefs 2012 erst seine Freundin Kasandra Perkins, die Mutter seiner dreijährigen Tochter, um dann zum Trainingsgelände der Chiefs zu fahren und dort in Anwesenheit des Managers sowie Team-Besitzers Selbstmord zu begehen. Belcher war erst 25 Jahre alt und spielte noch aktiv American Football. Chris Benoit, ein sehr angesehener Wrestler aus Kanada, tötete 2007 innerhalb von drei Tagen zuerst seine Ehefrau Nancy, dann den gemeinsamen Sohn Daniel und schließlich sich selbst. Aaron Hernandez wurde 2015 wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt und erhängte sich zwei Jahre später in seiner Gefängniszelle.
CTE als Grund für Gewaltausbrüche?
Was all diese Fälle gemeinsam haben? Bei jedem dieser Männer wurde posthum CTE festgestellt, und zwar teilweise in solch einem Ausmaß, dass sogar die erfahrensten Mediziner erschrocken waren. Dr. Ann McKee, Direktorin des Boston University CTE Centers, war eine von ihnen. Sie untersuchte das Gehirn von Aaron Hernandez und fand Schockierendes heraus: die Schäden an seinem Gehirn entsprachen eher einem 46-Jährigen. Aaron Hernandez war zum Zeitpunkt seines Todes jedoch erst 27 Jahre alt. Dieser und einige andere Fälle belegen aber auch sehr gut, dass nicht nur alternde, bereits zurückgetretene Profis jenseits der 40 von CTE betroffen sind, sondern auch junge, noch aktive Spieler.
Das bestätigt auch eine Studie von Dr. McKee, über die die New York Times 2017 berichtete. Sie untersuchte die Gehirne von 111 NFL-Spielern, in 110 von ihnen fand man Spuren von CTE. Die Altersspanne lag hier bei 23 bis 89 Jahren. Eine weitere Studie der Boston University von 2013 erforschte, in welchem Zusammenhang Gewalttätigkeit und CTE stehen. Herauskam, dass von 33 Betroffenen über die Hälfte zu Lebzeiten gewalttätig wurden. Dennoch können und wollen Mediziner keinen direkten Zusammenhang zwischen CTE und (häuslicher) Gewalt herstellen. Dr. McKee äußerte sich in einem TIME-Artikel wie folgt:
„Wir können uns nicht das Krankheitsbild anschauen und daraus das Verhalten ableiten. Doch wir können allgemein sagen, bezüglich unserer gesammelten Erfahrung, dass Personen mit CTE, vor allem CTE mit diesem Schweregrad (bezogen auf Hernandez, Anm. d. Red.) Probleme mit der Impulskontrolle, dem Treffen von Entscheidungen, der Unterdrückung von aggressiven Regungen, emotionalen Stimmungsschwankungen und zornigen Verhalten haben.“
Um es nochmal klarzustellen: Nicht jeder Footballspieler erkrankt an CTE. Genauso wie nicht jeder CTE-Betroffene gewalttätig oder kriminell werden muss. Jedoch ist die Gefahr, dass Footballspieler, die an CTE leiden, sich oder ihren engsten Mitmenschen etwas antun, nun einmal erhöht.
Was kann die NFL tun?
Zuerst einmal muss die NFL dafür sorgen, dass sie ihre Spieler vor Kopfverletzungen schützt. Ein erster Schritt in diese Richtung war die Einführung des Concussion Protocol, welches sicherstellen soll, dass Spieler mit einer Kopfverletzung nicht so schnell auf das Spielfeld zurückkehren können. Werden diese Maßnahmen nicht eingehalten, müssen die Teams mit hohen Geldstrafen rechnen. Die NFL aktualisierte vor dieser Saison ebenso die Helm-Regel, welche es jetzt verbietet, mit dem Kopf voran in einen Gegenspieler zu rennen. Dies soll Kopfverletzungen verhindern, Teams sowie Spieler sind jedoch alles andere als begeistert, da so die beim Publikum so beliebten Tackles weniger werden. Dass die NFL nun diese Maßnahmen ergreift, hat sicherlich mit der Erkenntnis zu tun, dass die Diskussionen um CTE und Sportlern, die nach ihrer Karriere drogenabhängig und gewalttätig werden, einen immensen Imageschaden nach sich ziehen. Es sollte deshalb nicht unerwähnt bleiben, dass es Jahre gedauert hat, bis die NFL 2016 öffentlich eine Verbindung zwischen American Football und CTE einräumte. Mittlerweile stellt die NFL Spielern, die unter den Spätfolgen von Kopfverletzungen leiden, einen Fond von einer Milliarde US-Dollar zur Verfügung.
Härtere Sperren für häusliche und sexuelle Gewalt
Außerdem
sollten Spieler, die nachweislich der häuslichen Gewalt überführt werden,
härter sanktioniert werden als Spieler, die Luft aus einem Spielball
herauslassen – siehe Tom Bradys 4-Spiele-Sperre aufgrund des Deflategate. Oftmals fehlt einfach die
Verhältnismäßigkeit. Das mag auch daran liegen, dass einzig und allein NFL-Chef
Roger Goodell über die Spieler richtet. Er entscheidet, ob Fälle verfolgt
werden, über die Höhe der Sperre und im Falle eines Einspruchs, ob ihm
stattgegeben oder ob er abgelehnt wird. Goodells Status als Alleinherrscher
wird von vielen Teams, Spielern und auch Medien kritisch gesehen, da sie Goodell
fehlende Objektivität und Willkürlichkeit vorwerfen.
Tatsächlich sind die Entscheidungen Goodells selten einheitlich. Die Spieler hätten es jedoch selbst in der Hand, ein Zeichen dafür zu setzen, dass häusliche Gewalt in ihrer Liga keinen Platz hat. So könnten sie zum Beispiel Teile ihres Tarifvertrages mit der NFL neu verhandeln und somit einheitliche, strengere Strafen bezüglich häuslicher Gewalt festlegen. Dies ist bereits mit Vergehen wegen Dopings und DUIs geschehen. Auf diese Art und Weise könnten sie gleichzeitig die Macht Goodells einschränken. Die NFL-Teams könnten jedoch genauso ihre Machtposition ausnutzen und frühere Vergehen bzw. Beschuldigungen bei ihrer Draft-Entscheidung berücksichtigen. Überdies könnten NFL-Teams auf die Verpflichtung von Profis verzichten, die gerade von anderen Teams wegen solcher Vergehen suspendiert wurden.
Die NFL sollte sich ferner ein Beispiel an der AFL, der Australian Rules Football-Liga, nehmen, die nach mehreren Vorfällen häuslicher Gewalt 2004 Pflichtkurse für ihre Spieler einführte. Einmal im Jahr müssen die AFL-Profis Seminare zur Prävention von häuslicher und sexueller Gewalt besuchen. Wird ein NFL-Spieler erstmal wegen häuslicher Gewalt gesperrt, sollte überdies eine Therapie bzw. ein Anti-Aggressionstraining obligatorisch sein.
Hilfefonds der NFL für Opfer häuslicher Gewalt
Vergehen wegen häuslicher Gewalt bleiben trotzdem oft unentdeckt, die Dunkelziffer ist sehr hoch. Die Opfer haben häufig sehr große Angst vor den Konsequenzen, sollten sie eine Anzeige erstatten oder an die Öffentlichkeit gehen. So fürchten sie, dass man ihnen keinen Glauben schenkt oder erst gar keine Ermittlungen eingeleitet werden. Kommen die Täter auch noch aus einem Sportumfeld, sind diese Ängste gar nicht so unbegründet. Die Polizei scheint berühmten Athleten gegenüber wohlgesonnener – manchmal auch Dank des Eingreifens des jeweiligen NFL-Teams. Kommt es dann doch zu einem Prozess, werden Sportler im US-Durchschnitt seltener verurteilt. Des Weiteren sind die Spielerfrauen meist finanziell anhängig von ihren Ehemännern, so dass die Angst vor einem sozialen Abstieg viele von einer Anzeige abhält. Hier könnte die NFL einen Fonds einrichten, der die Spielerfrauen finanziell unterstützt und sie professionell begleitet, sollten sie den Weg einer Anzeige und anschließenden Prozesses gehen wollen.
Mit
der Umsetzung all dieser Maßnahmen würde die NFL zeigen, dass sie das durchaus
existierende Problem der (häuslichen) Gewalt im American Football anerkennt.
Und gleichzeitig auch die Verantwortung für die Spätfolgen eines Sports
übernimmt, der sowohl die Spieler als auch die engsten Angehörigen oftmals als
Opfer zurücklässt. Immerhin verdient die NFL jährlich über 14 Milliarden
US-Dollar mit ihrem Schicksal.
Diese Woche war auf und neben dem Sportplatz ganz schön viel los. Deshalb hier die News aus der Welt des Sports.
Handball: Deutsche Frauen erreichen Hauptrunde
25 Jahre ist es her, dass Deutschlands Handballdamen den letzten großen internationalen Titel gewinnen konnten – 1993 wurden sie Weltmeisterinnen. Mit dem gestrigen Sieg im letzten Gruppenspiel gegen Tschechien (30:28) bewahrte sich die deutsche Nationalmannschaft die Chance auf den EM-Titel, um den es gerade in Frankreich geht. Nach dem furiosen Auftakt, als die deutsche Mannschaft direkt im ersten Spiel den Topfavoriten und siebenmaligen Europameister Norwegen besiegte, ist das Mindestziel Hauptrunde nun also geschafft. Dort warten neben Norwegen Nationen wie Spanien, die Niederlande und Ungarn.
Den deutschen Spielerinnen gelang es nun, zum vierten Mal in Folge die Hauptrunde einer Europameisterschaft zu erreichen. Die Mannschaft um Bundestrainer Henk Groener versucht außerdem, die Enttäuschung bei der Heim-WM letztes Jahr vergessen zu machen, als sie den 12. Platz belegten. Dies wird allerdings nicht sehr einfach, da sich die Mannschaft aufgrund diverser Rücktritte nach der WM auf junge Führungsspielerinnen verlassen muss.
EUROSPORT überträgt die Spiele der Handball-EM im Free-TV, das erste Spiel der Hauptrunde findet am Freitag (07.12.) um 18 Uhr gegen Spanien statt.
Turnen: US-Verband meldet Insolvenz an
Der US-Turnverband gab gestern auf seiner Internetseite bekannt, dass dieser Insolvenz anmelden musste. Der Schritt sei nötig gewesen, um weiterhin in der Lage zu sein, die US-TurnerInnen bestmöglich zu unterstützen und das Tagesgeschäft weiterzuführen. Außerdem könne man nur so den Schadensersatzansprüchen der Nassar-Überlebenden gerecht werden.
„Wir schulden es den Opfern ihre Ansprüche aufgrund der schrecklichen Taten der Vergangenheit vollständig und endgültig zum Abschluss zu bringen. […] Unser Sport ist dank des Mutes dieser Frauen sicherer und stärker. Der Insolvenzantrag und die beschleunigte Abwicklung dieser Ansprüche sind die ersten wichtigen Schritte, um das Vertrauen der Gemeinschaft zurückzugewinnen.“ (Kathryn Carson – Vorstandsvorsitzende US Gymnastics)
Der Insolvenzantrag von US Gymnastics ist nur eine weitere Konsequenz aus dem Larry Nassar-Missbrauchsskandal, nachdem das Nationale Olympische Komitee der USA bereits Schritte einleitete, dem US-Turnverband den Status als Dachorganisation abzuerkennen.
Feldhockey: WM in Indien
Derzeit findet im indischen Bhubaneswar die 14. Feldhockey-Weltmeisterschaft der Herren statt. Die deutsche Mannschaft setzte gestern schon ein erstes Ausrufezeichen, als sie die Niederlande, eine der Top-Favoriten, im zweiten Gruppenspiel mit 4:1 schlug. Davor gewann sie bereits gegen Rekord-Weltmeister Pakistan. Im dritten und letzten Gruppenspiel am Sonntag (09.12.,12:30 Uhr) wartet die Mannschaft aus Malaysia auf Deutschland. Trotz Platz sechs in der Weltrangliste gehört Deutschland zu den Titel-Favoriten – immerhin machten Deutschland, Australien und die Niederlande in den letzten zwanzig Jahren den Titel unter sich aus.
Eine Premiere feiert der neue Turniermodus, denn erstmals nehmen 16 Mannschaften an den Weltmeisterschaften teil. Im Gegensatz zu früher, als noch Platzierungsspiele über den Titel entschieden, werden die Mannschaften nun in vier Gruppen eingeteilt. Der jeweilige Erstplatzierte qualifiziert sich direkt für das Viertelfinale, die Zweit- und Drittplatzierten müssen in die sogenannten Überkreuzspiele (oder auch Achtelfinals). Der neue Modus soll für mehr Spannung von Beginn an sorgen.
DAZN überträgt alle Spiele live, im deutschen Free-TV sind die Spiele leider nicht zu sehen.
Leichtathletik: Russland bleibt gesperrt – neuer CEO bei IAAF – WM 2023 in Budapest
Das IAAF Council Meeting Anfang dieser Woche in Monaco war alles andere als ereignisarm. Der Beschluss, der wohl für die meisten Schlagzeilen sorgte, war die Aufrechterhaltung der Suspendierung Russlands. Der russische Leichtathletikverband RusAF erfülle nicht die Bedingungen, die die IAAF für eine Wiederaufnahme gestellt hat. Dazu gehört u.a. der Zugang zur Datenbank des Anti-Doping-Labors in Russland. Mit dieser Entscheidung stellt sich die IAAF gegen die Welt-Doping-Agentur WADA sowie das IOC, die die Suspendierung Russlands schon längst wieder aufgehoben haben. Für die russischen Athletinnen und Athleten bedeutet dies, zumindest bei der Hallen-EM nächstes Jahr in Glasgow als neutrale AthletInnen antreten zu müssen.
Außerdem fand ein Führungswechsel bei der IAAF statt. Der ehemalige britische Hürdensprinter Jon Ridgeon wird ab März 2019 Olivier Gers als CEO der IAAF ersetzen. Bislang war dieser bei CSM Sport and Entertainment tätig, dessen Vorstandsvorsitzender IAAF-Präsident Sebastian Coe ist. Der Franzose Olivier Gers gab den Posten bereits nach 18 Monaten wieder auf, da er nicht mit der zukünftigen kommerziellen Ausrichtung des Weltverbandes einverstanden war.
Des Weiteren wurde Budapest als Ausrichter der Leichtathletik-WM 2023 bekannt gegeben. Sie waren die einzigen Bewerber und wurden von Sebastian Coe favorisiert. 2019 findet die WM in Doha (Katar) statt, 2021 in „Tracktown“ Eugene (USA). Bei der jährlichen Jahresabschluss-Gala der IAAF wurde zudem die Dreispringerin Catherine Ibarguen zur Leichtathletin des Jahres und der Marathon-Weltrekordler Eliud Kipchoge zum Leichtathleten des Jahres ausgezeichnet.
Doping: Ines Geipel tritt zurück
Ein Paukenschlag am Dienstag: Ines Geipel tritt von ihrem Posten als Vorsitzende des Doping-Opfer-Hilfevereins zurück. Der Verein wurde 1999 gegründet und unterstützt seither die Opfer des DDR-Dopings. Nachfolger Geipels soll Rechtsanwalt Dr. Michael Lehner werden, einer der Gründungsmitglieder des Vereins. Grund für den Rücktritt sind die Turbulenzen der letzten Wochen. Es wurden Vorwürfe laut, dass Gutachten sowie die Opferzahlen geschönt worden wären. Auch der Führungsstil von Geipel wurde kritisiert. Um wieder Ruhe in den Verein zu bringen, zieht sich Geipel nun als Vorsitzende zurück. Dabei gab es erst vor zwei Wochen Grund zur Freude, als der Dopingopfer-Hilfefonds auf 13,65 Millionen Euro aufgestockt und die Antragsfrist auf den 31.12.2019 verlängert wurde.
Fußball: Missbrauchsvorwürfe gegen afghanischen Verband
Die FIFA hat Ermittlungen gegen den afghanischen Fußballverband AFF eingeleitet und reagiert somit auf Vorwürfe, dass Verbandsvertreter Nationalspielerinnen der afghanischen Mannschaft sexuell missbraucht und körperlich misshandelt haben sollen. Diese Vorwürfe betreffen auch den Präsidenten des Verbandes, Keramuddin Keram. Der AFF bestreitet diese Anschuldigungen vehement. Der Sponsor der afghanischen Nationalmannschaft zog dennoch schon erste Konsequenzen: Sportartikelhersteller Hummel stellte sein Engagement vorerst ein und forderte den Rücktritt von Keram.
Aufsehen erregten auch die Knebelverträge, die die Nationalspielerinnen Afghanistans unterschreiben sollten. Nationalspielerin Mina Ahmadi veröffentlichte einen Auszug eines solchen Vertrages bei Facebook. Aus dem geht hervor, dass die Spielerinnen bei allen öffentlichen Auftritten einen Hijab tragen müssen, außerdem wird ihnen der Kontakt zur Presse untersagt, solange dieser nicht vom Verband genehmigt ist. Die Kapitänin der Nationalmannschaft, Shabnam Mobarez, verweigerte ebenfalls ihre Unterschrift, da der Vertrag keine Regelung zur Bezahlung beinhaltete und ihr untersagte, Sponsoren außerhalb der Nationalmannschaft zu akquirieren. Seitdem wurden sie und einige andere Spielerinnen nicht mehr in die Nationalmannschaft berufen.
Eine traurige Nachricht zu Beginn der Woche: Ex-Boxweltmeister Markus Beyer erlag am Montag (03.12.) im Alter von nur 47 Jahren einer Krebserkrankung. Beyer begann seine Karriere unter der Führung von Trainer Ulli Wegner in der DDR bei der SG Wismut Gera. 1988 wurde er Junioren-Europameister, 1992 sowie 1996 nahm er an den Olympischen Spielen teil. Nachdem er 1996 ins Profilager wechselte, gelang ihm das Kunststück, den WM-Titel im Supermittelgewicht dreimal zu gewinnen. 2008 musste er seine Karriere verletzungsbedingt beenden.
Fußball: EM 2021 in England
Am Montag gab die UEFA bekannt, dass die Fußball-EM der Frauen 2021 in England stattfinden wird. Das Mutterland des Frauenfußballs war allerdings der einzige Bewerber. Das Finale wird im Londoner Wembley Stadium ausgetragen, welches Platz für 90.000 Zuschauer hat. Andere Ausrichtungsorte sind Manchester, Sheffield, Southampton und Brighton.
Der Zuschlag für die EM 2021 bestätigt den englischen Verband in seinen Bemühungen der letzten Jahre, den Frauenfußball vermehrt zu fördern. So investierte die FA erst im Januar dieses Jahres 56 Millionen Euro für die nächsten sechs Jahre, die vor allem dem Nachwuchs zu Gute kommen sollen. Dass diese Maßnahmen Erfolg bringen, zeigt das gute Abschneiden der englischen Nationalmannschaft bei der EM 2017, als sie sich erst im Halbfinale den Niederlanden geschlagen geben musste. Auch die FA Women’s Super League erfreut sich immer größerer Beliebtheit sowohl bei Spielerinnen als auch bei Zuschauern.
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