Kampf um die Karriere: Caster Semenya vs. IAAF

Neben dem Dauerbrenner Doping bestimmen die Diskussionen um Caster Semenya in den letzten Jahren die Schlagzeilen. Kaum ein Thema ist so allgegenwärtig und wird so hitzig debattiert wie die Frage nach Semenyas Geschlecht und ihren Testosteron-Werten. Entweder man ist auf ihrer Seite oder der des Internationalen Leichtathletik-Weltverbandes. Ein Dazwischen scheint es kaum zu geben. Was oft vergessen wird: die Frage nach Frau oder Mann genießt im Sport eine lange Tradition. Deshalb gibt der erste Teil dieser Mini-Serie eine kleine Einführung in den Sachverhalt, um dann einen Blick in die Geschichte der Geschlechtsüberprüfungen zu werfen.

Noch im Sommer 2018 stellte Caster Semenya neue Landesrekorde über die 800m- und 1.500m-Strecken auf. Doch wenn es nach dem Internationalen Leichtathletikverband IAAF ginge, könnte ihre Karriere bald beendet sein, sollte sie sich nicht freiwillig einer Hormontherapie unterziehen. Die IAAF kämpfte diese Woche nämlich vor dem Internationalen Sportgerichthof CAS für die Umsetzung seiner neuen Testosteron-Regel, die eigentlich schon letzten November in Kraft treten und die Teilnahme von betroffenen Athletinnen an den Frauen-Wettbewerben der Leichtathletik neu regeln sollten. Der CAS hegte jedoch Zweifel an der wissenschaftlichen Beweisführung der IAAF, so dass sich die IAAF gezwungen sah, die neuen Regularien auszusetzen.

Die aktualisierten Hyperandrogenämie-Regularien unterscheiden sich in einem elementaren Punkt von denen aus dem Jahr 2011: Es sollen nur noch Sportlerinnen bei den Frauen antreten dürfen, deren natürlicher Testosterongehalt im Blut unter fünf Nanomol pro Liter liegt – damals war der Grenzwert noch doppelt so hoch. Um international starten zu dürfen, müssten diese Athletinnen nun mithilfe einer Hormontherapie ihren Testosteron-Wert künstlich senken. Die IAAF begründet diese Verschärfung mit einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie von 2017, welche den Zusammenhang zwischen natürlichen Testosteron und sportlicher Leistung untersuchte. Danach hätten Athletinnen mit einem körpereigenen Testosteron-Gehalt von über fünf Nanomol pro Liter im Blut einen signifikanten Leistungsvorteil gegenüber Athletinnen mit einem durchschnittlichen Testosteron-Wert: über 400m 2,73 Prozent, 400m Hürden 2,78 Prozent, 800m 1,78 Prozent, Hammerwurf 4,53 Prozent und Stabhochsprung 2,94 Prozent.

„Caster-Semenya-Regularien“

Der Autor dieser Studie, Dr. Stéphane Bermon, seinerseits Direktor des IAAF Health & Science Departments, sieht sich massiver Kritik ausgesetzt. Diverse Wissenschaftler bemängeln die statistische Fehlerhaftigkeit der Studie. So wurden ihrer Meinung nach einige sportliche Leistungen doppelt verwendet, mehrere Ergebnisse wurden später wegen Dopings aberkannt und manche Ergebnisse konnten keiner Athletin zugeordnet werden. Insgesamt sollen knapp 32 Prozent der Werte fehlerhaft sein. Erhebliche Kritik erregte auch der Umstand, dass sich die neuen Regularien auf die Distanzen von 400m bis zu einer Meile (1.609m) beschränken, obwohl der größte Leistungsvorteil laut Bermons Studie in den Disziplinen Hammerwurf und Stabhochsprung gegeben ist.

Die IAAF erweckt damit bei vielen Kritikern den Eindruck, als ob die neuen Regularien genau auf Semenya zugeschnitten seien. In Leichtathletikkreisen und in den sozialen Medien wird über die Absichten der IAAF spekuliert – nämlich Semenya, die in den letzten Jahren diese Strecken dominierte, so aus dem Verkehr ziehen zu können. Doch auch Rassismus-Vorwürfe werden laut, da diese Strecken vornehmlich von Athletinnen aus dem globalen Süden bestimmt werden. Befeuert werden diese Vorwürfe mit der Hereinnahme der Meile, eine Strecke, die gar nicht erst Teil der Studie war. Caster Semenya erfährt jedoch nicht nur die Unterstützung diverser Wissenschaftler, die diese Woche bei den CAS-Anhörungen in ihrem Namen aussagen. Sie hat außerdem die südafrikanische Regierung, die Vereinten Nationen und prominente SportlerInnen wie Tennis-Ikone Billie Jean King auf ihrer Seite, die die neue Verordnung der IAAF als Verletzung der Menschenrechte ansehen.

Die IAAF beharrt jedoch auf ihrer Begründung, mit den neuen Regeln für gleiche und faire Wettkampfbedingungen innerhalb des Frauenfeldes zu sorgen und so die Gesundheit der betroffenen Athletinnen schützen zu wollen.

Was ist Hyperandrogenämie?

Apropos, Gesundheit. Was bedeutet Hyperandrogenämie überhaupt? Dazu erst einmal Grundsätzliches: Männer und Frauen produzieren jeweils sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtshormone. Bis zur Pubertät ähneln sich die Level der männlichen Geschlechtshormone (Androgene) sogar, erst danach steigt der Wert bei Jungs deutlich an. So liegt der durchschnittliche Testosteron-Wert bei Frauen im Erwachsenenalter bei 0,12 bis 1,79 Nanomol pro Liter, bei Männern rangiert er zwischen 7,7 und 29,4 Nanomol pro Litern. Produziert der Körper überdurchschnittlich viele Androgene (u.a. Testosteron), dann spricht man von einer Hyperandrogenämie. Dies bezeichnet eine hormonelle Störung, die Frauen und Männer betreffen kann. Häufige Symptome sind unter anderem typisch männlicher Haarwuchs, ein maskulines Erscheinungsbild, Akne sowie Unfruchtbarkeit und Übergewicht.

Hyperandrogenämie kann durchaus verschiedene Ursachen haben. Neben Tumoren oder dem Polyzystischen Ovarial-Syndrom können eine Reihe von Sexualdifferenzierungs-störungen (engl. Differences of Sex Development, DSD) diese hormonelle Imbalance auslösen. Die Athletinnen, die nun unter die neuen Regularien der IAAF fallen, sind meistens von letzterem betroffen. Diese sogenannten Sexualdifferenzierungsstörungen sind medizinische Konditionen, die zu atypischen genetischen, anatomischen sowie hormonellen Entwicklungen im weiblichen Reproduktionssystem führen können – dazu gehört unter anderem die Intersexualität. Die IAAF möchte nun also jene Athletinnen sperren, die an bestimmten Sexualdifferenzierungsstörungen „leiden“, dadurch bedingt einen Testosteron-Wert im männlichen Bereich vorweisen und dieses Testosteron besonders gut verarbeiten können (Androgensensitivität).

Können das wirklich Frauen sein?

Die IAAF betont dabei immer wieder, dass sie weder den biologischen noch den sozialen Status der betroffenen Frauen in Frage stellen oder beurteilen möchten. Dennoch löste sie mit ihren Hyperandrogenämie-Regularien eine Diskussion aus, die seit Beginn des professionalisierten Frauensports Anfang des 20. Jahrhunderts eine lange Tradition genießt. Damals etablierten sich Frauen nach und nach in der Welt des Sports, nachdem alte Rollenbilder und männlich-geführte Verbände sie lange von einer Teilnahme ausschlossen. Doch nun durften sie an Olympischen Spielen teilnehmen, betrieben Sportarten wie das männlich-dominierte Skispringen und brachten Stars wie Sonia Henie oder Babe Didrikson hervor. Aber je mehr Frauen in Bereiche wie Sport, Arbeit und Bildung vorstießen, desto verunsicherter wurden Männer, was ihr eigenes Selbstverständnis anging.

Eine Frage wurde dabei immer wieder diskutiert: können diese schnellen, athletischen Sportlerinnen, die sogar den Männern plötzlich Konkurrenz machten, wirklich echte Frauen sein? Diese Debatte ließ auch die Sportfunktionäre nicht kalt. Sie wurden schließlich so skeptisch ob der Weiblichkeit der Athletinnen, dass sie bereits in den 1930er Jahren erste Geschlechterüberprüfungen veranlassten. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass sich hinter der weiblichen Fassade nicht doch insgeheim ein Mann versteckte.

Olympia 1936: Die Fälle Dora Ratjen und Stanislawa Walasiewicz

Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin wurden daraufhin erste Leichtathletinnen auf ihr Geschlecht untersucht. Darunter war auch die spätere Sprint-Olympiasiegerin Helen Stephens aus den USA. Ihr wurde ausgerechnet von der eigentlichen Favoritin Stanisława Walasiewicz und den polnischen Medien vorgeworfen, ein Mann zu sein. Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, kurioserweise entpuppte sich jedoch Stella Walsh, wie Walasiewicz nach ihrer Heirat in den USA hieß, später selbst als intersex – dies ergab eine Autopsie 1989, nachdem sie bei einem Raubüberfall getötet wurde.

Besondere Aufmerksamkeit erlangte hierzulande, damals wie heute, jedoch der Fall Dora Ratjen – auch dank der historisch nicht ganz akkuraten Verfilmung „Berlin 36“ aus dem Jahr 2009. Anders als im Film behauptet, wurde die Hochspringerin Ratjen nicht von den Nationalsozialisten als Frau verkleidet und mit dem Ziel in die Mannschaft geschleust, die jüdische Hochspringerin Gretel Bergmann von einer Teilnahme an den Spielen in Berlin abzuhalten. Dora Ratjen, als deutsche Meisterin eh für die olympischen Wettbewerbe 1936 qualifiziert, war intersexuell. Es stellte sich kurz nach den Spielen heraus, dass Ratjen, entgegen seines eigenen Gefühls, als Mädchen herangezogen wurde. 1939 änderte er schließlich seinen Namen von Dora zu Heinrich und lebte bis zu seinem Tod 2008 als Mann, seine Titel und Weltrekorde wurden von der IAAF zudem aberkannt.

Die 1960er: Nackt-Paraden auf dem Flur

Die IAAF führte 1946 Massentests ein, um das Geschlecht der Sportlerinnen zu überprüfen. 1948 zog das IOC nach. Dennoch waren die Kontrollen nicht verpflichtend, die Verbände handelten viel mehr auf Verdacht. Entsprachen Frauen nicht dem damaligen Standardbild von Weiblichkeit, mussten sie sich diesen ärztlichen Untersuchungen unterziehen. Verpflichtende Geschlechtertests fanden sodann erstmals 1966 bei den Leichtathletik-Europameisterschaften statt. Die Prozedur sah wie folgt aus: die Sportlerinnen mussten sich reihum vor einem Ärztegremium nackt ausziehen und abtasten lassen. Wenn eine echte Vagina vorhanden sowie kein Penis zu erkennen war, erhielten die Frauen ihre Startberechtigung. Dieses Vorgehen sei nötig gewesen, da es laut IAAF eine Reihe von Athletinnen gab, die eigentlich männlich gewesen seien. Heutzutage würden diese Frauen wohl als intersexuell gelten.

Ein weiterer Grund für die Durchführung der Geschlechtsüberprüfungen durch die IAAF höchstpersönlich war das fehlende Vertrauen zu den jeweiligen Teamärzten, die einst für die Kontrollen verantwortlich waren. In kaum einem Bereich machte sich der Kalte Krieg so bemerkbar wie im Sport, Themen wie Doping und Sportbetrug rückten deshalb immer weiter in den Fokus der Funktionäre. Vor allem den Ostblockstaaten wurde nachgesagt, mit allen Mitteln gewinnen zu wollen und sogar so weit zu gehen, Männer als Frauen zu verkleiden. Die große sportliche Überlegenheit sowie das „unweibliche“ Auftreten derer Athletinnen bestärkten diesen Verdacht umso mehr. Dass nach Einführung der Geschlechtstests zahlreiche Ostblock-Athletinnen wie zum Beispiel die ukrainischen Press-Schwestern plötzlich ihre Karriere beendeten, heizte die Gerüchteküche nur noch mehr an und bestätigte die IAAF-Funktionäre in ihrem Vorhaben.

Hauptsache XX

Die Untersuchungen vor einem Ärztegremium und die damit verbundene Demütigung, die viele Athletinnen dabei empfanden, waren jedoch nicht von langer Dauer. Schon 1967 wurde diese Art der Kontrolle durch einen Chromosomen-Test ersetzt, bei dem man Wangenabstriche auf die jeweilige Chromosomenanzahl untersuchte. Da Frauen üblicherweise zwei X-Chromosomen und Männer jeweils ein X- und Y-Chromosom aufweisen, hielt die IAAF diesen Geschlechts-Chromatin-Test sowohl für zuverlässiger als auch würdevoller. Wurden zwei X-Chromosomen gefunden, bekamen die Athletinnen das Startrecht zugesprochen. Sobald jedoch eine Abweichung erkannt wurde, verweigerte die IAAF das Startrecht und gab den betroffenen Athletinnen die Möglichkeit, eine Krankheit als Begründung für die Absage vorzuschieben. Das IOC führte den Chromosomen-Test kurze Zeit später ebenfalls ein.

Als erstes Opfer des Chromatin-Tests ging die polnische Sprinterin und Staffel-Olympiasiegerin von 1964, Ewa Klobukowska, in die Geschichte ein. Nach einer Reihe von Tests, bei denen man bei ihr XX- und XXY-Chromosomen fand – ein Y-Chromosom zu viel – wurde sie gesperrt und offiziell als Hermaphrodit eingestuft. Weil sie sich weigerte, dieses Urteil zu akzeptieren, machte der europäische Verband das Testergebnis öffentlich. Diese Demütigung führte nicht nur zum Karriereende von Klobukowska, sondern auch zu der Richtlinie des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), dass fortan Testergebnisse der Geheimhaltung unterlegen sein müssen. Klobukowska, die im Vorfeld der Europameisterschaften 1966 die ärztliche Untersuchung noch ohne Probleme überstand, brachte 1968 übrigens einen Sohn zur Welt.

Endokrinologen und Genetiker kritisierten daraufhin die Fehlerhaftigkeit des Chromatin-Tests. Die Gegenwart eines zweiten X-Chromosoms sei nicht immer aussagekräftig, was die Bestimmung des biologischen Geschlechts angeht. Es gäbe einfach zu viele natürliche Anomalien, die in die Irre führen würden. So könnten Frauen Chromosome vorweisen, die sie als männlich identifizieren würden – wie im Fall Ewa Klobukowska. Außerdem spielten Faktoren wie Hormone, Genetik sowie Physiologie eine bedeutsame Rolle bei der Definition des Geschlechts. Deshalb sei der Geschlechts-Chromatin-Test ihrer Ansicht nach diskriminierend und traumatisierend, da Frauen, die von solchen Anomalien betroffen waren, meistens bis dahin gar nichts davon wussten und ihnen plötzlich deren weibliche Identität abgesprochen wurde. Doch trotz dieser heftigen Kritik setzten die IAAF sowie das IOC den Chromatin-Test bis in die 1980er Jahre ein. Bis Maria José Martínez Patiño den Kampf aufnahm.

Der Widerstand der Maria José Martínez Patiño

Bei Martínez Patiño, einer spanischen Hürdensprinterin, wurde im Rahmen der Universiade 1985 in Japan der Karyotyp 46,XY festgestellt – genetisch gesehen gilt sie somit als männlich, physiologisch betrachtet ist sie allerdings eine Frau mit Brüsten und einer Vagina. Sie wuchs als Frau auf, nicht einmal ihre Eltern wussten von dieser genetischen Anomalie. Doch sowohl die IAAF als auch das IOC sperrten Martínez Patiño und annullierten ihre Rekorde, sie verlor außerdem ihr Stipendium sowie ihren Verlobten, von der öffentlichen Demütigung mal ganz abgesehen. Ganze drei Jahre dauerte ihr Kampf um Rehabilitation an. Martínez Patiño wies dank wissenschaftlicher Unterstützung nach, dass sie unter einer kompletten Androgenresistenz leidet, d.h. ihr Körper kann das produzierte Testosteron gar nicht verwerten. Ihr angeblicher sportlicher Vorteil war somit sogar ein Nachteil, da ihr Testosterongehalt unter dem weiblichen Durchschnitt lag. 1989 durfte sie offiziell wieder an Wettkämpfen teilnehmen, verpasste die Qualifikation für die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona aber um eine Zehntelsekunde.

Der Fall Martínez Patiño löste nicht nur große Diskussionen aus, sondern führte 1988 letztendlich auch zur Abschaffung des Chromatin-Geschlechtstest durch die IAAF. Stattdessen mussten sich die Athletinnen nun wieder visuellen Untersuchungen unterziehen, bis 1992 schließlich flächendeckende  Geschlechtertests abgeschafft wurden. Als Hauptgrund gab die IAAF die immer strengeren Dopingkontrollen an, bei denen Athletinnen unter Aufsicht Urin abgeben müssen. Außerdem sei die Sportbekleidung mittlerweile so eng, dass sie keine Spekulationen mehr zuließe. Das IOC schlug dagegen einen anderen Weg ein. Vor der endgültigen Abschaffung jeglicher Geschlechtstests 1999 versuchte sich das IOC an einem neuen Verfahren, welches dem Chromatin-Test sehr ähnlich war, jedoch zu viele fehlerhafte Ergebnisse hervorbrachte. Nach mehr als dreißig Jahren, in denen nur höchstens zwei Fälle von echtem Geschlechtsbetrug bekannt wurden, waren die Olympischen Spiele 2000 in Sydney schließlich die Ersten ohne jegliche Geschlechtsüberprüfungen.

Doch wie ging es nach 2000 weiter? Im zweiten Teil dieser Mini-Serie beschäftigt sich Sport.Politik mit den neuesten Entwicklungen seit Semenyas Weltmeistertitel 2009 und dem Für und Wieder der Testosteron-Regel.

News, News, News!

Hier die aktuellen Nachrichten aus Sport und Politik. Mit dabei diesmal die Weltmeisterschaften im Gewichtheben und Schach, die Basketballerinnen der WNBA sowie Turnen und Doping.

Schach: Magnus Carlsen vs. Fabiano Caruana

Freitag begann die Schach-Weltmeisterschaft zwischen Titelverteidiger Magnus Carlsen und dem Herausforderer Fabiano Caruana in London. Seit 1990 ist es das erste Mal, dass die Nummer 1 und 2 der Weltrangliste aufeinander treffen. Caruana könnte Carlsen im Laufe der WM sogar einholen und erstmals die Nummer 1 der Welt werden. Beide trennen nur drei Punkte. Der SPIEGEL hat beide Kontrahenten ausführlich porträtiert. 

Basketball: WNBA-Spielerinnen wollen neu verhandeln

Die Spielerinnenvereinigung der US-amerikanischen Basketballliga WNBA hat bekannt gegeben, frühzeitig aus dem nach der Saison 2019 endenden CBA (Collective Bargaining Agreement) auszutreten. Dieser CBA bestimmt darüber, zu welchen Anteilen die Spielerinnen an den Erlösen der WNBA beteiligt werden. Denn während die WNBA als die beste Frauen-Basketballliga der Welt gilt, bekommen die Spielerinnen nur rund zwanzig Prozent der WNBA-Erlöse ausgezahlt. Zum Vergleich: in der NBA sind es rund fünfzig Prozent. Die Spielerinnen hoffen, so für höhere Gehälter sowie bessere Spiel- und Reisebedingungen kämpfen zu können.

Die WNBA ist noch eine relativ junge Liga, die erste Saison wurde 1997 ausgetragen. Wie in der NBA gibt es auch hier eine Gehaltsobergrenze, die aber nicht 110.000 US-Dollar überschreiten darf. Im Durchschnitt verdienen die Spielerinnen rund 71.000 US-Dollar. Dies ist auch der Grund, weshalb viele Spielerinnen in der Off-Season in den lukrativeren europäischen und asiatischen Ligen spielen. Auch hier im Vergleich zu der NBA: das Mindestgehalt eines NBA-Spielers beträgt circa 580.000 US-Dollar. Sogar die Schiedsrichter verdienen in der NBA mehr als die bestbezahlteste Spielerin der WNBA: 150.000 US-Dollar.

Gewichtheben: WM in Ashgabat in vollem Gange

Bis gestern maßen sich in Ashgabat / Turkmenistan die besten GewichtheberInnen der Welt. Nach neun Wettkampftagen führen die Chinesen wenig überraschend den Medaillenspiegel an. Zudem fielen bisher eine Reihe von Weltrekorden, was aber damit zu erklären ist, dass der IWF im Vorfeld die Gewichtsklassen neu einteilte und alle alten Weltrekorde annullieren ließ. Für Deutschland sind elf Athleten und Athletinnen am Start. Darunter auch der amtierende Europameister Nico Müller, der in neuen Gewichtsklasse bis 81 kg den siebten Platz belegte.

Mehr als 70 GewichtheberInnen wurden im Vorfeld jedoch von den Wettkämpfen ausgeschlossen, da sie ihre Aufenthaltsorte nicht korrekt in das ADAMS-System der WADA eintrugen. Einzige Ausnahme: vier Gewichtheber aus dem Gastland, die trotz ADAMS-Verfehlungen teilnehmen dürfen. Diese Entscheidung sorgte für Unruhe innerhalb des Weltverbandes IWF, da aufgrund der großen Dopingproblematik im Gewichtheben immer noch der Olympia-Ausschluss im Raum steht.

Apropos Doping, mit Saeid Mohammadpour (Iran), Siripuch Gulnoi (Thailand) und Denis Ulanov (Kasachstan) erhielten drei Athleten und Athletinnen nachträglich ihre Medaillen der Olympischen Spiele 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro. Überreicht wurden diese in gesonderten Medaillenzeremonien. Besonders der Fall Mohammadpour macht deutlich, wie groß das Thema Doping im Gewichtheben ist. Der Iraner belegte 2012 ursprünglich den fünften Platz in der 94kg-Gewichtsklasse und rückte auf den ersten Rang vor, nachdem sechs der ersten sieben Finalisten bei Nachtests des Dopings überführt wurden. Südkoreas Kim Min-jae, eigentlich damals Achter, bekam die Silbermedaille zugesprochen, während Tomasz Zieliński, momentan ebenfalls wegen Dopings gesperrt, die Bronzemedaille erhält.

Schwimmen: Dopingsperre für Filippo Magnini

Der vierfache Weltmeister Filippo Magnini wurde wegen versuchten Dopings für vier Jahre gesperrt. Er soll versucht haben, Dopingmittel beim Sportarzt Guido Porcellini zu erwerben. Magnini streitet dies allerdings ab und wird das Urteil anfechten. Die 1.200 Euro, die er ihm nachweislich überwiesen hatte, sollen nur für Trockenpilze bestimmt gewesen sein. Bei diesem Rechtstreit geht es jedoch vor allem um Magninis guten Ruf, denn er trat bereits Ende letzten Jahres vom Leistungssport zurück. Sein Staffelkollege Michele Santucci wurde für das gleiche Vergehen ebenfalls für vier Jahre aus dem Verkehr gezogen.

Turnen: Schwerwiegende Konsequenzen für US-Turnverband

Nach einer sehr erfolgreichen WM für die US-TurnerInnen nun der Paukenschlag am Montagabend. Dem US-Turnverband droht, den Status als Dachverband zu verlieren. Das veröffentlichte das Nationale Olympische Komitee der USA (kurz: USOC) in einem öffentlichen Brief. Dieser Schritt ist quasi gleichbedeutend mit der Auflösung des Verbandes, dessen Aufgaben dann in die Verantwortung des USOC fallen würden. Das USOC zieht damit die Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal um Larry Nassar und dessen schlechte Aufarbeitung durch USA Gymnastics. Es sollte jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass auch das USOC aufgrund seiner Rolle im Nassar-Fall in scharfe Kritik geriet. Mehrere Turnerinnen geben nämlich an, die USOC-Führung schon vor Jahren vom Missbrauch durch den ehemaligen Mannschaftsarzt in Kenntnis gesetzt zu haben – ohne Erfolg.

Boxen: Bleibt Manuel Charr Weltmeister?

Eigentlich schien alles klar: Manuel Charr sollte wegen eines positiven Dopingtests der Weltmeistertitel im Schwergewicht aberkannt werden. Doch aufgrund von Verfahrensfehlern auf Seiten der VADA (Voluntary Anti-Doping Association) folgt nun wohl der Freispruch für Charr. Zwar fand man in dessen Dopingprobe vom August die Steroide Drostanolon und Epitrenbolon, Charr und seine Begleiter waren jedoch entgegen der Regularien nicht bei der Öffnung der B-Probe anwesend. Außerdem, so heißt es, war das Labor, das seine Probe kontrollierte, nicht offiziell akkreditiert.

Skispringen: Girls Can Jump

Die Olympischen Winterspiele von Pyeongchang sind nun seit mehr als einer Woche vorbei und die deutschen Skispringer und Skispringerinnen dürften mit großem Wohlwollen auf die zwei Wochen in Südkorea zurückblicken. Neben Andreas Wellinger mit einmal Gold und zweimal Silber glänzte auch Katharina Althaus mit ihrer Leistung von der Normalschanze, für die sie die Silbermedaille errang. Doch während sich die Herren in drei Wettbewerben beweisen konnten, blieb für die Damen nur der Wettbewerb auf der Normalschanze. Deswegen ist es nicht überraschend, dass die Forderungen nach mehr Wettbewerben auf Seiten der Frauen immer lauter werden.

Im Gegensatz zum Damen-Skispringen kann das Herren-Skispringen auf eine lange Tradition bei Olympischen Spielen zurückblicken. Bis 2014 war es neben der Nordischen Kombination sogar der einzig verbleibende reine Männer-Wettbewerb bei den Winter-spielen. Wie kam es also, dass die Skispringerinnen so lange auf ihre erste Olympia-Teilnahme (Sotschi 2014) warten mussten? Um diese Entwicklung zu verstehen, muss die Geschichte des (Damen-)Skispringens sowie die Rolle der Frau im Sport genauer betrachtet werden.

Deshalb zuerst ein paar allgemeine Fakten: Seinen Ursprung hat Ski-springen in Norwegen. Dort fand 1808 der erste aufgezeichnete Skisprung statt, als der Soldat Olaf Rye knapp 9,50 Meter weit von einem aufge-schütteten Schneehügel sprang. Skispringen war damals noch Teil eines Hindernislaufs – also Skilanglauf mit Sprunghindernissen – ab den 1860er Jahren wurden jedoch die ersten eigen-ständigen Wettbewerbe von den Schanzen ausgetragen. 1862 wagte schließlich zum ersten Mal mit der Norwegerin Ingrid Olsdatter Vestby auch eine Frau den Sprung von einer Skischanze. Bis Ende des 19. Jahrhunderts zogen diese ersten Wettkämpfe, an denen sogar regelmäßig Frauen teilnahmen, tausende Zuschauer in Norwegen, aber ebenso in anderen Teilen Europas, an. Europäische Einwanderer sorgten zudem dafür, dass sich der Skisport auch in den USA und Kanada etablieren konnte und dort eine gewisse Beliebtheit erlangte.

Männersache Skispringen

Speziell in Norwegen entwickelte sich der Skisport im Allgemeinen und Skispringen im Besonderen zur Männersache. Skispringen mache Jungs zu Männern, zeuge von Stärke, Männlichkeit sowie Härte und diene nicht nur der Perfektion des Körpers, sondern auch der Seele. Diese weit verbreitete Denkweise plus die zunehmende Professionalisierung des Wettkampfs durch Regularien und Schiedsrichter führte Anfang des 20. Jahrhunderts schrittweise zum Ausschluss der Springerinnen vom Wettkampfgeschehen. Es war aber auch nicht so, als ob Damen-Skispringen bis dahin im Mittelpunkt der männlich-dominierten Sportberichterstattung stand: die Sportlerinnen hatten mit einem Image zu kämpfen, das sie als unästhetisch, nicht ladylike und unmoralisch portraitierte. Allerdings hatten Frauen zu dieser Zeit sowieso einen schweren Stand im Sport.

Ein wesentlicher Grund war die damals weitverbreitete Weltanschauung des Vitalismus, auch bekannt als „Vital Energy Theory“. Diese Theorie besagte, dass Frauen mit weniger Lebensenergie als Männer geboren werden und sie diese knappen Energie-vorräte für die Pubertät, Menstruation sowie Fortpflanzung benötigen. Daher seien Bildung und Sport laut diesem patriarchalischen Rollenbild nicht erstrebenswert, da die Bestimmung einer Frau in Mutterschaft und Ehe liege. Außerdem wäre Sport körperlich und mental zu anstrengend, Frauen müssten unbedingt vor Verletzungen bewahrt werden. Besonders im Skispringen wurde die „Vital Energy Theory“ immer wieder von Medizinern herangezogen, um Frauen von der professionellen Ausübung dieser Sportart abzuhalten. Traf auch noch der Fall zu, dass Frauen vorher Kinder zur Welt gebracht hatten, war erstrecht vom Springen abzuraten. Der abstruse Grund: Durch die verringerten Energievorräte aufgrund der Anstrengung der Geburt würden die Muskeln geschwächt, die die Gebärmutter stützen. Die Sorge der männlichen Verantwortlichen über eine herausfallende Gebärmutter bei der Landung war einfach zu groß.

Alles außer Skispringen, bitte!

Das heißt aber nicht, dass es Anfang des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus keine ambitionierten Skispringerinnen gab. Obwohl die „fliegende Gräfin“ Paula von Lamberg in den 1910er Jahren oder die Norwegerinnen Johanne Kolstad und Hilda Braskerud in den Dreißigerjahren mindestens so weit sprangen wie ihre männlichen Kollegen, durften sie nur als Vorspringerinnen oder Pausen-unterhaltung im Begleitprogramm an deren Wettkämpfen teilnehmen. Als Zuschauerinnen oder Verantwortliche für die Pausenverpflegung waren sie jedoch gerne gesehen. Selbst in den 1920er und 1930er Jahren, als Frauen mehr und mehr Fuß in der Sportwelt fassten, konnte das Damen-Skispringen nicht davon profitieren. Zwar wurde jeder Frau das Sporttreiben zum Zweck der Gesundheitsförderung empfohlen, gemeint waren aber eher sogenannte Country Club-Sportarten wie Tennis, Gymnastik, Schwimmen, Golf oder Skilanglauf, die eher ruhig und „hübsch anzuschauen“ waren. Noch bis in die 1960er Jahre hinein wurde ernsthaft darüber debattiert, ob die Landung beim Skispringen eine Gefahr für die Fortpflanzungsorgane der Frau sei und zu Unfruchtbarkeit führen könne.

 „Eine Übersicht der Verletzungsdaten hat keine Beweise eines gesteigerten Risikos für akute oder chronische Schäden an den weiblichen Fortpflanzungsorganen ergeben […].“

Dies stellte die Medizinische Kommission des Internationalen Olympischen Komitees schließlich und schlussendlich im Jahr 2011 fest. Im selben Jahr wurde auch erstmals von der FIS ein Skisprung-Weltcup für die Damen veranstaltet, nachdem es bis in die späten 1990er Jahre hinein keine organisierten Damen-Wettkämpfe gab. Nur zwei engagierten Vätern ist es zu verdanken, dass von 1999 bis 2011 der Ladies Grand Prix auf der unteren Stufe eines Continental Cups stattfand. 2009 war es dann endlich so weit, die Springer-innen feierten ihre Premiere bei der 47. Nordischen Skiweltmeisterschaft im tschechischen Liberec.

Absage des IOC

Doch trotz eigenen Weltcups und WM-Teilnahme lehnte das IOC 2006 die Aufnahme des Damen-Skispringens ins Programm der Olympischen Spiele 2010 in Vancouver ab. Daran änderte auch 2009 die Klage vorm British Columbia Supreme Court von aktiven und ehemaligen Springerinnen aus fünf Nationen nichts. Die Begründung des IOC war nieder-schmetternd. Die Absage an die Springerinnen hätte nichts mit sexueller Diskriminierung zu tun, es würde einfach die sportliche Breite fehlen – zu wenige Teilnehmerinnen aus zu wenigen Nationen. Dabei traten 2006 83 Frauen aus 14 Nationen im Continental Cup an. Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, dass zur gleichen Zeit Skicross in das Programm der Spiele in Vancouver aufgenommen wurde, deren Damen-Weltcup damals aus 30 Frauen aus 10 Nationen bestand. Grund hierfür war eine Regelung, die das IOC 1996 verabschiedete, und welche besagte, dass jede neue Sportart ab 1991 Frauen- und Männerwettbewerbe enthalten muss. Damen-Skispringen galt nur leider nicht mehr als neue Sportart, da Herren-Skispringen bereits seit 1924 olympisch war. Zwar sind zwei bereits ausgetragene Weltmeisterschaften und der Weltcup-Status ebenfalls Bedingungen für die Aufnahme ins olympische Programm. Dabei ist das IOC allerdings sehr wohl in der Lage, Ausnahmen gelten zu lassen: So wurden diese Kriterien für die Aufnahme des Marathon der Frauen 1984 oder den Skilanglauf der Frauen 1952 nicht berücksichtigt.

Eine Frage stellt sich jedoch: Wieso gestand man den Skispringerinnen erst so spät eine WM (2009) und einen Weltcup (2011-12) zu, wenn sie bereits 1998 offiziell an Junioren-Weltmeisterschaften teilnehmen durften? Die männlich-dominierte Fédération Internationale de Ski (FIS) erweckte den Eindruck, als ob sie die Entscheidungen über weitere Wettbewerbe über Jahre hinweg hinausgezögert hätten. Dies könnte unter anderem an altbekannten medizinischen Vorurteilen liegen, wie einige Aussagen von ranghohen Offiziellen nahe legen. So sagte Gian Franco Kasper, seinerseits seit 1998 FIS-Präsident, im Jahr 1997, dass „der Uterus der Springerinnen bei der Landung platzen“ könne. 2005 sorgte er sich öffentlich um die Gesundheit der Springerinnen, als er bezweifelte, ob rund eintausend Landungen im Jahr aus einer Höhe von ca. zwei Metern medizinisch angebracht wären für den weiblichen Körper. Andere Offizielle machten sich Gedanken über die Knochen- sowie Kniestruktur der Frauen, die angeblich fragiler wäre und deshalb leichter bei der Landung brechen könne. Auch die mentale Beschaffenheit der Springerinnen war ein Thema. Zu nervenschwach wären die Sportlerinnen, um von einer größeren Schanze als der Normalschanze zu springen. Zweifel am Leistungsvermögen waren ebenfalls weit verbreitet. Torbjorn Yggeseth, bis 2004 Vorsitzender Skispringen bei der FIS, äußerte die Meinung, dass ein Großteil der „little girls“ eher den Hang herunter schlittern würden als wirklich zu springen. Und auch Gian-Franco Kasper war skeptisch ob der Sprungkraft der Frauen. Apropos Kasper, er war 2006 übrigens der Einzige, der in einem FIS-Vorentscheid gegen die Aufnahme des Damen-Skispringens in das olympische Programm stimmte – bei 114 Stimmen dafür.

Drohender Imageverlust?

Böse Zungen behaupten, dass die FIS die guten Leistungen der Frauen in Wirklichkeit als Bedrohung für die Männerdomäne Skispringen wahrnahm. Vor allem deren leichter Körperbau galt aus sportmedizinischer Sicht als Vorteil, da er unter anderem einen besseren Schwerpunkt und ein niedrigeres Gewicht vorweisen konnte. Dieser Gewichts-vorteil war jedoch nicht lange von Dauer. Denn Anfang des Jahrtausends wurde aufgrund der besorgniserregenden Gewichtsentwicklung der Herren ein Mindest-BMI (2011: 21) eingeführt, von dem die Länge der Ski abhängt. Geringes Körpergewicht war demnach nicht mehr das Zünglein an der Waage. Doch springen die Herren im Vergleich zu den Damen wirklich so viel weiter? Die Antwort lautet nein. Es stimmt zwar, dass die Anläufe der Springerinnen gewichtsbedingt länger sind, die Weiten ähneln sich jedoch sehr. Erstes Beispiel: Stefan Kraft entschied im März 2017 in Oslo den Weltcup am Holmenkollen mit zwei Sprüngen auf 130m und 132m für sich, Yuki Ito dagegen sprang auf derselben Schanze mit Sprüngen auf 130m und 124m zum Sieg. Zweites Beispiel: Die Österreicherin Daniela Iraschko-Stolz stellte bereits 2003 einen Weltrekord von 200m auf der Skiflugschanze von Bad Mitterndorf auf und überwand somit die magische Grenze von 200m beim Skifliegen. Wenn also Frauen beim Skispringen die gleichen Leistungen wie Männer erbringen können, was würde dann noch vom männlichen Image des Skispringens als riskante und extreme Sportart übrig bleiben? Genau vor diesem Imageverlust soll sich die FIS gefürchtet haben.

Forderung nach mehr Wettkämpfen

Nichtsdestotrotz wurde das Damen-Skispringen 2011 dann schließlich doch vom IOC in das Programm für die Olympischen Winterspiele 2014 aufgenommen – jedoch nur mit einem Wettbewerb von der Normalschanze, den die Deutsche Carina Vogt für sich entscheiden konnte. Dies ist den Springerinnen bekanntlich zu wenig. Bereits letztes Jahr forderte Sarah Hendrickson, Weltmeisterin 2013 und Repräsentantin der FIS für Frauenskispringen, mehr Springen von der Großschanze, als sie im Deutschlandfunk sagte:

„Großschanze ist einfach für Zuschauer aufregender. Alle Frauen im Weltcup trainieren auf der Großschanze, es geht also nicht darum, dass wir das nicht können. Es geht einfach nur darum, dass sie es uns nicht erlauben. Ich glaube aber, wenn wir langsam mehr Großschanzen-Wettbewerbe bekommen, dann wird es auch mehr Zuschauer an den Fernsehbildschirmen geben und es wird mehr Begeisterung geben.“

Und auch der Bundestrainer der Frauen, Andreas Bauer, äußerte während der Olympischen Spiele 2018 in der Sportschau:

„Wir müssen uns für die nationalen Skiverbände interessant machen, um Gelder zu akquirieren. Das geht aber nur, wenn wir mehr Medaillen bei Großereignissen gewinnen können. Deshalb plädieren wir für einen zusätzlichen Großschanzenwettbewerb sowie für ein Teamspringen. Es gibt mittlerweile über zehn Nationen, die vier Springerinnen in den Wettkampf schicken, da soll es den Team-Wettbewerb auch geben.“

Der erste Teamwettbewerb fand in der Tat im Dezember 2017 in Hinterzarten (Deutschland) statt, zumindest auch der Mixed-Wettbewerb soll, wenn es nach der FIS geht, ab 2022 olympisch sein. Ferner gab Sarah Hendrickson im Deutschlandfunk zu bedenken, dass die Frauen nur ein Drittel von dem Preisgeld ausgezahlt bekommen, was die Männer verdienen, und im Vergleich außerdem weniger Wettkämpfe bestreiten dürfen. Tatsächlich liegt das Preisgeld für einen Sieg im Herren-Weltcup in der Saison 2017-18 bei 10.000 CHF, während die Frauen mit 3.000 CHF entlohnt werden. Und das bei zwölf Wettbewerben weniger.

Katharina Althaus | Quelle: Ailura; Lizenz: CC BY-SA 3.0 AT

„Vom Alter her wird’s noch gehen, dass ich das eventuell noch bei Olympia miterlebe. Wir werden dafür kämpfen und ich hoffe, das wird bald mal so weit sein“, antwortete Katharina Althaus während der Olympischen Spiele in Pyeongchang im Eurosport-Interview auf die Frage, ob sie noch einen Wettbewerb von der Großschanze bei Olympischen Spielen aktiv miterleben könnte. Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, ist äußerst fraglich. Denn auch in der nächsten Weltcup-Saison stehen voraussichtlich nur jeweils ein Springen von der Großschanze sowie ein Team-wettbewerb auf dem Programm, bei der Weltmeisterschaft 2019 in Seefeld finden dementsprechend nur der Wettbewerb von der Normalschanze und das Mixed statt. Und zumindest für die nächsten Winterspiele sind auf Seiten der FIS und des IOC weder Wettbewerbe von der Großschanze noch im Team geplant. Wann Frauen und Männer also letztendlich bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften die gleiche Anzahl an Skisprung-Wettbewerben bestreiten werden und somit gleichberechtigt sind, ist mehr als offen.

Doch scheint zumindest auch bald die letzte Bastion des Herren-Wintersports zu fallen: die Nordische Kombination. Bereits für die nächsten Olympischen Winterspiele 2022 in Peking beantragt die FIS die Aufnahme der Nordischen Kombination für Frauen ins Wettkampfprogramm, nachdem Ende Januar 2018 erstmals ein Damen-Continental Cup im norwegischen Rena stattfand.