Die republikanische US-Senatorin Kelly Loeffler preist sich selbst als eine der treuesten Unterstützerinnen Donald Trumps, ist aber gleichzeitig auch die Mitinhaberin des WNBA-Teams Atlanta Dream. Über eine gescheiterte Beziehung.
Der 5. Januar 2021 gilt als Schicksalstag für die US-amerikanische Politik der nächsten Jahre. Bei den Senats-Stichwahlen in Georgia entscheidet sich, wer künftig die Mehrheit im US-Senat für sich beanspruchen wird. Sollten beide Stichwahlen an die Demokraten gehen, hätten diese dort das letzte Wort. Die derzeitige Amtsinhaberin Kelly Loeffler dürfte allerdings etwas dagegen haben. Doch wer ist sie und was hat sie mit Sport zu tun?
Loeffler wurde 1970 in eine wohlhabende Farmer-Familie hineingeboren und ist seit 2004 mit dem Vorsitzenden der New Yorker Börse verheiratet. Vor knapp einem Jahr ernannte der Gouverneur Brian Kemp Loeffler zur US-Senatorin für den Bundesstaat Georgia, da ihr Vorgänger sein Amt aufgrund von gesundheitlichen Problemen aufgeben musste. US-Präsident Donald Trump hätte zwar einen anderen Kandidaten bevorzugt, hat aber seit diesem Zeitpunkt in Kelly Loeffler seinen größten Fan.
So hält sie eisern an den Wahlbetrugsvorwürfen Trumps fest und spielt öffentlich immer wieder die Gefahren durch die Corona-Pandemie herunter. Privat scheint sie den Corona-Virus jedoch ernster zu nehmen – zumindest wenn es ihre finanziellen Angelegenheiten betrifft. Gegen Loeffler und weitere Senatoren wurde ermittelt, da diese direkt nach einer US-Senatssitzung im Januar 2020, in der über das weitere Vorgehen aufgrund des Coronavirus beraten wurde, pandemieanfällige Aktien abstoßten und profitversprechende Aktien kauften. Bei der US-Wahl im November 2020 belegte Loeffler anschließend nur den zweiten Platz hinter ihrem demokratischen Herausforderer Raphael Warnock, einem Baptistenpastor, und muss nun in die Stichwahl.
Kelly Loeffler ist Mitinhaberin eines WNBA-Teams
Einen großen Anteil an dieser Niederlage dürften auch die Spielerinnen der WNBA, insbesondere des Teams Atlanta Dream, haben. Die Atlanta Dream wurden 2008 gegründet, seit 2011 fungieren Kelly Loeffler und die Philanthropin Mary Brock als Besitzerinnen des Teams. Die letzte Saison war wohl für alle Beteiligten zum Vergessen, sowohl sportlich – die Atlanta Dream verpassten die Playoffs – als auch atmosphärisch. Das lag vor allem an Äußerungen, die Loeffler im Sommer 2020 tätigte.
Auf dem Höhepunkt der Black Lives Matter-Proteste in Folge des Mordes an dem Afroamerikaner George Floyd durch vier Polizisten richtete sich Loeffler in einem Brief an die Liga-Chefin Cathy Engelbert. Ihr Anliegen: Die WNBA solle den Spielerinnen und Teams den Protest untersagen. Außerdem würde die Black Lives Matter-Bewegung Gewalt und Zerstörung im Land verursachen. Sowieso hätte Politik nichts im Sport verloren, Sport solle das Land einen und nicht spalten. Diese Aussagen gingen wie eine Schockwelle durch die WNBA – einer Liga, die sich mit ihrem sozialen und politischen Engagement rühmt.
Noch vor dem Kniefall von US-Footballspieler Colin Kaepernick protestierten die Spielerinnen der Minnesota Lynx im Juni 2016 gegen Polizeigewalt und agierten im Anschluss in Solidarität mit Kaepernick. Auch im Kampf um die LGBTQ-Rechte ist die WNBA den anderen großen Profiligen in den USA weit voraus. Bereits seit 2001 feiert die Liga, in der viele Spielerinnen offen homosexuell leben, den Pride Month – und das in einer Zeit, als homosexuelle Sportler*innen in den USA noch ein Tabu waren. 2018 ging die WNBA eine Kooperation mit Planned Parenthood, einer Non-Profit-Organisation, die vielen Abtreibungsgegner ein Dorn im Auge ist, ein. Die Mutterschutz-Regelungen der WNBA suchen in der Sportwelt ihresgleichen.
Das eigene Team stellt sich gegen Loeffler
Deshalb ließen die Reaktionen auch nicht lange auf sich warten. Die Spielerinnen der Atlanta Dream veröffentlichten ein Statement, in dem es hieß: „Es ist nicht übertrieben, nach Jahrhunderten der Ungleichheit Veränderungen zu fordern. Dies ist kein politisches Statement. Dies ist ein Statement der Menschlichkeit.“
— Atlanta Dream (@AtlantaDream) July 10, 2020
Und auch Liga-Chefin Engelbert distanzierte sich von Loeffler. Die Liga werde sich auch in Zukunft zu politischen Themen äußern und sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Die Spielerinnen gingen sogar noch einen Schritt weiter. Im Vorfeld einer Reihe von Spielen riefen Spielerinnen aller Mannschaften, inklusive der Atlanta Dream, dazu auf, Loefflers Herausforderer Raphael Warnock zu wählen. Innerhalb von zwei Tagen nach dieser Protestaktion konnte Warnock fast 200.000 US-Dollar Spenden sammeln, welche er unter anderem für TV-Werbung einsetzte. Daraufhin stiegen seine Umfragewerte. Loeffler posierte seitdem – ihrer Aussage nach unwissentlich – mit dem ehemaligen Ku Klux Klan-Anführer Chester Doles für ein Foto und schloss sich der Bewegung einiger Senatoren an, die am 6. Januar gegen die Wahlergebnisse Einspruch erheben wollen.
Es bleibt abzusehen, wie lange die WNBA Kelly Loeffler noch in ihren Reihen dulden wird. Beim Kauf der Atlanta Dream hätte Loeffler jedoch ahnen können, worauf sie sich in der WNBA einlässt: Der Teamname ist nämlich eine Anlehnung an Martin Luther King Jr.‘s berühmte „I have a dream“-Rede von 1963.